Leitsatz (amtlich)

Aus § 5 Abs. 1 TSG ergibt sich kein Anspruch auf die Ausstellung einer Eheurkunde ohne den bei Eheschließung geführten Vornamen. § 57 Abs. 1 Nr. 1 PStG hat Vorrang (Anschluss OLG Rostock, FamRZ 2017, 1340).

 

Normenkette

PStG § 55 Abs. 1 Nr. 2, § 57 Abs. 1 Nr. 1; TSG § 5

 

Verfahrensgang

AG Nürnberg (Aktenzeichen UR III 6/18)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 22.05.2019; Aktenzeichen XII ZA 41/18)

 

Tenor

I. Die Beschwerden der Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 21. Februar 2018 werden zurückgewiesen.

II. Die Betroffenen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

IV. Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt

 

Gründe

Die Betroffene zu 1) wurde am 5. November 1989 in D... geboren und zunächst mit dem Vornamen S... und dem Geburtsnamen H... in das Geburtenbuch des dortigen Standesamts eingetragen. Am 14. Dezember 2013 fand in Nürnberg die Heirat mit Frau ... von E... (Betroffene zu 2) statt. Als Familienname wurde H... bestimmt.

Mit Beschluss vom 13. September 2016 stellte das Amtsgericht Nürnberg fest, dass die Betroffene dem weiblichen Geschlecht zugehört und den Vornamen N... führt. Am 22. September stellte das Standesamt D... darauf eine neue Geburtsurkunde aus, die nur den neuen Vornamen N... auswies. Mit Schreiben vom 28. Dezember 2017 beantragten die Eheleute, die Eheurkunde 2245/2013 so auszustellen, das der frühere männliche Vorname nicht ersichtlich ist. Das Standesamt Nürnberg wies diesen Antrag mit Bescheid vom 9. Januar 2018 unter Verweis auf § 55 Abs. 1 Nr. 2 und § 57 Satz 1 Nr. 1 PStG zurück.

Darauf haben die Betroffenen beim Amtsgericht Nürnberg beantragt, im Hinblick auf das in § 5 Abs. 1 TSG normierte Offenbarungsverbot das Standesamt zur Ausstellung einer Heiratsurkunde mit dem gewünschten Inhalt anzuweisen. Das Standesamt Nürnberg ist dem Antrag entgegengetreten und hat geltend gemacht, die Vorschriften ließen die Ausstellung in der gewünschten Form nicht zu. Das Offenbarungsverbot sei ohnehin nicht durchzuhalten, da auch eine Eheurkunde für zwei Frauen Rückschlüsse nahelege, wenn sie aus dem Jahr 2013 stammt.

Mit Beschluss vom 21. Februar 2018, auf den Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht Nürnberg den Antrag zurückgewiesen, weil die Vorschriften des Personenstandsrechts zu beachten seien. Sie würden nicht von § 5 TSG verdrängt, der nicht ausnahmslos gelte. Gegen diesen ihnen am 27. Februar 2018 zugestellten Beschluss haben die Betroffenen mit Schreiben vom 15. März, beim Amtsgericht Nürnberg eingegangen am 17. März 2018 Beschwerde eingelegt. Das Amtsgericht Nürnberg hat mit Beschluss vom 19. März 2018 der Beschwerde der Beschwerde nicht abgeholfen und das Rechtsmittel dem Senat vorgelegt.

Zur Begründung ihres Rechtsmittels wiederholen und vertiefen sie ihre Ausführungen zur Bedeutung des Offenbarungsverbots. Niemand habe ein Interesse, aus einer Eheurkunde Informationen über frühere, jetzt nicht mehr gültige Vornamen zu erhalten. Ehen unter gleichgeschlechtlichen Partnern habe es bei Transsexuellen aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts schon vor 2017 gegeben. Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf die Beschwerdeschrift Bezug genommen.

Standesamt und Standesamtsaufsicht N... haben sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

II. Die Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Die Richtigkeit der Entscheidung des Amtsgerichts ergibt sich zunächst zwanglos aus dem Wortlaut des Personenstandsgesetzes (PStG) und der dazu erlassenen Verordnung (PStV).

Nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 PStG stellt das Standesamt aus dem Eheregister Eheurkunden aus. Gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 1 PStG werden in die Eheurkunde sowohl die Vornamen und Familiennamen der Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung wie auch die sich aus dem Registereintrag zum Zeitpunkt der Ausstellung der Eheurkunde ergebenden Vornamen und Familiennamen aufgenommen. Das korrespondiert mit § 15 Abs. 1 Nrn. 2, 3 PStG, der u. a. die Eintragung der vor und nach der Eheschließung geführten Vornamen im Eheregister vorschreibt. Dieser Vorgabe, ggf. zwei verschiedene Vor- und Familiennamen in die Eheurkunde aufzunehmen, entspricht das als Anlage 6 zur PStV für die Ausstellung der Eheurkunde vorgesehene Formular, das nach § 48 Abs. 1 PStV verbindlich zu verwenden ist (Gaaz/Bornhofen, Personenstandsgesetz, 4. Aufl. § 55 Rn. 10). Dieses Formular sieht wie das PStG selbst die Eintragung eines Vornamens und eines Vornamens nach der Eheschließung vor. Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum PStG erläutert in Nr. 57.2, dass in die Eheurkunde in das Feld "Vorname" der vor der Eheschließung geführte und in das Feld "Vorname nach der Eheschließung" der sich zum Zeitpunkt der Urkundenausstellung ergebende Name einzutragen sind.

Die Beschwerdeführer machen allerdings zu Recht geltend, § 5 Abs. 1 des Gesetzes über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen (TSG) sc...

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