Entscheidungsstichwort (Thema)

Antragsgemäße Verurteilung, Beschwer, Zurückweisung durch Beschluss, Berufungszurückweisung, großer Schadensersatzanspruch, Minderwert, Wechsel zu Minderwert, Klageänderung, Änderung der Klage, Zulässigkeit der Berufung

 

Normenkette

BGB § 249 Abs. 2 S. 1, § 826; ZPO § 264 Nr. 2, § 511 Abs. 2 Nr. 1, § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, § 524 Abs. 4 2. Alternative, § 705 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Urteil vom 25.05.2022; Aktenzeichen 6 O 605/22)

 

Nachgehend

OLG München (Beschluss vom 13.12.2022; Aktenzeichen 17 U 3821/22)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 25.05.2022, Az. 6 O 605/22, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 522 Abs. 2 ZPO hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

3. Der Streitwert für den Berufungsrechtsstreit wird vorläufig auf EUR 11.935,01 festgesetzt.

 

Gründe

Die Parteien streiten im Rahmen des sogenannten Dieselskandals um Schadensersatzansprüche des Klägers gegenüber der Beklagten aufgrund eines Kaufs eines Kraftfahrzeugs Porsche Macan S 3.0 D von einer Dritten am 02.07.2015 (Anlage K 1).

Das LG Traunstein hat die Beklagte mit Endurteil vom 25.05.2022 in der Hauptsache antragsgemäß zur Zahlung von EUR 40.754,66 Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs nebst Zinsen verurteilt sowie Annahmeverzug und Herrühren aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung festgestellt, die weitergehende Klage auf Freistellung des Klägers von seinen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 3.196,94 aber abgewiesen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger den Freistellungsantrag in Höhe von EUR 3.196,34 weiter und begehrt gleichzeitig statt der Verurteilung zur Zahlung von EUR 40.754,66 die Verurteilung zur Zahlung des Minderwerts des Fahrzeugs bei Kauf in Höhe mindestens EUR 10.199,99 nebst Zinsen (ohne Rückgabe des Fahrzeugs).

Die Berufung hat keinen Erfolg.

I. Die Berufung an sich ist zulässig, die ausreichende Beschwer (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) ergibt sich aus der Anfechtung der Abweisung des Freistellungsantrags hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten (soweit nicht von der jetzigen Hauptsache abhängig).

Die begehrten EUR 3.196,34 (das sagt über eine mögliche Berechtigung der Höhe nach nichts!) errechnet der Kläger aus einer 2,0-Geschäftsgebühr aus EUR 67.999,99, Pauschale nach VV 7002 RVG und 19% Umsatzsteuer wie folgt:

2,0-Geschäftsgebühr: EUR 2.666,00

Pauschale: EUR 20,00

Umsatzsteuer: EUR 510,34

Summe: EUR 3.196,34

Abhängig vom jetzt noch geltend gemachten Hauptsachebetrag in Höhe von EUR 10.199,99 wären:

2,0-Geschäftsgebühr: EUR 1.208,00

Pauschale: EUR 20,00

Umsatzsteuer: EUR 233,32

Summe: EUR 1.461,32

Die hier relevante Beschwer außerhalb der noch geltend gemachten Hauptsache beträgt daher EUR 3.196,34 - EUR 1.461,32 = EUR 1.735,02 und ist daher ausreichend.

Dementsprechend erhöht der selbständige Anteil von EUR 1.735,02 den Streitwert für den Berufungsrechtsstreit auf EUR 10.199,99 + EUR 1.735,02 = EUR 11.935,01.

II. Hinsichtlich des nunmehr begehrten Minderwerts (statt des bisher begehrten und erhaltenen "großen" Schadensersatzes) hat der Senat in diesem konkreten Fall jedoch Zulässigkeitsbedenken wegen der (Un-) Zulässigkeit des Wechsels vom "großen Schadensersatz" auf den Minderwert im Rahmen der Prüfung nach § 522 Abs. 2 ZPO und im Übrigen wegen mangelnder Beschwer und nicht mehr abänderbarem Antrag:

1. § 264 Nr. 2 ZPO definiert, dass die Klageänderung Verminderung des Anspruchs nicht als eine solche Änderung anzusehen ist, woraus sich aber ergibt, dass es sich insoweit tatsächlich um eine Änderung handelt (sonst hätte es der gesetzlichen Fiktion nicht bedurft).

Das gilt im vorliegenden Fall um so mehr, als der Kläger jetzt (neu) vorträgt, dass das Fahrzeug bei Kauf tatsächlich zumindest 15% weniger als Bruttokaufpreis wert gewesen wäre, sodass insoweit bereits zweifelhaft ist, ob tatsächlich der Klagegrund nicht geändert wurde (dieser Sachverhaltsteil spielte bei der Beurteilung des sogenannten "großen" Schadensersatzanspruchs ja keine Rolle und war erstinstanzlich, soweit ersichtlich, daher auch nicht vorgetragen). Jedenfalls in letzterem Fall wäre die Änderung dann bereits aus diesem Grund in der Berufungsinstanz nicht (mehr) zulässig (§ 533 ZPO).

2. Selbst wenn man im Hinblick auf das Urteil des BGH vom 20.09.2016 (VIII ZR 247/15, NJW 2017, 491, 492, Randziffer 20: wohlgemerkt, der BGH hat dort über die Problematik im Rahmen des § 522 Abs. 2 ZPO nicht entschieden!) dem so nicht folgen will, ist die Abänderung vom (voll zugesprochenen) "großen Schadensersatz" zum Minderw...

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