Leitsatz (amtlich)

1. Dass in Vaterschaftsfeststellungsklagen auf Antrag oder von Amts wegen eine Beweisaufnahme durchgeführt werden muss, hat nicht zwangsläufig die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Folge. Vielmehr muss der Beklagte, der die Vaterschaft nicht anerkennen und es auf einen Prozess ankommen lassen will, ernsthafte Zweifel an seiner Vaterschaft darlegen können. Der Vortrag, er wisse nicht, ob er der einzige Geschlechtspartner der Mutter gewesen sei, reicht nicht aus.

2. Der Einwand fehlender Leistungsfähigkeit kann im Verfahren nach § 653 ZPO nicht berücksichtigt werden, sondern bleibt dem Korrekturverfahren nach § 654 ZPO vorbehalten.

 

Normenkette

BGB § 1600d; ZPO §§ 114, 653 ff.

 

Verfahrensgang

AG Aachen (Aktenzeichen 23 F 70/02)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beklagten vom 7.11.2002 gegen den Beschluss des AG – FamG – Aachen vom 4.11.2002 – 23 F 70/02 – wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Durch den im Tenor näher bezeichneten Beschluss hat das AG – FamG – Aachen den Antrag des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, seine Rechtsverteidigung gegen die Klage auf Vaterschaftsfeststellung und die Verurteilung zur Zahlung des Regel-unterhalts habe keine Aussicht auf Erfolg. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beklagten vom 7.11.2002, der das AG nicht abgeholfen, sondern die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat. Durch Beschluss vom 30.12.2002 hat die zuständige Einzelrichterin die Sache auf den Senat übertragen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach -und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Dabei kann dahin stehen, auf welchen Zeitpunkt es für die Frage der Beurteilung der Erfolgsaussicht eines Prozesskostenhilfegesuchs ankommt, denjenigen der Beschlussfassung oder den der Entscheidungsreife, (vgl. zum Meinungsstreit Zöller, 23. Aufl. 2002, § 119 ZPO Rz. 44 ff. m.w.N.), bzw. zu welchem Zeitpunkt das AG vorliegend frühestens über den PKH-Antrag des Beklagten hätte entscheiden können. Vorliegend bot die Rechtsverteidigung des Beklagten von Anfang an keine Aussicht auf Erfolg.

Zu den Vaterschaftsfeststellungssachen wird die Ansicht vertreten, dass wegen der regelmäßig veranlassten Einholung von Abstammungsgutachten an die Erfolgsaussicht keine hohen Anforderungen zu stellen seien, (vgl. Stein/Jonas/Bork, 21. Aufl., § 114 ZPO Rz. 58). Nach Auffassung des Senats muss ein Beklagter, der die Vaterschaft nicht anerkennen und es auf einen Prozess ankommen lassen will, ernsthafte Zweifel an seiner Vaterschaft darlegen können, (so auch OLG Hamburg v. 11.2.1999 – 12 WF 13/99, FamRZ 2000, 1587; OLG Karlsruhe v. 22.7.1997 – 2 W 1/97, NJW-RR 1998, 1228). Anders als in Anfechtungsverfahren gilt nicht der Gesichtspunkt, dass er sich nicht einem Rechtsstreit entziehen kann. Im Rahmen der PKH-Prüfung ist auch in eng begrenztem Umfang eine vorweggenommene Beweiswürdigung zulässig, (vgl. BGH v. 14.12.1993 – VI ZR 235/92, MDR 1994, 406 = NJW 1994, 1160). Dass auf Antrag oder von Amts wegen eine Beweisaufnahme durchgeführt werden muss, hat daher nicht zwangsläufig die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Folge. Umstände, die zu ernsthaften Zweifeln an seiner Vaterschaft Anlass geben könnten, hat der Beklagte nicht dargetan. Im Vaterschaftsfeststellungsverfahren muss der Beklagte, der mit der Mutter in der gesetzlichen Empfängniszeit Verkehr gehabt hat, begründete Aussicht haben, die Vermutung des § 1600 Abs. 2 BGB zu widerlegen. Hieran fehlt es vorliegend. Der Beklagte hat in seiner Stellungnahme zu den Anträgen des klagenden Kindes eingeräumt, dass es mit der Kindesmutter innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit zu Geschlechtsverkehr gekommen sei. Im Übrigen hat er ausgeführt, er wisse nicht, ob er der einzige Geschlechtspartner der Mutter gewesen sei. Zu der Erklärung der Mutter, ausschließlich mit dem Beklagten Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, hat er keine Stellung bezogen. Bereits zum Zeitpunkt der Beantragung von Prozesskostenhilfe war es nach alledem unwahrscheinlich, dass die Vaterschaftsvermutung des § 1600 Abs. 2 S. 1 BGB durch das veranlasste Abstammungsgutachten widerlegt werden könnte. Eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung des Beklagten i.S.v. § 114 ZPO gegen die beantragte Vaterschaftsfeststellungsklage bestand daher nicht.

Aber auch im Hinblick auf die beantragte Verurteilung zur Zahlung des Regelunterhalts bot die Rechtsverteidigung des Beklagten keine Aussicht auf Erfolg. Der Einwand fehlender Leistungsfähigkeit kann im Verfahren nach § 653 ZPO nicht berücksichtigt werden. Zwar war unter Geltung des § 643 ZPO a.F. umstritten, ob neben Einwänden zum Grund des Anspruchs wie Erfüllung, Forderungsübergang (§§ 91 BSHG, 7 UVG) und Zusammenleben mit dem Vater (§ 1612 f. BGB a.F.) im Einzelfall auch der Einwand mangelnder Leistungsfähigkeit des Vaters zu beachten war (vgl. zum Meinungsstreit OLG Bremen v. 2.2.2000 – 4 UF 110/99, FamRZ 2000, 1164). Mit der Neuregelung der...

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