Leitsatz (amtlich)

Zur Berücksichtigung einer durch Anrechnung einer vorprozessualen Geschäftsgebühr gekürzten Verfahrensgebühr im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG.

 

Verfahrensgang

AG Leer (Beschluss vom 09.04.2008; Aktenzeichen 5a F 208/07 UEUK)

 

Tenor

Die Beschwerde des den Klägern beigeordneten Prozessbevollmächtigten gegen den Beschluss des AG - FamG - Leer vom 9.4.2008 wird zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei.

Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Der Beschwerdeführer, der bereits vorgerichtlich für die Kläger tätig gewesen ist, ist diesen im Zuge der Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Rahmen des vorliegenden Klagverfahrens beigeordnet worden. Bei der Festsetzung seiner Prozesskostenhilfevergütung hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des AG die im gerichtlichen Verfahren angefallene Verfahrensgebühr mit Rücksicht auf die Anrechnung einer vorprozessualen Geschäftsgebühr nur in hälftiger Höhe als erstattungsfähig angesehen und den weitergehenden Erstattungsantrag zurückgewiesen.

Hiergegen hat der Beschwerdeführer zunächst Erinnerung eingelegt, welche mit Beschluss des AG - FamG - Leer vom 9.4.2008 zurückgewiesen worden ist.

Gegen diese Entscheidung wendet er sich nunmehr mit seiner sofortigen Beschwerde. Er ist der Auffassung, eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr komme nur in Betracht, wenn die Geschäftsgebühr tatsächlich gezahlt oder tituliert sei und darüber hinaus eine Verrechnung mit der Differenzgebühr zwischen Prozesskostenhilfe und Wahlanwaltsgebühr nicht vorzunehmen sei.

Die durch das AG zugelassene Beschwerde ist zulässig, in der Sache selbst jedoch ohne Erfolg.

Entsprechend der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 des Vergütungs-verzeichnisses zum RVG wird eine wegen des selben Gegenstandes nach den Nrn. 2300 bis 2303 entstandene Geschäftsgebühr zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75 auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Als Folge dieser Anrechnungsvorschrift vermindert sich nicht die bereits entstandene Geschäftsgebühr, sondern vielmehr die im anschließenden gerichtlichen Verfahren anfallende Verfahrensgebühr (BGH NJW 2007, 2049). Alleine die Entstehung der Geschäftsgebühr führt zu einer automatischen Kürzung der Verfahrensgebühr. Ob die Geschäftsgebühr dem Mandanten gegenüber überhaupt geltend gemacht wird, ob sie tituliert oder sogar bereits beglichen ist, ist auf den Anrechnungstatbestand insoweit ohne Auswirkung (vgl. BGH-Beschluss vom 22.1.2008 VIII ZB 57/07). Der durch die Kürzung entfallene Teil der Verfahrensgebühr lebt auch nicht nachträglich wieder auf, sofern es dem im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordneten Anwalt nicht gelingt, seinen Vergütungsanspruch hinsichtlich der Geschäftsgebühr ggü. dem Mandanten zu realisieren. Eine dahingehende Ausnahme lässt sich der Anrechnungsbestimmung nicht entnehmen. Ebenso wenig ergibt sie sich aus anderen Vorschriften. Soweit sich der Beschwerdeführer auf die Norm des § 59 RVG beruft, bestimmt diese lediglich, dass der Staatskasse die Geltendmachung eines übergegangenen Vergütungsanspruches zum Nachteil des Rechtsanwaltes ggü. dem Mandanten verwehrt ist. Dass dem Rechtsanwalt ein Vergütungsanspruch ggü. der Staatskasse anwachsen müsse, wenn es ihm nicht gelingt, gegenüber seinem Mandanten zur Entstehung gelangte Gebührenforderungen durchzusetzen, regelt die Vorschrift demgegenüber nicht.

§ 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO steht ebenfalls nicht entgegen. Die Geltendmachung von Vergütungsansprüchen ggü. der Partei ist hierdurch nur insoweit ausgeschlossen, als es sich um nach der Beiordnung ausgelöste Gebührentatbestände handelt.

Eine Festsetzung der ungekürzten Verfahrensgebühr ist mithin ausgeschlossen (vgl. auch OLG Oldenburg OLGReport Oldenburg 2008, 271; AG Bad Iburg, RVG Professionell 2008, 64). ...

 

Fundstellen

Haufe-Index 2003841

MDR 2008, 1185

AGS 2008, 352

RVGreport 2008, 260

OLGR-Nord 2008, 629

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