Leitsatz (amtlich)

Zum Vorliegen der Erbunwürdigkeitsgründe des § 2339 BGB.

 

Normenkette

BGB § 2339

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 23.12.2009; Aktenzeichen 2/25 O 337/07)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23.12.2009 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 357.500 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger ist der Sohn (aus erster Ehe) des am ... 2006 verstorbenen X (im Folgenden: Erblasser), bei der Beklagten handelt es sich um die zweite Ehefrau/Witwe des Erblassers.

Mit der am 21.8.2007 bei Gericht eingereichten Klage vom 20.8.2007 macht der Kläger gegen die Beklagte deren Erbunwürdigkeit geltend. Zustellung dieser Klage an die Beklagte erfolgte am 30.11.2007.

Aus der ersten Ehe des Erblassers ist neben dem Kläger ein weiterer Sohn (A) hervorgegangen; die Tochter B ist hingegen nicht aus der zweiten Ehe des Erblassers mit der Beklagten hervorgegangen, sondern wurde durch den Erblasser adoptiert. Sämtliche Kinder erklärten im Rahmen eines notariellen Vertrages vom ... 1987, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 13 ff. d.A.) im Hinblick darauf, dass der Erblasser und die Beklagte sich wechselseitig als Erben eingesetzt hatten und Erben des überlebenden Ehegatten die Kinder zu je einem Drittel sein sollten, den Verzicht auf ihr Pflichtteil.

Zu diesem Zeitpunkt existierte ein - im Verfahren nicht vorgelegter - Erbvertrag des Erblassers und der Beklagten vom 15.3.1972, der am ... 1987 durch die Benennung von Testamentsvollstreckern ergänzt wurde (Bl. 11 f. d.A.).

Am 24.6.1999 schlossen der Erblasser und die Beklagte einen neuen Erbvertrag (vorgelegt im Parallelverfahren des Senats, Az. 21 U 10/10, dort Bl. 34ff d.A.), wonach der Erblasser und die Beklagte sich zwar weiterhin gegenseitig als Erben einsetzten, Erbin des Überlebenden aber nunmehr allein die Tochter B sein sollte.

Zur Behandlung einer psychischen Erkrankung (Depressionen) befand sich der Erblasser von September 1999 bis September 2000 stationär in einer psychiatrischen Klinik. Nach vorübergehender Rückkehr nach Hause hielt er sich seit Mai 2001 im Seniorenheim "Y" in O1 auf, wobei die Parteien darüber streiten, ob dieser Aufenthalt dem Wunsch des Erblassers entsprach.

Ein zwischenzeitlich bezüglich der Person des Erblassers eingeleitetes Betreuungsverfahren endete durch Beschluss des OLG Frankfurt am Main vom 10.9.2004 (Az. 20 W 426/04), mit dem eine im Wege der einstweiligen Anordnung angeordnete vorläufige Bestellung eines Betreuers aufgehoben wurde; wegen der Einzelheiten wird auf den vorgenannten Beschluss Bezug genommen (Bl. 266 ff. d.A.).

Am 11.10.2004 schlossen der Erblasser und die Beklagte einen notariellen Vertrag zur Übertragung des gesamten Vermögens des Erblassers auf die Beklagte, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 135 ff. d.A.).

Seit 1.7.2006 hielt sich der Erblasser im Seniorenheim "Z" in O1 auf. Nach einer am 15.8.2006 durchgeführten Operation wegen eines kurz zuvor diagnostizierten Darmkarzinoms verstarb er am ... 2006.

Zur Begründung der Erbunwürdigkeitsklage hat der Kläger vorgetragen, die Beklagte habe zu Rechtsanwalt RA1, bei dem es sich - unstreitig - seit 1997 um einen Freund und Berater der Familie gehandelt habe, im Jahr 1999/2000 eine ehewidrige Liebesbeziehung aufgenommen. Sie habe deshalb zunächst versucht, eine Rückkehr des Erblassers in den eigenen Haushalt nach Beendigung des Klinikaufenthaltes zu verhindern. Nach der dennoch erfolgten Rückkehr habe sie gegen den Willen des Erblassers veranlasst, dass dieser im Mai 2001 zunächst in das Seniorenheim "Y" in O1 aufgenommen wurde, obwohl bei der Inanspruchnahme von Pflegekräften auch eine Betreuung des Erblassers im eigenen Hause habe gewährleistet werden können. Im Zuge des Heimaufenthaltes selbst habe die Beklagte dafür Sorge getragen, dass der Erblasser weit gehend isoliert geblieben sei; sie habe seine Post in Empfang genommen und die Besuche des Erblassers durch entsprechende Anordnungen gegenüber dem Pflegepersonal untersagt bzw. die Zulassung des Besuchs von ihrer eigenen Zustimmung abhängig gemacht. Der Erblasser sei dadurch vereinsamt und psychisch krank geworden.

Die Beklagte habe es ferner trotz der seit längerem von Seiten des Erblassers geäußerten Schmerzen im Bauchraum unterlassen, eine fachärztliche Klärung herbeizuführen, insgesamt sei die notwendige medizinische Betreuung des Erblassers nicht veranlasst worden. Dies habe zu Siechtum des Erblassers geführt und sein Leben um Jahre verkürzt, da er nur wegen der unterbliebenen medizinischen Behandlung am nich...

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