Leitsatz (amtlich)

1. Ein Kostenerstattungsanspruch geht auch dann auf die Staatskasse über, wenn dem Prozessgegner Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist.

2. § 122 Abs. 1 Nr. 1b ZPO meint nur die Ansprüche des beigeordneten Rechtsanwaltes gegen die eigene Partei.

 

Normenkette

RVG § 59; ZPO § 120 Abs. 3 Nr. 2, § 122 Abs. 1 Nr. 1b, §§ 123, 126

 

Verfahrensgang

AG Heidelberg (Beschluss vom 08.07.2004; Aktenzeichen 36 F 157/03)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - FamG - Heidelberg vom 8.7.2004 - 36 F 157/03 - aufgehoben.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin hatte vor dem FamG Heidelberg die Regelung des Umgangs des Antragsgegners mit den gemeinsamen Kindern ... und ... beantragt. Der Antragstellerin war Prozesskostenhilfe gegen Monatsraten von 45 EUR, dem Antragsgegner Prozesskostenhilfe ohne Raten bewilligt worden. Beiden Beteiligten waren Rechtsanwälte beigeordnet worden. Die Eltern schlossen zur Regelung des Umgangsrechts eine Vereinbarung. Im Beschl. v. 27.2.2004 wurde die Vereinbarung gerichtlich bestätigt und zu den Kosten bestimmt: "Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Parteien hat der Antragsgegner zu tragen." An die den Beteiligten beigeordneten Rechtsanwälte wurden auf jeder Seite 571,30 EUR aus der Staatskasse ausbezahlt. Mit Beschl. v. 24.6.2004 bestimmte die Rechtspflegerin: "Gemäß § 120 Abs. 3 Ziff. 2 ZPO wird die vorläufige Einstellung der von der Klägerin gem. Beschl. v. 6.10.2003 zu erbringenden Ratenzahlung angeordnet, da die Klägerin ihre Kosten gem. Entscheidung vom 27.2.2004 bei der Gegenseite geltend machen kann." Diesen Beschluss hob die Rechtspflegerin sodann mit dem angefochtenen Beschl. v. 8.7.2004 wieder auf mit der Begründung, "die Kosten (könnten) bei der Gegenseite nicht angefordert werden ..., da der Antragsgegner ratenfreie Prozesskostenhilfe (habe)". Die gegen diese Entscheidung eingelegte sofortige Beschwerde der Antragstellerin, der der Bezirksrevisor entgegengetreten ist und welcher die Rechtspflegerin nicht abgeholfen hat, hat Erfolg. Es hat bei dem Beschl. v. 24.6.2004 zu verbleiben, jedoch mit der Maßgabe, dass die Antragstellerin ihre Ratenzahlung deshalb einstellen kann, weil die Landeskasse die für die Antragstellerin aufgewendeten Rechtsanwaltskosten bei dem Antragsgegner geltend machen kann.

I. Die Antragstellerin selbst und die ihr beigeordneten Rechtsanwälte (§ 126 Abs. 1 ZPO) können aufgrund der Kostenentscheidung vom 27.2.2004 von dem Antragsgegner verlangen, dass dieser der Antragstellerin die bei ihr entstandenen außergerichtlichen Kosten erstattet. Nachdem die Staatskasse die Tätigkeit der der Antragstellerin beigeordneten Rechtsanwälte vergütet hat, ist dieser Erstattungsanspruch gem. § 130 BRAGO jetzt § 59 RVG, auf die Staatskasse übergegangen. Damit sind die Voraussetzungen des § 120 Abs. 3 Nr. 2 ZPO eingetreten; die für die Antragstellerin aufgewendeten Rechtsanwaltskosten können von der Landeskasse bei dem Antragsgegner beigetrieben werden. Der Umstand, dass (auch) dem Antragsgegner Prozesskostenhilfe ohne Raten bewilligt wurde, steht dem nicht entgegen, dass die Landeskasse eine Beitreibung versuchen kann (BGH, Beschl. v. 11.6.1997 - XII ZR 254/94, FamRZ 1997, 1141; Gerold/Schmidt/von Eicken, BRAGO, 15. Aufl. 2002, § 130 Rz. 11 sowie RVG, 16. Aufl. 2004, § 59 Rz. 14). Zwar bestimmt § 122 Abs. 1 Nr. 1b) ZPO, dass die Staatskasse die auf sie übergegangenen Ansprüche der beigeordneten Rechtsanwälte gegen die Partei nur nach den Bestimmungen gegen die Partei geltend machen kann, die das Gericht getroffen hat. Ist beiden Parteien (hier: beiden Beteiligten) Prozesskostenhilfe bewilligt worden, und hat die Staatskasse den beiden Beteiligten beigeordneten Rechtsanwälten jeweils ihre Tätigkeit vergütet, kann indessen unter dem auf die Staatskasse übergegangenen Anspruch i.S.d. § 122 Abs. 1 Nr. 1b) ZPO jeweils nur der Anspruch verstanden werden, welcher dem beigeordneten Rechtsanwalt gegen die eigene Partei zusteht; nur bei diesem Anspruch ist die Staatskasse gehindert, ihn sofort in voller Höhe bei der Partei geltend zu machen; sie muss bei ratenfreier Prozesskostenhilfe davon gänzlich Abstand nehmen, bei Prozesskostenhilfe mit Ratenzahlungsanordnung sich mit den Raten begnügen - es sei denn, sie kann sich, wie im vorliegenden Fall, bei dem Gegner schadlos halten; dann hat sie - zunächst - auch von der Einforderung von Raten abzusehen. Nicht in § 122 Abs. 1 Nr. 1b) ZPO gemeint ist der Kostenerstattungsanspruch, welcher dem beigeordneten Rechtsanwalt nach § 126 ZPO gegen den Gegner seiner eigenen Partei zuwachsen kann. Soweit dieser auf die Staatskasse übergeht, kann er ohne Einschränkung geltend gemacht werden. Eine andere Auslegung wäre auch mit dem Sinn des § 123 ZPO nicht vereinbar: Wird einem Beteiligten auferlegt, die dem Gegner entstandenen Kosten zu erstatten, schützt sie auch die Bewilligung eigener Prozesskostenhilfe nicht vor dem Erstattungsanspruch des Gegners. Es kann dann aber keinen U...

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