Leitsatz (amtlich)

Ob die Hofeigenschaft bei einem Nebeneinander von land- bzw. forstwirtschaftlicher und gewerblicher Nutzung, wie bei dem Betrieb einer Golfplatzanlage neben der Forstwirtschaft, festgestellt werden kann, ist eine Frage des Einzelfalls, die zunächst von der Einordnung des Betriebs als gemischter Betrieb, Doppelbetrieb oder Nebenbetrieb abhängt.

Bei Vorliegen eines gemischten Betriebes ist die Höfeordnung dann anwendbar, wenn die Voraussetzungen, von denen die Hofeigenschaft abhängen, vorliegen und der land- oder forstwirtschaftliche Betriebsteil überwiegt. Ob der eine oder andere Betriebsteil überwiegt und den Gesamtbetrieb prägt, kann nur nach Abwägung aller in Betracht kommenden Umstände des Einzelfalls, die auf den Wert der Betriebsteile von Einfluss sind, beurteilt werden.

Die gewerbliche Nutzung überwiegt, wenn sie nach der Vorstellung des Erblassers und auch objektiv den dominierenden Betriebszweck darstellt, selbst wenn sie flächenmäßig nur einen geringen Teil des landwirtschaftlichen Grundbesitzes beansprucht.

 

Normenkette

HöfeO § 1

 

Verfahrensgang

AG Bielefeld (Aktenzeichen 117 Lw 2/17)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 3) bis 5) vom 06.01.2020 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Bielefeld vom 02.12.2019 dahingehend abgeändert, dass die Anträge der Beteiligten zu 1) vom 24.07.2017 und der Beteiligten zu 2) vom 17.01.2019 auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses zurückgewiesen werden.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 23.12.2019 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens in erster und zweiter Instanz einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 3) bis 5) werden den Beteiligten zu 1) und 2) auferlegt; darüber hinaus findet eine Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht statt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 6.000.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der am 00.00.1932 geborene und am 00.00.2015 verstorbene Erblasser D C war in erster Ehe verheiratet mit Frau E C. Aus dieser Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen, die Beteiligte zu 2) sowie ihr älterer Bruder F C. In zweiter Ehe war der Erblasser seit dem 00.00.1981 mit der Beteiligten zu 1) im Güterstand der Gütertrennung verheiratet, diese Ehe blieb kinderlos. Die Beteiligten zu 3) bis 5) sind die Kinder des Sohnes des Erblassers, die Beteiligten zu 6) und 7) sind die Kinder der Beteiligten zu 2).

Aus der Familie des Erblassers stammt der ursprünglich im Grundbuch des Amtsgerichts Bielefeld von G, Blatt Bl01, eingetragene Grundbesitz in einer Gesamtgröße von ca. 181 ha. Nach dem Tod seines Vaters übernahm der Erblasser, der den Beruf des Land- und Forstwirts ergriffen hatte, im Jahr 1953 den Grundbesitz, der etwa jeweils zur Hälfte aus landwirtschaftlicher Nutzfläche und Waldflächen bestand und für den seit dem 01.07.1949 ein Hofvermerk im Grundbuch eingetragen ist. Seinerzeit erfolgte eine Bewirtschaftung als Haupterwerbsbetrieb mit Ackerbau und Schweinehaltung, welche der Erblasser zunächst fortführte.

Im Jahr 1978 gab der Erblasser die Schweinezucht auf und widmete sich verstärkt dem Betrieb der bereits einige Jahre zuvor von ihm gegründeten und vom Hof aus betriebenen H I GmbH & Co. KG, einem Unternehmen zur industriellen Fischverarbeitung. In diesem Zusammenhang wurden einige der zuvor für die Schweinehaltung genutzten Gebäude auf der Hofstelle für die Zwecke der Fischverarbeitung umgebaut und anschließend durch das Unternehmen genutzt. Etwa zur gleichen Zeit nahm der Sohn des Erblassers auf dessen Anraten ein betriebswirtschaftliches Studium auf.

In den Folgejahren expandierte der Betrieb der Fischverarbeitung, von dem der Erblasser seinen Lebensunterhalt bestritt; es kamen später weitere Standorte im In- und Ausland hinzu. Im Jahr 1986 ließ der Erblasser auf den Hofflächen Produktionshallen und Kühlhäuser errichten. Drei Jahre später gab der Erblasser aus wirtschaftlichen Gründen die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen auf und verpachtete diese. Die vorhandenen landwirtschaftlichen Maschinen und Werkzeuge wurden anschließend verkauft.

Ab dem Jahr 1991 begann der Erblasser auf einer vormals landwirtschaftlich genutzten Fläche in einer Größe von etwas mehr als 60 ha mit der Errichtung eines 18-Loch-Golfplatzes. Zu diesem Zweck wurden die Flächen umfangreich umgestaltet, etwa durch die Anlegung von 10 Teichen und das Anpflanzen von 100.000 Bäumen.

Die übrigen landwirtschaftlichen Nutzflächen in einer Größe von ca. 23 ha wurden an einen benachbarten Landwirt verpachtet, der diese zunächst als Stilllegungsfläche nutzte. Zudem war jedenfalls etwa ein Drittel der verpachteten Fläche als mögliche Erweiterungsfläche für eine künftige Erweiterung des Golfplatzes auf 27 Loch vorgesehen; die hierzu erforderliche Genehmigung wurde gleichzeitig mit derjenigen für den tatsächlich errichteten Golfplatz beantragt und erteilt.

Etwa zur gleichen Zeit wurden Waldflächen in einer Größe von etwa 22 ha Teil eines Landschaft...

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