Leitsatz (amtlich)

Die Erwerbspflicht der öffentlichen Hand bei Grundstücksbeeinträchtigungen gem. § 23 Satz 1 i.V.m. § 24 des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes - AKG - vom 5.11.1957 ist als Härtefallregelung zu verstehen und war vom Berechtigten innerhalb der gesetzlichen Ausschlussfrist von einem Jahr nach dem Inkrafttreten des Gesetzes durch ein entsprechendes Übernahmeverlangen zu aktualisieren. Eine (verfassungskonforme) Auslegung dahin, dass für den Beginn der Jahresfrist auf den Zeitpunkt der Kenntnisnahme von der (zivilschutzrechtlichen) Entwidmung der störenden Bauwerke (hier: Luftschutzbunker) abzustellen ist, ist nicht veranlasst.

 

Normenkette

GG Art. 134 Abs. 1, 4, Art. 135a Abs. 1; AKG § 1 Abs. 1, § 19 Abs. 2 Nr. 1, § 23 S. 1, § 24

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Aktenzeichen 1 O 304/08)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 5.5.2010.

 

Gründe

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg; die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts (§ 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Die klagende Stadt M. verlangt von der Bundesrepublik Deutschland - nach Maßgabe der §§ 23, 24 Gesetzes zur allgemeinen Regelung durch den Krieg und den Zusammenbrauch des Deutschen Reiches entstandener Schäden (Allgemeines Kriegsfolgengesetz [AKG]) vom 5.11.1957 (BGBl. I 1747) - gegen zu gewährende Entschädigung den Erwerb des Eigentums an den seit dem 2. Weltkrieg mit Tiefbunkern bebauten Grundstücken "Georg-Lechleiter-Platz" und "Kuckucksplatz". Das LG hat ohne Beweisaufnahme die Klage abgewiesen; hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin.

Der Senat wird sich dem angefochtenen Urteil in Ergebnis und tragender Begründung anschließen.

Die Stadt M. kann nicht verlangen, dass der Bund (§ 25 Abs. 1 AKG) die streitgegenständlichen Grundstücke gegen Entschädigung zu Eigentum erwirbt. Eine Erwerbspflicht gem. § 23 Satz 1 i.V.m. § 24 AKG besteht nicht (mehr).

1. Es ist nach den tatsächlichen Feststellungen des LG und dem übereinstimmenden Sachvortrag der Parteien von folgendem - unstreitigen - Sachverhalt auszugehen:

Die Klägerin ist Eigentümerin von fünf Grundstücken im Stadtgebiet, auf denen in den Jahren 1941 ff. aufgrund des sog. Luftschutz-Führerprogramms jeweils Tiefbunker errichtet wurden. Die unterirdischen Bauwerke wurden vom Bund im Rahmen des sog. Sofortprogramms zwischen den Jahren 1950 und 1965 behelfsmäßig für Zwecke des Zivilschutzes nutzbar gemacht; die Schutzbauwerke wurden - was der Klägerin allerdings erst im März 2006 bekannt gegeben wurde (Schreiben des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 28.3.2006; Anlage K 16a) - im Jahre 1997 aus der Zivilschutzbindung entlassen (Erlass des Bundesministeriums des Innern vom 10.4.1997 nach § 7 Abs. 2 Satz 2 des Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetzes - ZSKG; Bl. 31 ff. GA). Der Bund, der in der Folge die Kosten für die Unterhaltung der Anlagen zunächst weiter getragen hat, hat - nach der Umwandlung der zuständigen Bundesvermögensverwaltung in die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben - mit Schreiben an die Klägerin vom 20.12.2005 (Bl. 12 GA) für die Zukunft die Kostentragung abgelehnt, die Kündigung der Verträge mit den Versorgungsunternehmen angekündigt und der Klägerin den Besitz an den Bauwerken "zur freien Verwendung" angedient. Das von der Klägerin nachfolgend mit Schreiben vom 18.12.2006 (Bl. 13 GA) gestellte Erwerbserlangen hat die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben mit Bescheid vom 29.2.2008 (Bl. 14 f. GA) als verfristet abgelehnt.

Der "Georg-Leichleiter-Platz" wird derzeit als Grünfläche mit Spielplatz genutzt (unbeplanter Innenbereich); auf dem "Kuckucksplatz" ist eine Fläche für Stellplätze ausgewiesen (Gewerbegebiet).

Die zunächst entstandene Verwaltungspraxis, die Jahresfrist nach § 23 Satz 1 AKG erst mit der Bescheidung des Herausgabe- oder Beseitigungsanspruchs (§ 19 Abs. 1 und 2 AKG) beginnen zu lassen, wurde Mitte der 60-iger Jahre des vorigen Jahrhunderts beendet; der betreffende Runderlass des Bundesministeriums der Finanzen vom 28.10.1965 (Anlage B 4; Bl. 97 f. GA) wurde auch der für die Klägerin zuständigen Oberfinanzdirektion bekannt gegeben.

Durch Vereinbarung vom 18.3.2008 (Bl. 16 f. GA) haben sich die Parteien auf die Führung eines Musterprozesses hinsichtlich der Anlagen "Georg-Lechleiter-Platz" und "Kuckucksplatz" geeinigt. Die Klägerin hat innerhalb der gesetzlichen Klagefrist (§ 29 AKG) den Klageweg beschritten.

2. Der Klageanspruch ist nicht innerhalb der Jahresfrist des § 23 Satz 1 AKG angemeldet worden und daher kraft Gesetzes ausgeschlossen.

a) Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass ein etwa ggü. dem Deutschen Reich (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 AKG) oder nachfolgend dem Bund (§ 2 Nr. 3 AKG; vgl. BGHZ 40, 18, 21; NJW 1980, 283) entstandener Anspruch auf Beseitigung der mit der Bunkererrichtung zu Kriegszeiten verbundenen...

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