Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der Klage auf Kindesunterhalt bei erneuter Erhebung

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Urteil, mit dem eine Klage auf Unterhalt für ein minderjähriges Kind wegen fehlender Schlüssigkeit zurückgewiesen wurde, steht der erneuten Erhebung einer Unterhaltsklage für den Zeitraum nach Rechtskraft des Urteils nicht entgegen.

 

Normenkette

ZPO §§ 258, 322-323

 

Verfahrensgang

AG München (Urteil vom 27.11.2008; Aktenzeichen 561 F 4536/08)

 

Tatbestand

Das soeben verkündete Endurteil wird gem. § 540 Abs. 1 S. 2 ZPO wie folgt begründet:

Die Klägerin macht gegen den Beklagten Kindesunterhalt geltend, und zwar 160 % des Mindestunterhalts und einen Mehrbedarf von 300 EUR. Das AG München hat mit Grundurteil vom 27.11.2008 den Anspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erachtet. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Er meint, das AG habe die Rechtskraft der Klageabweisung einer Widerklage der Mutter der Klägerin im Verfahren 561 F 6527/05 missachtet, weil dort der Anspruch der Klägerin auf Kindesunterhalt abgewiesen worden sei. Die Klägerin beantragt eine Zurückweisung der Berufung, weil sie das angefochtene Urteil für zutreffend erachtet.

Hinsichtlich der Anträge im Berufungsverfahren wird im Übrigen auf das heutige Protokoll verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Zu Recht hat das AG festgestellt, dass der Klägerin dem Grunde nach ein Unterhaltsanspruch gem. §§ 1601,1612a, 1612b, 1612 BGB zusteht.

Das seit 19.3.2008 rechtskräftige Urteil des AG München, mit dem die Widerklage auf Unterhalt abgewiesen worden ist, steht der erneuten Erhebung einer Unterhaltsklage für den Zeitraum nach Rechtskraft des Urteils nicht entgegen.

Die Klägerin macht Unterhalt ab 1.5.2008 geltend, somit für einen Zeitraum der nach dem Eintritt der Rechtskraft des Ersturteils liegt. In der Klageabweisung liegt keine materiell rechtskräftige Entscheidung für den Unterhaltsanspruch für die Zukunft vor. Die materielle Rechtskraft des Ersturteils beschränkt sich auf die Vergangenheit. Das amtgerichtliche Urteil vom 11.10.2007 hat die Klage abgewiesen, weil der Klageanspruch nicht hinreichend schlüssig sei. Damit hat es die Klage als unbegründet abgewiesen, ohne sich damit auseinander zu setzen, wie und welche Auswirkungen der geltend gemachte Anspruch für die Zukunft hat. Das Urteil enthält somit keine Prognose der künftigen Verhältnisse bezüglich des künftigen Unterhaltsanspruchs. Dies wäre jedoch Voraussetzung, wenn die Rechtskraft des klageabweisenden Urteils der neuen Geltendmachung des Anspruchs entgegenstehen soll. Die Entscheidung des BGH (BGH v. 3.11.2004 - XII ZR 120/02, BGHReport 2005, 323 = MDR 2005, 397 = FamRZ 2005, 101 = NJW 2005, 142) steht dem nicht entgegen. Der BGH hat in seinem Leitsatz zu dieser Entscheidung ausdrücklich festgehalten, dass die Abweisung einer Klage auf künftigen Unterhalt für die Zeit ab der letzten mündlichen Verhandlung keine materielle Rechtskraft für die Zukunft entfaltet Soweit der BGH sich unter Rz. 9 des genannten Urteils damit auseinander setzt, ob neue Anspruchsvoraussetzungen oder neue Tatsachen in einem weiteren Verfahren vorgetragen werden, bezieht sich dieses Abgrenzungsproblem nur auf die Frage, ob eine neue Leistungsklage oder eine Abänderungsklage nach § 323 ZPO zu erheben ist. Maßgeblich ist zunächst der Ansatzpunkt, dass klageabweisende Urteile keine in die Zukunft reichende Wirkung haben. Erst wenn diese Frage bejaht werden könnte, stellt sich die Abgrenzung, ob eine Leistungsklage oder eine Abänderungsklage zu erheben ist. Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich auch deshalb von den üblichen Fallgestaltungen, in denen für einen zurückliegenden Sachverhalt ein Anspruch geltend gemacht wird. Ist dieser Sachverhalt abgeschlossen und ist eine diesbezügliche Klage als unbegründet abgewiesen worden, so kann nicht mehr erneut eine Klage erhoben werden, selbst wenn neue Tatsachen vorgetragen werden, es sei denn, es liegt ein Restitutions- oder Wiederaufnahmegrund vor. Vorliegend ist es jedoch anders, weil mit der Klage auf Unterhalt für die Zukunft jeweils für einen Zeitraum Unterhalt geltend gemacht wird, der über den Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Entscheidung hinausreicht. Nach der einhelligen Auffassung der Rechtsprechung und Literatur haben solche klageabweisende Urteile keine Prognosewirkung, so dass für den Zeitraum danach erneut Klage erhoben werden kann, so dass die Rechtskraft des ursprünglichen Urteils nicht entgegensteht. Zwar trifft der Einwand zu, dass hiermit das ursprüngliche Urteil in Frage gestellt werden könnte, aber es ist zum einen darauf hinzuweisen, dass das Ersturteil nur über Ansprüche bis zur letzten mündlichen Verhandlung entschieden hat und nicht darüber hinaus, zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass wenn die Klage auf den gleichen Sachvortrag gestützt wird wie er dem Ersturteil zugrunde lag, der Kläger mit einer erneuten Klageabweisung rechnen muss. Vorliegend war die Widerkla...

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