Leitsatz (amtlich)

Wird im Hoffeststellungsverfahren die Hofeigenschaft im Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalls verneint, so ist gegen diese Entscheidung nur der potentielle Hoferbe beschwerdeberechtigt.

Zur Frage des Wegfalls der Hofeigenschaft aufgrund Auflösung der Betriebseinheit.

 

Normenkette

FamFG § 59; HöfeO § 1 Abs. 1; HöfeVfO § 11

 

Verfahrensgang

AG Bad Oeynhausen (Aktenzeichen 9 Lw 29/20)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 3) wird als unzulässig verworfen, die Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1) und 4) tragen die Beteiligten zu 2) und 3).

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 38.653,68 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten im Feststellungsverfahren gem. § 11 HöfeVfO um die Frage, ob es sich bei dem verfahrensgegenständlichen Hof im Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalls (16.09.2008) noch um einen Hof im Sinne der HöfeO handelte.

Der am 00.00.1929 geborene Erblasser und Onkel der Beteiligten B erwarb den im Grundbuch von A Blatt ... eingetragenen Hof im Wege der Hoferbfolge von seinem Vater und wurde am 01.04.1969 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Für den Hof ist seit dem 30.04.1948 ein Hofvermerk im Grundbuch eingetragen, nachdem der zuvor eingetragene Erbhofvermerk am gleichen Tag gelöscht worden war.

Der Erblasser bewirtschaftete den ca. 11 ha großen Hof im Nebenerwerb bis zum Jahr 1989, wobei er wenige Kühe und etwa 30 Schweine, zeitweise auch Schafe hielt und auf knapp 9 ha Ackerbau zum Zwecke der Futtergewinnung betrieb. Hauptberuflich ging der Erblasser einer Tätigkeit in einer Küchenfabrik nach.

Aufgrund einer zunehmenden Erblindung, die zu seiner Berufsunfähigkeit führte, stellte der Erblasser die eigene Bewirtschaftung des Hofes ein, nachdem er zuvor bereits nach und nach die Tierhaltung aufgegeben hatte, und verpachtete ab dem 01.10.1989 die zu bewirtschaftenden Acker- und Grünlandflächen in einer Größe von insgesamt ca. 8,8 ha für die Dauer von 10 Jahren an den benachbarten Landwirt Herrn C.

Unter § 10 des Pachtvertrages ist unter der Überschrift "Zusätzliche oder abweichende Vereinbarungen" u. a. geregelt, dass der Pächter sich verpflichtet, eine ca. 1,09 ha große Fläche unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Ende des Pachtjahres an den neuen Eigentümer herauszugeben, falls diese Fläche als Bauland verkauft werden könne. Wegen des genauen Wortlauts und der weiteren Regelungen wird auf die Ablichtung des Pachtvertrages vom 30.09.1989 (Bl. 57 ff.) Bezug genommen.

Nach Ablauf der vereinbarten Laufzeit des Pachtvertrages zum 30.09.1999 wurde dieser stillschweigend fortgesetzt.

Der ledige Erblasser verstarb zwischen dem 13. und 16.09.2008 kinderlos und ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung. Die beiden Schwestern des Erblassers, die Mutter der Beteiligten zu 1) und deren jüngere Schwester, die Mutter der Beteiligten zu 2) bis 4), waren in den Jahren 2001 und 2007 bereits vorverstorben.

Am 18.02.2009 erteilte das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - Bad Oeynhausen einen Erbschein hinsichtlich des hoffreien Vermögens, nach dem der Erblasser insoweit durch die Beteiligte zu 1) zu 1/2 und die Beteiligten zu 2) bis 4) zu je 1/6 beerbt worden ist. Ein Hoffolgezeugnis wurde zunächst nicht beantragt.

Im Juli 2013 bemühte sich das Grundbuchamt beim Amtsgericht Bad Oeynhausen um eine Klärung der Frage, wer Hoferbe des Erblassers geworden war, und wandte sich zu diesem Zweck an die Landwirtschaftskammer NRW und anschließend an das Landwirtschaftsgericht mit dem Ersuchen festzustellen, ob es sich bei dem verfahrensgegenständlichen Grundbesitz bei Eintritt des Erbfalls noch um einen Hof im Sinne der HöfeO gehandelt hat.

Aus diesem Grund holte das Landwirtschaftsgericht sodann eine Stellungnahme der Landwirtschaftskammer ein. In seiner Stellungnahme vom 25.10.2014 (Bl. 49 f.) teilte der seinerzeit bei der Landwirtschaftskammer beschäftigte Zeuge D nach einer Besichtigung des Hofes mit, dass es sich im weitesten Sinne um einen ruhenden Betrieb handele. Die Dächer, Fenster und Türen des Wohnhauses, die Stallungen und die Holzscheune seien weitestgehend intakt und benutzbar, nur das Rolltor der Holzscheune sei wartungsbedürftig. Nach einer Darlegung der vorhandenen landwirtschaftlichen Maschinen und der aktuellen Verpachtungssituation kam der Zeuge zu dem Ergebnis, dass eine Wiederaufnahme der Bewirtschaftung des Hofes bei Rückgabe des Pachtlandes entweder viehlos oder mit Mutter- oder Ammenkühen als Weidevieh denkbar und möglich sei. Die Hofeigenschaft könne nicht in Abrede gestellt werden.

Ende des Jahres 2018 beantragte die Beteiligte zu 2) bei dem Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - Bad Oeynhausen (9 Lw 37/18) die Erteilung eines Hoffolgezeugnisses zu ihren Gunsten. Die Beteiligten zu 1) und 4) traten diesem Antrag entgegen und stellten neben der Wirtschaftsfähigkeit der Beteilig...

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