Leitsatz (amtlich)
Zum qualifizierten Rotlichtverstoß, wenn der Betroffene geltend macht, er sei durch die Sicht auf die Lichtzeichenanlage durch Sonnenblendung verhindert gewesen.
Verfahrensgang
Tenor
Das angefochtene Urteil wird nebst den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Bielefeld zurückverwiesen.
Gründe
I.
Der Betroffene ist durch Urteil des Amtsgerichts Bielefeld vom 08. 01. 2001 wegen fahrlässiger Nichtbefolgung eines Wechsellichtzeichens zu einer Geldbuße von 150, 00 DM verurteilt worden.
Das Amtsgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
"Der zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung 28-jährige Betroffene fuhr am 20. 04. 2000 in Bielefeld unter anderem die Bodelschwinghstraße/Hauptstraße. Es war gegen ca. 15: 29 Uhr und die Sonne schien. Im Kreuzungsbereich zur Hauptstraße überfuhr der Betroffene die dortige Kreuzungsampel, obwohl sie seit mehr als einer Sekunde Rot zeigte. Er bog nach rechts ab, als die Kamera auslöste. Vor dem Betroffenen fuhr ein Transporter, der wegen die Straße überquerender Fußgänger plötzlich anhielt. Damit hatte der Betroffene nicht gerechnet, da die Ampel für die Fußgänger zu diesem Zeitpunkt bereits Rot zeigte. Als der Transporter vor dem Betroffenen losfuhr fuhr auch der Betroffene weiter. Die an dieser Kreuzung sich befindliche Rotlichtkamera löste erstmalig aus, als der Betroffene jenseits der Haltelinie stand und eine Zeit von 2, 24 Sekunden nach Umspringen auf Rot vergangen war. Ein weiteres Mal löste die Kamera aus, als der Betroffene sich unmittelbar im Rechtsabbiegevorgang befand. Zu diesem Zeitpunkt waren etwa 2, 84 Sekunden vergangen. "
Das Amtsgericht hat den Betroffenen eines fahrlässigen qualifizierten Rotlichtverstoßes gemäß §§ 37 Abs. 2, 49 Abs. 3 Nr. 2 StVO, 24 StVG für schuldig befunden. Es ist von einem atypischen qualifizierten Rotlichtverstoß ausgegangen und hat die verhängte Geldbuße von 150, 00 DM wie folgt begründet:
"Der Betroffene hielt sich im von der Ampel geschützten Fußgängerbereich auf, als der Blitz auslöste. Zuvor war er bei Grün in die Kreuzung gefahren. Er hat sich somit offensichtlich um ein verkehrsgerechtes Verhalten bemüht und hatte den Bereich räumen wollen, als der Kastenwagen vor ihm seine Fahrt fortgesetzt hat.
Selbst wenn man nunmehr die Begründung der Staatsanwaltschaft liest, dass der Betroffene bereits bei Rot auf Grund der von der Stadt vorgelegten Daten in die Kreuzung hingefahren sein soll, ist zu Gunsten des Betroffenen zu berücksichtigen dass, wie aus den Photos ersichtlich starker Sonnenschein herrschte und der Betroffene wie er auch eingeräumt hat, in jedem Fall geblendet worden ist. Insoweit erscheint dann aber die Herabsetzung auf 150, 00 DM ausreichend zur Ahndung des qualifizierten Rotlichtverstoßes. Ebenso wurde von der Verhängung des Fahrverbotes abgesehen. Angesichts der Umstände - vor ihm fahrendes Fahrzeug, jedenfalls aber auch starker Sonnenschein - ist das Verhalten des Betroffenen nicht als grob rücksichtslos zu bewerten. Hierbei hat das Gericht auch berücksichtigt, dass der Betroffene andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährdet hat. "
Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Bielefeld. Sie rügt eine Verletzung materiellen Rechts und macht geltend, die Annahme des Amtsgerichts, der Betroffene sei bei Grünlicht in den Kreuzungsbereich eingefahren, sei nicht haltbar. Aus den beiden Lichtbildern der Rotlichtüberwachungskamera ergebe sich nämlich, dass der Betroffene in dem Zeitraum von 0, 6 Sekunden, der zwischen den beiden Photos liege, etwa eine Wagenlänge und damit eine Strecke von 3, 31 m zurückgelegt habe, woraus sich eine Geschwindigkeit des Fahrzeugs des Betroffenen von mindestens 20 km/h errechne. Aus dem Stand hätte das Fahrzeug des Betroffenen eine solche Geschwindigkeit nur dann erreichen können, wenn es ca. 4 m vor der ersten Kontaktschleife gestanden und einen Kavaliersstart mit einer Beschleunigung von 4, 0 m/sec2 absolviert hätte. Durch die beiden Lichtbilder sei vielmehr erwiesen, dass der Betroffene, nachdem die Ampel bereits 2, 24 Sekunden Rotlicht gezeigt habe, mit einer Geschwindigkeit von 20 km/h in den Kreuzungsbereich eingefahren sei. Die Herabsetzung der Regelgeldbuße und das Absehen von der Verhängung des Regelfahrverbotes seien daher rechsfehlerhaft, zumal auch die von dem Amtsgericht herangezogene Blendwirkung der Sonne keinen Umstand darstelle, der das Verhalten des Betroffenen in einem milderen Licht erscheinen ließe. Das gleiche gelte, soweit das Amtsgericht darauf abgestellt habe, dass es zu einer konkreten Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer nicht gekommen sei. Denn ein qualifizierter Rotlichtverstoß gemäß Ziffer 34. 2 der Anlage zu § 1 Abs. 1 BKatV, der dem Betroffenen vorgeworfen sei, setze eine solche Gefährdung nicht voraus.
Die Generalstaatsanwaltschaft ist der Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Biele...