Leitsatz (amtlich)

Zu den Anforderungen an die Erfolgsaussichten einer alternativen Behandlungsmethode bei unheilbarer Krankheit des Versicherungsnehmers für die Erstattungsfähigkeit der Behandlungskosten in der privaten Krankenversicherung (hier: § 4 Abs. 6 MB/KK 76).

 

Verfahrensgang

LG Baden-Baden (Urteil vom 26.08.2013; Aktenzeichen 1 O 1/09)

 

Tenor

I. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des LG Baden-Baden vom 26.8.2013 - 1 O 1/09 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass bei der Kostenentscheidung in Ziff. 2 der Zusatz "als Gesamtschuldner" entfällt.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger je zur Hälfte.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die angefochtene Entscheidung ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Erstattung von Krankheitskosten für die Behandlung der Klägerin Ziff. 1 im Zeitraum von Februar 2008 bis Juni 2013.

Der Kläger Ziff. 2 schloss im Jahr 1975 als Versicherungsnehmer mit der Beklagten eine Krankheitskostenversicherung ab. Versicherte Person ist seine Ehefrau, die Klägerin Ziff. 1. Im Versicherungsvertrag ist ein jährlicher Selbstbehalt von 2.000 EUR vereinbart, wobei bis zum Erreichen dieses Selbstbehalts von den erstattungsfähigen Aufwendungen jeweils 60 %, nach Erreichen des Selbstbehalts 100 % der Aufwendungen zu erstatten sind.

Die Klägerin Ziff. 1 leidet an einer B-chronischen lymphatischen Leukämie und als Folge an einer autoimmunen Pure-cell-Aplasie.

Im Jahr 2001 wurde bei der Klägerin Ziff. 1 eine Chemotherapie mit Fludarabin, im Jahr 2004 eine Chemotherapie mit Bendamustin durchgeführt. 2005 erfolgte eine Monotherapie mit Rituximab und 2006 eine Monotherapie mit Mab-Campath. Im Juli 2007 wurde die Pure-cell-Aplasie mit Cyclosporin A behandelt. Im April 2007 wurde eine Corticosteroidtherapie bei autoimmuner Thrombozytopenie in Kombination mit Rituximab durchgeführt. Im Juni 2007 erfolgte eine einmalige Gabe von Pentostatin, Cyclophosphamid und Rituximab. Wegen der Einzelheiten dieser Behandlungen wird Bezug genommen auf den Befundbericht der Stadtklinik B. vom 5.5.2008.

Die Klägerin Ziff. 1 ließ sich im Jahr 2002 nach der ersten Chemotherapie in der Naturheilpraxis des Herrn N. - damals noch Naturheilpraxis R./N. behandeln. Die hierfür angefallenen Kosten wurden durch die Beklagte erstattet.

Ab Januar 2007 führte die Klägerin Ziff. 1 ihre Behandlung in der Praxis N. fort. Dabei wurde eine Neuraltherapie nach H. durchgeführt. Ferner wurde versucht, einen unspezifischen Reiz zu setzen, um die Selbstheilungskräfte (Grundregulation nach Dr. P.) des Grundsystems zu mobilisieren und zu verstärken (Entgiftung). Wegen der Einzelheiten wird auf die vorgelegten Rechnungen und die Berichte der Naturheilpraxis N. Bezug genommen. Die Behandlung in der Praxis N. führte die Klägerin Ziff. 1 zunächst dreimal wöchentlich durch.

Im August 2007 stellte sich eine komplette Remission der Leukämie und der Pure-cell-Aplasie ein. Im September 2007 teilte die Beklagte dem Kläger Ziff. 2 Bedenken hinsichtlich der Übernahme der Kosten für das Mittel LaboLife mit; im Oktober 2007 teilte sie Bedenken hinsichtlich der Kostenübernahme für intravenös verabreichtes Vitamin C und für das Präparat Ridutox 600 mg mit. Im Januar 2008 teilte die Beklagte dem Kläger Ziff. 2 schließlich mit, dass sie für die Behandlungen der Klägerin Ziff. 1 in der Praxis N. zukünftig keine Zahlungen mehr leisten werde. Anfang 2013 reduzierte die Klägerin Ziff. 1 die Behandlungshäufigkeit in der Praxis N. auf eine Behandlung pro Woche. Im April 2013 kam es zu einer Verschlechterung des hämatologischen Befundes, weshalb die Klägerin Ziff. 1 erneut mit Chemotherapie behandelt wurde.

Bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz haben die Kläger die Kosten für die Behandlung der Klägerin Ziff. 2 in der Praxis N. im Zeitraum Februar 2008 bis einschließlich Dezember 2012 i.H.v. insgesamt 25.784,55 EUR geltend gemacht. Wegen der Einzelheiten wird auf die insoweit vorgelegten Rechnungen und Rezepte Bezug genommen.

Die Kläger haben in erster Instanz vorgetragen, es seien nicht nur die Mindestsätze des Gebührenverzeichnisses für Heilpraktiker (GebüH) als erstattungsfähig vertraglich vereinbart worden, die von der Klägerin geltend gemachten Rechnungen überschritten diese Mindestsätze nicht. Die von der Beklagten vorgelegten Tarifbedingungen seien nicht vereinbart worden. Mit einer Begrenzung der Vergütung auf den einfachen Satz des Gebührenverzeichnisses für Heilpraktiker müsse der Versicherte nicht rechnen, weshalb die entsprechende Klausel überraschend sei. Die Beklagte sei zur Erstattung der Kosten für die Behandlung in der Praxis N. verpflichtet, d...

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