Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattungspflicht des Prozessgegners auch bei ihm bewilligter Prozesskostenhilfe

 

Leitsatz (amtlich)

Der Geltendmachung des gemäß § 59 Abs. 1 RVG auf die Landeskasse übergegangenen Anspruchs gegen den erstattungspflichtigen Prozessgegner steht nicht entgegen, dass diesem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist.

 

Normenkette

RVG § 59 Abs. 1; ZPO §§ 122-123, 126

 

Verfahrensgang

AG Koblenz (Beschluss vom 21.08.2007; Aktenzeichen 19 F 348/06)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des AG - FamG - Koblenz vom 21.8.2007 wird zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Gegenstand des vorliegenden Prozessverfahrens war das Abänderungsbegehren des Klägers, mit welchem er die Abänderung eines Urteils des OLG Koblenz vom 19.9.2005 dahin erstrebte, dass er ab August 2006 zur Zahlung nachehelichen Unterhalts nicht mehr verpflichtet ist. Für das Verfahren erster Instanz war beiden Parteien Prozesskostenhilfe bewilligt worden.

Durch Urteil vom 27.2.2007 hat das AG dem Abänderungsbegehren des Klägers in vollem Umfang stattgegeben und der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Auf Antrag der Klägervertreter erhielten diese sodann als beigeordnete Rechtsanwälte des Klägers für ihre Tätigkeit im erstinstanzlichen Verfahren aus der Staatskasse eine Vergütung i.H.v. insgesamt 586,08 EUR. Mit Kostenrechnung vom 5.4.2007 wurde die Erstattung dieses Betrages seitens der Landesjustizkasse ggü. der Beklagten geltend gemacht. Deren Erinnerung gegen die Kostenrechnung hat das AG durch Beschluss vom 21.8.2007 zurückgewiesen. Mit der gegen diesen Beschluss eingelegten Beschwerde macht die Beklagte geltend, ihr sei Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung bewilligt worden; im Hinblick darauf dürfe sie von der Staatskasse nicht auf Erstattung der auf diese übergegangenen Kosten des ebenfalls prozesskostenhilfeberechtigten Klägers in Anspruch genommen werden. Diese Auffassung entspreche jedenfalls der Rechtsprechung des OLG Karlsruhe und ergebe sich mittelbar auch aus einer Entscheidung des BVerfG.

II. Die gem. § 59 Abs. 2 Satz 4 RVG i.V.m. § 66 Abs. 2 GKG zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Der Kläger selbst und die ihm beigeordneten Rechtsanwälte (vgl. § 126 Abs. 1 ZPO) können aufgrund der Kostenentscheidung im Urteil vom 27.2.2007 von der Beklagten verlangen, dass diese dem Kläger die bei ihm entstandenen außergerichtlichen Kosten erstattet. Nachdem die Staatskasse die Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers vergütet hat, ist dieser Erstattungsanspruch gem. § 59 RVG auf die Staatskasse übergegangen. Zwar wird in Rechtsprechung und Literatur teilweise die Auffassung vertreten, dass in den Fällen, in denen der unterlegenen Partei Prozesskostenhilfe ohne Raten bewilligt wurde, die Staatskasse den auf sie übergegangenen Vergütungsanspruch nicht gegenüber dieser Partei geltend machen könne (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 123 Rz. 5 sowie § 122 Rz. 6; OLG Karlsruhe, JurBüro 1999, 370; ebenso OLG Koblenz, Beschl. v. 7.11.1983 - 13 WF 723/83, Kostenrechtsprechung, § 122 Nr. 21). Dieser Auffassung vermag der Senat nicht zu folgen; die in dem vorzitierten Beschluss vom 7.11.1983 vertretene Rechtsauffassung wird nicht aufrechterhalten. Zwar bestimmt die Vorschrift des § 122 Abs. 1 Nr. 1b ZPO, dass die Staatskasse die auf sie übergegangenen Ansprüche der beigeordneten Rechtsanwälte nur nach den Bestimmungen, die das Gericht trifft, gegen die Partei geltend machen kann. Mit dieser Vorschrift ist jedoch nur der Anspruch gemeint, der dem beigeordneten Rechtsanwalt gegen die eigene Partei zusteht. Nur bei diesem Anspruch ist die Staatskasse gehindert, ihn sofort in voller Höhe bei der Partei geltend zu machen; vielmehr muss sie bei ratenfreier Prozesskostenhilfe davon gänzlich Abstand nehmen und sich bei Prozesskostenhilfebewilligung mit Ratenzahlungsanordnung mit den angeordneten Raten selbst begnügen. Vorliegend geht es jedoch um den originären Kostenerstattungsanspruch gegen den unterlegenen Gegner aus § 126 ZPO. Soweit dieser auf die Staatskasse gem. § 59 RVG übergeht, kann er ohne Einschränkung geltend gemacht werden. Dies ergibt sich mittelbar auch aus § 123 ZPO: Wird einer Partei auferlegt, die dem Gegner entstandenen Kosten zu erstatten, schützt sie auch die Bewilligung eigener Prozesskostenhilfe nicht vor dem Erstattungsanspruch des Gegners. Es kann aber keinen Unterschied machen, ob dem Gegner seinerseits Prozesskostenhilfe bewilligt ist und der Erstattungsanspruch auf die Staatskasse übergegangen ist oder ob der Gegner den Erstattungsanspruch im eigenen Namen geltend machen kann (ebenso OLG Karlsruhe FamRZ 2005, 2002, 2003; Hartmann, Kostengesetze, § 59 RVG, Rz. 6; BGH, MDR 1997, 887; OLG Köln FamRZ 2004, 37; vgl. auch Kalthoener/Büttner/Wrobel/Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 3. Aufl., Rz. 805).

Die von der Beklagten angeführte Entscheidung des BVerfG (Beschl. v. 23.6.1999 ...

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