Leitsatz (amtlich)

1. Auf die Vermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB kann sich der Besitzer als Unfallgeschädigter nicht berufen, wenn der Schädiger einfach bestreitet und der Geschädigte anschließend - trotz entsprechenden Hinweises nach § 139 ZPO - seiner sekundären Darlegungslast nicht genügt, weil er nicht zu den Umständen seines Besitz- und Eigentumserwerbs konkret und schlüssig vorträgt (in Abgrenzung zu OLG Hamm Urt. v. 11.6.2021 - 7 U 24/20, Ls. 1 [siehe insoweit unten]).

2. Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast im Hinblick auf den Wiederbeschaffungswert nicht, wenn er nicht zum konkreten Zustand des beschädigten Fahrzeugs unmittelbar vor dem Unfall, insbesondere zur Wertminderung durch Alt- / Vorschäden, vorträgt (in Abgrenzung zu OLG Hamm Urt. v. 11.6.2021 - 7 U 24/20, Ls. 6 [siehe insoweit unten]).

3. Ist der durch das Schadensereignis verursachte ersatzfähige Fahrzeugschaden - im Hinblick auf Alt- / Vorschäden - nicht hinreichend dargetan, ist ein entsprechend mangelbehaftetes Sachverständigengutachten nicht brauchbar, so dass kein Anspruch auf Ersatz der durch dessen Einholung entstandenen Kosten besteht.

 

Verfahrensgang

LG Bochum (Aktenzeichen I-5 O 424/18)

 

Tenor

Die Berufung ist durch nachfolgenden Beschluss vom 06.07.2021 zurückgewiesen worden.

Der Prozesskostenhilfeantrag des Klägers vom 15.09.2020 wird zurückgewiesen.

Eine Erstattung von außergerichtlichen Kosten findet nicht statt (§ 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO).

Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das am 18.05.2020 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Bochum (Az.: 5 O 424/18) durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.

Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

 

Gründe

I. Prozesskostenhilfe konnte nicht bewilligt werden.

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO), wie sich aus den folgenden Ausführungen ergibt.

II. Der Senat hält die Berufung des Klägers einstimmig für aussichtslos.

Nach § 513 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Solches zeigt die Berufungsbegründung nicht auf. Das landgerichtliche Urteil ist vielmehr nach einstimmiger Auffassung des Senats jedenfalls im Ergebnis zutreffend.

Das Landgericht hat das klageabweisende Versäumnisurteil zu Recht aufrechterhalten. Der zulässige Einspruch kann keinen Erfolg haben.

Im Einzelnen:

1. Es ist schon nicht feststellbar, dass der Kläger zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Unfallereignisses Eigentümer des beschädigten PKW BMW X5 gewesen ist.

Der Kläger trägt in Klageschrift selbst lediglich seine Haltereigenschaft vor und legt dazu einen rumänischen Fahrzeugschein vor (Bl. 236 d.A.). Die Eintragung des Klägers als Fahrzeughalter lässt aber keine tragfähigen Schlüsse auf die Eigentümerstellung des Klägers zu. Halter eines Kraftfahrzeugs ist, wer es für eigene Rechnung in Gebrauch hat und die Verfügungsgewalt besitzt, die ein solcher Gebrauch voraussetzt (vgl. Greger in: Greger/Zwickel, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 6. Aufl. 2021, Haftung des Kfz-Halters, Rn. 3.178 m.w.N.). Entscheidend bei der Haltereigenschaft ist nicht das Rechtsverhältnis am Kraftfahrzeug, insbesondere nicht die Frage, wer dessen Eigentümer ist; vielmehr ist maßgebend eine wirtschaftliche Betrachtungsweise, bei der es vor allem auf die Intensität der tatsächlichen, in erster Linie wirtschaftlichen Beziehung zum Betrieb des Kraftfahrzeuges im Einzelfall ankommt. In der Eintragung einer Person in der Zulassungsbescheinigung liegt kein Beweis für die Eigentümerstellung dieser Person, da bei Kraftfahrzeugen das Auseinanderfallen von Halter- und Eigentümer-Stellung gerade nicht untypisch ist (OLG Brandenburg, Urteil vom 20.11.2008 - 12 U 113/08, juris Rn. 8). Einen Eigentumserwerb hat der Kläger nicht belegt.

Der Kläger kann sich hinsichtlich seines Eigentums an dem beschädigten BMW auch nicht mit Erfolg auf die Vermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB berufen.

Zwar knüpft diese Vermutung an den bloßen Besitz an und es ist dann grundsätzlich Sache des Gegners, diese Vermutung zu widerlegen.

Dabei spricht es im Allgemeinen für die tatsächliche Sachherrschaft und damit den Besitz an einem Fahrzeug, wenn - wie hier - der Anspruchsteller mit Fahrzeug und Fahrzeugschlüssel von der herbeigerufenen Polizei angetroffen wird und er das beschädigte Fahrzeug später bei einem Kfz-Sachverständigen zur Begutachtung vorführt (Saarländisches Oberlandesgericht, Urteil vom 28.02.2013 - 4 U 406/11, juris Rn. 24). Aber auch, wenn man zugunsten des Klägers dessen Alleinbesitz an dem streitgegenständlichen BMW zur Unfallzeit unterstellt, scheidet letztlich eine erfolgreiche Berufung auf die Vermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB aus. Bestreitet der Prozessgegner nämlich den ...

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