Verfahrensgang

AG Hamburg-Altona (Beschluss vom 24.11.1998)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beklagten wird der Beschluß des Amtsgericht Hamburg-Altona vom 24.11.98 zur Prozeßkostenhilfe aufgehoben. Insoweit wird die Sache zur erneuten Entscheidung über den Prozeßkostenhilfeantrag des Beklagten an das Amtsgericht Hamburg-Altona zurückverwiesen.

 

Tatbestand

I. Das Amtsgericht hat dem Beklagten die beantragte Prozeßkostenhilfe für die Rechtsverteidigung gegenüber den Anträgen auf Feststellung der Vaterschaft und Zahlung des Regelunterhalts versagt, weil er seine Kostenarmut nicht hinreichend glaubhaft gemacht habe. Dem folgt der Senat nicht.

Der Beklagte hatte vor dem ersten Termin die erforderliche Formularerklärung eingereicht, in der ein Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit von 590 DM monatlich belegt und durch Ankreuzen vermerkt wurde, daß, er von einer anderen Person unterhalten werde. Als andere Einnahme hat er „freie Wohnung” eingetragen.

Das Gericht war gehalten, über das PKH-Gesuch zu entscheiden, bevor es in die Beweisaufnahme durch Einholung eines Abstammungsgutachtens eintrat. Sofern es eine weitere persönliche Erläuterung oder Glaubhaftmachung durch den Beklagten – etwa in Form einer eidesstattlichen Versicherung – für erforderlich hielt, hätte es den im Termin vom 3.8.98 persönlich anwesenden Beklagten hierzu veranlassen müssen.

Die mit dem Beweisbeschluß vom 24.8.98 verbundene Auflage an den Beklagten, „die Unterhaltsleistungen anderer Personen substantiiert darzulegen und ggfs. glaubhaft zu machen”, hatte der Beklagte unverzüglich durch Übersendung der Bescheinigung der Frau E. vom 2.9.98 erfüllt. Damit hatte er die Voraussetzungen der Kostenarmut ausreichend dargelegt. Der Senat kann nicht nachvollziehen, inwieweit eine eigene Erklärung des Beklagten überzeugender als die einer dritten Person gewesen wäre.

 

Entscheidungsgründe

II. Zur Entscheidung über die Erfolgsaussicht des PKH-Gesuchs und den Beiordnungsantrag ist die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen, weil der Beklagte noch ergänzend zu befragen ist (vgl. § 575 ZPO), was zweckmäßigerweise in dem bereits anberaumten Termin vom 15.3.99 geschehen kann.

a) Wegen der verzögerten Bearbeitung des PKH-Gesuchs gebieten es die Grundsätze eines fairen Verfahrens und das Sozialstaatsgebot (Art. 20 GG), die Beurteilung der Erfolgsaussicht auf den Zeitpunkt zu beziehen, zu dem im ordentlichen Geschäftsgang über den PKH-Antrag hätte entschieden werden können und müssen (vgl. OLG Karlsruhe, FamRZ 1995, 1163; NJW-RR 1998, 1228). Das entspricht auch der Auffassung des Amtsgerichts in der Beschwerdezuschrift vom 21.1.99. Der PKH-Gewährung steht daher nicht entgegen, daß die Rechtsverteidigung des Beklagten jetzt nicht mehr erfolgversprechend ist, weil seine Vaterschaft nach dem Blutgruppengutachten des Sachverständigen Prof. Dr. P. vom 30.10.98 mit einer Plausibilität von mehr als 99,99 % „praktisch erwiesen” ist.

b) Zu den Vaterschaftsfeststellungssachen wird die Auffassung vertreten, daß wegen der regelmäßig veranlaßten Einholung von Abstammungsgutachten an die Erfolgsaussicht keine hohen Anforderungen zu stellen seien (Musielak/Fischer, ZPO, § 114 Rn 28; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 114 Rz. 58; Zimmermann, Prozeßkostenhilfe in Familiensachen, FamRZ-Buch 4, Rn. 183; OLG Hamburg, DAVorm 1986, 367). Nach Auffassung des Senats muß ein Beklagter, der die Vaterschaft nicht anerkennen und es auf einen Prozeß ankommen lassen will, ernsthafte Zweifel an seiner Vaterschaft darlegen können (so auch OLG Karlsruhe, NJW-RR 1998, 1228). Anders als in den Anfechtungsverfahren gilt nicht der Gesichtspunkt, daß er sich einem Rechtsstreit nicht entziehen kann. Im Rahmen der PKH-Prüfung ist auch in eng begrenztem Umfang eine vorweggenommene Beweiswürdigung zulässig (BGH, NJW 1994, 1160). Daß auf Antrag oder von Amts wegen eine Beweisaufnahme durchgeführt werden muß, hat daher nicht zwangsläufig die Bewilligung von PKH zur Folge.

Der Beklagte hat schriftsätzlich Mehrverkehr der Mutter behauptet, auf die Frage des Gerichts, woher seine Kenntnis stamme, daß die Kindesmutter in der Empfängniszeit anderweitigen Geschlechtsverkehr, hatte, aber geantwortet: „Ich möchte auf diese Frage nicht antworten.” Das Gericht ist dem nicht weiter nachgegangen und hat auch die erschienene Mutter nicht zu Art und Dauer ihrer Beziehung zum Beklagten als Zeugin befragt, weil es sich, wie der Beklagte vorträgt, zur Einholung eines Gutachtens entschlossen hatte.

Hätte der Beklagte während der Zeit, zu der der Kläger biologisch empfangen sein mußte, mit der Mutter in einer intakten Beziehung zusammengelebt und Mehrverkehr der Mutter ohne greifbare Anhaltspunkte gleichsam ins Blaue hinein behauptet, wäre es im Zeitpunkt der Entscheidungsreife über den PKH-Antrag eher unwahrscheinlich gewesen, daß die Vaterschaftsvermutung des § 1600 d II S. 1 BGB durch das beabsichtigte Abstammungsgutachten widerlegt werden könnte. Eine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO wäre dann zu verneinen gew...

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