Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung des Mieters eines Kraftfahrzeugs wegen eines durch Sekundenschlaf herbeigeführten Unfalls. Entscheidung über einen Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Mieter eines Kfz haftet nur dann für durch einen durch "Einnicken" am Steuer ("Sekundenschlaf") herbeigeführten Schaden, wenn der Fahrer sich nachweislich über von ihm erkannte deutliche Vorzeichen der Ermüdung hinweggesetzt hat (i. A. an die kaskoversicherungsvertragsrechtliche Rechtsprechung, zuletzt OLG Koblenz VersR 2007, 57 ).

2. Eine nach Beratung des Urteils zu treffende Entscheidung über die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist im Fall der Verhinderung eines an der mündlichen Verhandlung und Urteilsberatung beteiligten Richters ohne Hinzuziehung eines Vertreters in der verbleibenden Besetzung des Gerichts zu treffen (i. A. an BGH NJW 2002, 1426).

 

Verfahrensgang

LG Trier (Entscheidung vom 01.06.2006; Aktenzeichen 5 O 132/05)

 

Gründe

I. Der Beklagte war Langzeitanmieter eines Ford Mondeo. Dem Mietvertrag lagen die Bedingungen der Klägerin zugrunde. Unter Punkt 4.2 heißt es: "Sofern Sie sämtliche Bedingungen dieses Mietvertrages einhalten und sofern der Verlust, Schaden oder Diebstahl nicht vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit Ihrerseits oder seitens eines berechtigten Fahrers oder durch einen nicht berechtigten Fahrer verursacht wird, kann Ihre Haftung folgendermaßen beschränkt werden: 4.2.2 Wenn Sie die Option Haftungsbegrenzung für Schäden am Mietwagen (CDW) wählen, indem Sie die angegebene Tagesgebühr zahlen, wird Ihre Haftung für Verlust oder Beschädigung des Fahrzeuges, seiner Teile oder seines Zubehörs für jeden solchen einzelnen Schadensfall - mit Ausnahme von Diebstahl, versuchtem Diebstahl oder Vandalismus - auf die im rental-record angegebene Selbstbeteiligung beschränkt."

Am 25. April 2004 landete der Beklagte aus Philadelphia (USA) kommend und nach einem Zwischenaufenthalt in Paris in Luxemburg. Dort stieg er in das von ihm auf dem Parkplatz des Flughafens abgestellte Fahrzeug. Gegen 14.40 Uhr erlitt er auf der B 51 aus Richtung Trier kommend in Fahrtrichtung Köln in Höhe des km 1,4 einen Unfall. Der Beklagte geriet mit dem Pkw nach links, überquerte die gesamte Fahrbahn einschließlich der Gegenfahrbahn und kollidierte am linken Fahrbahnrand mit einem Brückenpfeiler. Anschließend wurde die Fahrt auf 3 Rädern fortgesetzt. Das Fahrzeug kam erst nach 500 m am rechten Fahrbahnrand zum Stehen. Gegenüber den den Unfall aufnehmenden Polizeibeamten erklärte der Beklagte, er sei vermutlich eingeschlafen.

Durch den Unfall erlitt das Fahrzeug einen Totalschaden. Die Reparaturkosten hätten sich auf netto 23.000 EUR belaufen. Der Wiederbeschaffungswert betrug netto 17.800 EUR, der Restwert netto 2.800 EUR. Die Klägerin macht mit ihrer Klage einmal den Schaden am Fahrzeug in Höhe von 15.000 EUR geltend, außerdem Kosten für die sachverständige Begutachtung in Höhe von 227,52 EUR, Kosten für die Abmeldung und Neuanmeldung in Höhe von pauschal 60 EUR, Mietausfallschaden für einen Zeitraum von 14 Tagen in Höhe von 97,82 EUR und eine Kostenpauschale in Höhe von 30 EUR, insgesamt 15.415,34 EUR (nicht: 16.087,82 EUR; so aber die Klageschrift GA 11[insoweit vom Beklagten nicht gerügt] und das Urteil S. 3 f. = GA 106 f.), abzüglich gezahlter 550 EUR (Selbstbehalt, gezahlt vom Arbeitgeber), somit eine Forderung in Höhe von 14.865,34 EUR (nicht: 15.537,82 EUR; so aber das Urteil im Tenor S. 2 = GA 105 und im Streitwertbeschluss GA 118).

Das Landgericht hat im angegriffenen Urteil der Klage in vollem Umfang in Höhe von 15.537,82 EUR stattgegeben. Der Beklagte habe den Unfall infolge grober Fahrlässigkeit verursacht, so dass die vereinbarte Haftungsbeschränkung nicht greife. Er sei infolge Übermüdung am Steuer eingeschlafen und habe so den Unfall verursacht. Zwar gereiche Einschlafen am Steuer dem Kraftfahrer im Regelfall nur zum einfachen Verschulden und die Feststellung der groben Fahrlässigkeit setze voraus, dass sich der Fahrer über Bedenken hinweggesetzt habe, die sich jedem in seiner Lage Befindlichen geradezu aufgedrängt hätten. Im Fall des Beklagten lägen solche besonderen Umstände aber vor. Ein schlagartig eintretender Sekundenschlaf sei nach der eigenen Sachkunde des Gerichts hier ausgeschlossen. Der Beklagte habe den als Zeugen vernommenen Polizeibeamten gegenüber eingeräumt, er sei müde gewesen und eingeschlafen. Aufgrund der Gesamtumstände, also des Fluges von Philadelphia über Paris nach Luxemburg und der damit verbundenen Zeitumstellung, dem äußeren Bild des Unfalls und den Aussagen des Beklagten selbst gehe das Gericht davon aus, dass der Beklagte am Steuer für einen nicht unerheblichen Zeitraum eingeschlafen sei und nicht nur einen Sekundenschlaf erlitten habe. Weiter führt das Gericht im angegriffenen Urteil aus, es bestehe ein Erfahrungssatz, dass niemand ohne vorherige Ermüdungsanzeichen am Steuer einschlafe, so dass kein Zweifel daran bestehe, dass f...

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