Leitsatz (amtlich)

Aus dem Offenbarungsverbot gemäß § 5 Abs. 1 TSG folgt kein Anspruch auf Ausstellung einer Eheurkunde, welche entgegen §§ 55 Abs. 1 Nr. 2, 57 Satz 1 Nr. 2 PStG, 48 Abs. 1 Satz 1 PStV i. V. m. der dortigen Anlage 6 nur noch den nach einer Entscheidung nach § 1 TSG geführten Vornamen bzw. diesen auch bereits für den Zeitpunkt der Eheschließung ausweist.

 

Normenkette

TSG §§ 1, 5 Abs. 1; PStG § 55 Abs. 1 Nr. 2, § 575 S. 1 Nr. 2; PStV § 48 Abs. 1 S. 1

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Standesamtes wird der Beschluss des Amtsgerichtes Neubrandenburg vom 03.02.2017 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Gegenstand des Verfahrens ist die Ausstellung einer Eheurkunde nach einer Änderung des Vornamens aufgrund von § 1 TSG.

Die als Mann geborene Antragstellerin hatte am 21.06.2010 geheiratet. Mit Beschluss vom 14.09.2016 zu dem dortigen Aktenzeichen 1 UR III 13/16 änderte das Amtsgericht Celle nach § 1 TSG den zuvor männlichen Vornamen der Antragstellerin in ihren jetzigen ab und stellte gemäß § 8 TSG ihre Zugehörigkeit zu dem weiblichen Geschlecht fest; der Beschluss ist seit dem 19.09.2016 rechtskräftig. Am 07.10.2016 stellte das Standesamt der Antragstellerin auf deren Antrag eine Eheurkunde aus, welche ihren jetzigen Vornamen als solchen "nach Eheschließung" angibt, während für letztere weiterhin ihr früherer männlicher Vorname eingetragen ist. Den Antrag der Antragstellerin, ihren aktuellen Vornamen in der Eheurkunde auch für die Eheschließung auszuweisen, lehnte das Standesamt ab, weil die Wirkungen des Beschlusses vom 14.09.2016 erst mit dessen Rechtskraft hätten eintreten können und am 21.06.2010 eine Eheschließung zweier Frauen nicht möglich gewesen sei.

Die Antragstellerin hat daraufhin eine Anweisung des Standesamtes zu der Ausstellung einer abgeänderten Eheurkunde mit durchgehender Verwendung ihres jetzigen weiblichen Vornamens gerichtlich geltend gemacht; sie war der Auffassung, dass die Eheurkunde vom 07.10.2016 gegen das Offenbarungsverbot aus § 5 Abs. 1 TSG verstoße, und wies auf einen Widerspruch zu dem rückwirkend geänderten Geburtseintrag hin.

Das Standesamt hat sich auf die Begründung seines vorgerichtlichen Ablehnungsbescheides bezogen und ergänzend darauf verwiesen, dass bereits der nach Ziffer 57.3.3 PStG-VwV reduzierte Inhalt der Eheurkunde diese auffällig und eine Gewährleistung des Offenbarungsverbotes zweifelhaft mache.

Das Amtsgericht hat das Standesamt angewiesen, der Antragstellerin eine Eheurkunde auszustellen, die für die Eheschließung ebenfalls deren jetzigen weiblichen Vornamen ausweise. Es hat dazu unter anderem ausgeführt, die Eheurkunde sei unter Berücksichtigung des Offenbarungsverbotes aus § 5 Abs. 1 TSG wie tenoriert auszustellen. § 57 Satz. 1 Nr. 1 PStG stehe dem nicht entgegen, soweit danach die Vornamen der Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung sowie die sich aus dem Registereintrag zum Zeitpunkt der Ausstellung der Eheurkunde ergebenden Vornamen aufzunehmen seien. Denn erstere Vorschrift diene dem Schutz der in Art. 1 Abs. 1 GG verankerten Menschenwürde und gehe daher der allein auf die Registerklarheit abzielenden letzteren Regelung vor; aus § 57 Satz. 1 Nr. 1 PStG ergäben sich demgegenüber keine besonderen Gründe des öffentlichen Interesses, die eine Offenbarung erforderten. Dass schon das äußere Erscheinungsbild der Eheurkunde Rückschlüsse auf eine erfolgte Transition erlaube, lasse die Berechtigung des Begehrens der Antragstellerin nicht entfallen.

Gegen diesen ihm am 08.02.2017 zugestellten Beschluss wendet sich das Standesamt mit seiner am 03.03.2017 eingegangenen Beschwerde. Es macht weiterhin geltend, dass eine Ehe nur zwischen geschlechtsverschiedenen Personen geschlossen werden könne und dies sich auch so aus der Eheurkunde ergeben müsse. Darüber hinaus könnten anderenfalls die in der Ehe geborenen Kinder der Antragstellerin mit der Eheurkunde ihrer Eltern keinen Bezug zu ihrer Geburtsurkunde und somit ihrer Abstammung herstellen, während doch der Geburtseintrag selbst gemäß § 5 Abs. 3 TSG ohne Berücksichtigung von Entscheidungen nach diesem Gesetz weiter geführt werde. Letztlich sei dem Offenbarungsverbot bereits durch § 63 Abs. 2 PStG Rechnung getragen.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Ausstellung einer Eheurkunde, welche ihren aufgrund von § 1 TSG nach der Eheschließung geänderten Vornamen für diese ebenfalls als solchen angibt.

1. Zwar kollidieren in einem Falle der vorliegenden Art in der Tat die §§ 55 Abs. 1 Nr. 2, 57 Satz 1 Nr. 2 PStG, 48 Abs. 1 Satz 1 PStV i. V. m. der dortigen Anlage 6 einerseits, nach denen neben denjenigen zum Zeitpunkt der Eheschließung gerade auch die sich zum Zeitpunkt ihrer Ausstellung seitens des Standesamtes aus dem Registereintrag ergebenden Vornamen der Ehegatten in eine Eheurkunde aufzunehmen sind, mit § 5 Abs. 1 TSG andererseits, nach we...

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