Leitsatz (amtlich)

1. § 1 GewSchG schützt die antragstellende Person davor, vorsätzlich und widerrechtlich von einer anderen Person an Körper und Gesundheit oder in ihrer Freiheit verletzt zu werden; durch diese Vorschrift wird die physische Integrität eines Menschen sowie seine körperliche Bewegungsfreiheit geschützt und ein Schutz vor psychischer Beeinträchtigung, die Krankheitswert besitzt, gewährt.

2. Demgegenüber wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht im Rahmen des Gewaltschutzgesetzes nicht als solches geschützt; für gerichtliche Anordnungen zum Schutz der anderen von § 823 Abs. 1 und 2 BGB erfassten Rechtsgüter gelten die Grundsätze der analogen Anwendung des Unterlassungsanspruchs aus § 1004 BGB, so dass sonstige unzumutbare Belästigungen, die nicht im Katalog der Rechtsgüter des § 1 GewSchG enthalten sind und sich als Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als sonstiges Recht i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB darstellen, nach allgemeinem Deliktsrecht mit Schadensersatz- und Unterlassungsansprüchen geahndet werden können.

 

Normenkette

GewSchG § 1; BGB §§ 823, 1004

 

Verfahrensgang

AG Warendorf (Aktenzeichen 9 F 52/11)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Beschwerdewert von 1000 EUR.

 

Gründe

Die Beschwerde der Antragstellerin ist gem. §§ 1 GewSchG, 214, 57 Nr. 5, 58 ff FamFG zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg und war deshalb zurückzuweisen. Denn das AG hat in zutreffender Weise den Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer vorläufigen Regelung nach § 1 des Gewaltsschutzgesetzes im Wege der einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Die Beschwerdebegründung der Antragstellerin bietet dem Senat keine Veranlassung, von den Erwägungen des AG, die zu der Zurückweisung ihres Antrages geführt haben, abzuweichen, worauf der Senat die Beteiligten bereits durch Verfügung vom 18.4.2011 hingewiesen hat. Zudem hat der Senat die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Verfahrenskostenhilfe versagenden Beschluss des AG durch Beschluss vom 30.3.2011 zurückgewiesen und auch in diesem Beschluss darauf verwiesen, dass eine erfolgversprechende Rechtsverfolgung der Antragstellerin in diesem Verfahren nicht gegeben sei. An dieser Einschätzung hat sich nichts geändert.

Soweit die Antragstellerin sich dagegen wendet, dass der Antragsgegner mit ihr unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln Kontakt aufgenommen habe, ist darauf zu verweisen, dass zwischen den Beteiligten bereits ein Verfahren vor dem AG Warendorf anhängig war, in dem sich der Antragsgegner durch Vergleich vom 17.12.2010 verpflichtet hat, dies zu unterlassen. Bei Verstößen gegen diese Unterlassungsverpflichtung kann die Antragstellerin gem. §§ 86,95 Abs. 1 Nr. 4 FamFG, 794 Abs. 1 Nr. 1,890 ff ZPO die Zwangsvollstreckung gegen den Antragsgegner zur Durchsetzung der Unterlassungsverpflichtung betreiben, so dass es an einem Regelungsbedürfnis für eine erneute dahingehende Regelung durch Erlass einer einstweiligen Anordnung fehlt. Deshalb kann die Antragstellerin keine - erneute - Regelung nach § 1 des Gewaltsschutzgesetzes unter Bezugnahme auf die - entsprechend ihrer Behauptung - durch den Antragsgegner am 17.12.2010 und 16.1.2011 an sie übersandten 2 SMS beanspruchen, ebenso nicht im Hinblick auf die behaupteten Versuche des Antragsgegners, über Internet Kontakt zu ihr aufzunehmen.

Aus dem weiteren Vorbringen der Antragstellerin ergeben sich jedoch keine Handlungen des Antragsgegners, die unter § 1 des Gewaltsschutzgesetzes fallen und somit eine einstweilige Anordnung gem. § 214 FamFG nach sich ziehen können. § 1 GewSchG schützt die antragstellende Person davor, vorsätzlich und widerrechtlich von einer anderen Person an Körper und Gesundheit oder in ihrer Freiheit verletzt zu werden. Durch diese Vorschrift wird die physische Integrität eines Menschen sowie seine körperliche Bewegungsfreiheit geschützt und ein Schutz vor psychischer Beeinträchtigung, die Krankheitswert besitzt, gewährt. Demgegenüber wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht im Rahmen des Gewaltsschutzgesetzes nicht als solches geschützt; für gerichtliche Anordnungen zum Schutz der anderen von § 823 I und II BGB erfassten Rechtsgüter gelten die Grundsätze der analogen Anwendung des Unterlassungsanspruchs aus § 1004 BGB, so dass sonstige unzumutbare Belästigungen, die nicht im Katalog der Rechtsgüter des § 1 GewSchG enthalten sind und sich als Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als sonstiges Recht i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB darstellen, nach allgemeinem Deliktsrecht mit Schadensersatz- und Unterlassungsansprüchen geahndet werden können (vergleiche Palandt/Brudermüller, BGB, 70. Aufl. 2011, § 1 GewSchG Rz. 4). Aus den vorgelegten Briefen des Antragsgegners ergeben sich keine Drohungen; auch wird nicht angekündigt, gegen den Willen der Antragstellerin deren Wohnung betreten zu wollen. Soweit sich in der Zusendung dieser Briefe ein Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung aus der zwischen den Beteili...

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