Leitsatz (amtlich)

Auf den Einredeausschluss des § 126 Abs. 2 S. 1 ZPO kann sich auch die Staatskasse berufen, wenn der beigeordnete Rechtsanwalt durch die Bundes- oder Landeskasse vergütet wird und sein Anspruch gegen den Gegner gemäß § 130 Abs. 1 BRAGO auf diese übergeht.

Der nach § 130 Abs. 1 BRAGO auf die Bundes- und Landeskasse übergegangene, originäre Kostenanspruch gegen den unterlegenen Gegner aus § 126 ZPO ist kein „Anspruch gegen die Partei” i.S.d. § 122 Abs. 1 Nr. 1b ZPO.

Die Staatskasse kann wegen Zahlung von Prozesskostenhilfe-Vergütung auf sie übergegangene Ansprüche auch gegen einen Gegner geltend machen, dem ebenfalls Prozesskostenhilfe bewilligt wurde.

 

Normenkette

ZPO §§ 122, 126; BRAGO § 130

 

Verfahrensgang

AG Bergisch Gladbach (Aktenzeichen 26 F 132/01)

 

Tenor

Der Beklagten wird zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen den Beschluss des AG – FamG – Bergisch Gladbach v. 21.3.2003 – 26 F 132/01 – ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Y. in P. bewilligt.

Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des AG – FamG – Bergisch Gladbach v. 21.3.2003 – 26 F 132/01 – wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Durch Anerkenntnisurteil vom 15.1.2002 hat das AG – FamG – Bergisch Gladbach den von den Parteien am 21.3.2000 in dem Verfahren 26 F 299/99 AG Bergisch Gladbach (AG Bergisch Gladbach v. 21.3.2000 – 26 F 299/99) geschlossenen Unterhaltsvergleich abgeändert und die Kosten des Verfahrens der Beklagten auferlegt. Beiden Parteien war zuvor unter Beiordnung ihrer jeweiligen Prozessbevollmächtigten teilweise Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Durch Festsetzungsbeschluss vom 20.2.2002 hat das AG Bergisch Gladbach die den Prozessbevollmächtigten des Klägers aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 357,34 Euro festgesetzt und diesen Betrag sodann durch Rechnung vom 8.4.2002 gegen die Beklagte erhoben. Die hiergegen gerichtete Erinnerung der Beklagten, mit der diese die Aufrechnung ggü. der in der Gerichtskostenrechnung geltend gemachten Forderung mit rückständigem Unterhalt in dieser Höhe aus dem Vergleich des AG Bergisch Gladbach vom 21.3.2000 – 26 F 299/99, abgeändert durch Anerkenntnisurteil des AG Bergisch Gladbach vom 15.1.2002, erklärt hat, hat das AG – FamG – Bergisch Gladbach durch Beschluss vom 21.3.2003 zurückgewiesen (AG – FamG – Bergisch Gladbach, Beschl. v. 21.3.2003 – 26 F 132/01). Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 7.4.2003, der das AG nicht abgeholfen, sondern die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt hat. Die zuständige Einzelrichterin hat die Sache dem Senat zur Entscheidung übertragen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

Die gem. §§ 8 Abs. 1 S. 1, 1 Abs. 1 Nr. 4 JbeitrO, 130 Abs. 2 BRAGO, 5 Abs. 2 GKG als Beschwerde zu wertende sofortige Beschwerde der Beklagten ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Die mit Schriftsatz vom 29.4.2002 erklärte Aufrechnung der Beklagten mit den ihr gegen den Kläger rechtskräftig zuerkannten Unterhaltsansprüchen ist als Einrede „aus der Person der Partei” nach § 126 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht zulässig. Hierauf kann sich auch die Landeskasse berufen, auf die der Anspruch der Prozessbevollmächtigten des Klägers gemäß § 130 Abs. 1 BRAGO übergegangen ist, vgl. BGH v. 18.10.1990 – IX ZR 246/89, MDR 1991, 335 = AnwBl. 1991, 168 m.w.N. Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken stehen dem nicht entgegen. Insoweit folgt der Senat vollumfänglich den Ausführungen des BGH in der vorzitierten Entscheidung, deren Ergebnis der ganz überwiegend vertretenen Meinung in Rspr. und Lit. entspricht, vgl. Kalthoener/Büttner/Wrobel/Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 3. Aufl. 2003, Rz. 820 m.w.N. Durch § 8 Abs. 1. Satz 2 JBeitrO wird § 126 Abs. 2 ZPO nicht verdrängt. Vielmehr treten die dort genannten Voraussetzungen einer zulässigen Aufrechnung als zusätzliche Erfordernisse zu § 126 Abs. 2 S. 2 ZPO hinzu, vgl. BGH v. 18.10.1990 – IX ZR 246/89, MDR 1991, 335 = AnwBl. 1991, 168.

Die Beklagte ist auch nicht gem. § 122 Abs. 1 Nr. 1b ZPO aufgrund der ihr bewilligten Prozesskostenhilfe von dem Anspruchsübergang nach § 130 BRAGO befreit. Dies hat der BGH in seiner Entscheidung vom 11.6.1997 (BGH v. 11.6.1997 – XII ZR 254/94, MDR 1997, 887 = NJW-RR 1998, 70) ausdrücklich klargestellt. Der originäre Kostenerstattungsanspruch gegen den unterlegenen Gegner aus § 126 ZPO, der Gegenstand des Rechtsübergangs nach § 130 ZPO ist, ist kein „Anspruch gegen die Partei” i.S.d. § 122 Abs. 1 Nr. 1b ZPO. In der zitierten Entscheidung hat der BGH dargelegt, dass abweichende Ausführungen in der Begründung des Regierungsentwurfs in dem Gesetz keinen hinreichenden Ausdruck gefunden haben und deshalb keine hinreichende Richtschnur zur Auslegung darstellen können. Auch aus dem Umstand, dass § 130 Abs. 2 BRAGO sich für die Geltendmachung übergegangener Ansprüche auf die Vorschriften über die Einziehung von Gerichtskosten bezieht, ergibt sich nichts anderes. Zwar könnte es nahe liegen, § 130 Abs. 2 BRA...

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