Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterscheidung Auskunfts- und Wertermittlungsanspruch nach § 2314 I BGB

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Auskunftsanspruch nach § 2314 Abs. 1 BGB ist vom Anspruch auf Wertermittlung nach § 2314 Abs. 1 Satz 2 BGB zu unterscheiden. Der Wertermittlungsanspruch setzt voraus, dass zunächst die Zugehörigkeit eines Gegenstandes zum - realen oder fiktiven - Nachlass nachgewiesen ist.

2. Wird ein Verfahren wegen Vorgreiflichkeit eines anderen Rechtsstreits nach § 148 ZPO ausgesetzt, so endet die Hemmung der Verjährung entsprechend § 204 Abs. 2 BGB sechs Monate nach Rechtskraft der Entscheidung über das vorgreifliche Verfahren. Wird das Verfahren vor Ablauf der Verjährungsfrist von Amts wegen weiter betrieben, tritt eine erneute Hemmung auch ohne zusätzliches Betreiben durch die Parteien i.S.d. § 204 Abs. 2 Satz 3 BGB ein.

 

Normenkette

BGB § 204 Abs. 2 S. 3, § 2314 Abs. 1 S. 2; ZPO § 148

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 30.12.2009; Aktenzeichen 2-17 O 116/09)

BGH (Aktenzeichen IV ZR 269/12)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil des LG Frankfurt/M. vom 30.12.2009 - 2/17 O 116/09 - insoweit aufgehoben, als die Beklagte unter Ziff. 3. letzter Halbsatz verurteilt wurde, gegebenenfalls den Wert der Unternehmen und Immobilien durch Sachverständigengutachten zu ermitteln.

Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

Dieses Urteil und das Urteil des LG - soweit es nicht aufgehoben wurde - sind vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil durch Sicherheitsleistung in Höhe 11.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger macht im Wege der Stufenklage Pflichtteilsansprüche nach seinem Vater, dem am ... 08.2006 verstorbenen ... A, geltend.

Der Erblasser war in zweiter Ehe mit der Beklagten verheiratet. Die Eheleute A hatten sich zunächst gegenseitig als Erben und den Kläger und seine Geschwister als Schlusserben eingesetzt. "Im Hinblick darauf" schlossen der Erblasser und die Beklagte am ... 10.1987 mit dem Kläger, seinem Bruder und deren Halbschwester ... A-B einen notariellen Pflichtteilsverzichtsvertrag. Wegen des genauen Wortlautes dieses Vertrages wird auf Bl. 31 ff. d.A. Bezug genommen. Mit weiterem Erbvertrag vom ... 06.1999 setzten sich der Erblasser und die Beklagte gegenseitig als Erben ein und bestimmten die gemeinsame Tochter ... A-B als Schlusserbin. Mit notariellem Vertrag vom ... 10.2004 (Bl. 87 ff. d.A.) hat der Erblasser sein gesamtes Vermögen, darunter umfangreichen Grundbesitz, an die Beklagte übertragen.

Mit der vorliegenden Klage, die am 21.8.2007 eingereicht wurde, nimmt der Kläger die Beklagte im Wege der Stufenklage auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses, Schenkungen und sonstige Zuwendungen durch den Erblasser in den letzten 10 Jahren sowie Wertermittlung in Anspruch; hinsichtlich der zweiten und dritten Stufe werden Anträge auf eidesstattliche Versicherung und Ansprüche auf Auszahlung des Pflichtteiles angekündigt.

Gleichzeitig hatte der Kläger gegen die Beklagte Klage auf Feststellung ihrer Erbunwürdigkeit erhoben.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ein Pflichtteil zu, weil er infolge des neuen Erbvertrages des Erblassers und der Beklagten, in dem die Tochter als alleinige Schlusserbin eingesetzt wurde, nicht mehr an seinen mit Vertrag vom ... 10.1987 erklärten Pflichtteilsverzicht gebunden sei. Er hat weiter behauptet, bei der Vermögensübertragung vom ... 10.2004 habe es sich um eine gemischte Schenkung gehandelt.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Pflichtteilsverzicht des Klägers sei wirksam und bindend. Im Übrigen hat sie behauptet, der Nachlass sei "leer". Auch habe es sich bei dem Vermögensübertragungsvertrag nicht um eine Schenkung gehandelt, weil dem Wert der übertragenen Gegenstände eine entsprechende Gegenleistung (u.a. durch Übernahme wertausfüllender Belastungen) gegenüber gestanden habe. Sie hat ferner die Einrede der Verjährung erhoben.

Das LG hat die Beklagte mit dem angefochtenen Teilurteil antragsgemäß zur Erteilung der Auskunft über den Bestand des Nachlasses, die vorgenommenen Schenkungen sowie Mitteilung der erforderlichen Informationen zu den aufgeführten Immobilien und Unternehmen sowie gegebenenfalls zur Einholung von Sachverständigengutachten zur Ermittlung des Wertes der Unternehmen und Immobilien verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der mit Urkunde vom ... 10.1987 erklärte Pflichtteilsverzicht des Klägers aufschiebend bedingt durch seine anteilige Erbeinsetzung als Schlusserbe gewesen sei.

Gegen dieses ihr am 7.1.2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 28.1.2010 Berufung eingelegt und diese innerhalb verlängerter Frist am 8.4.2010 begründet.

Der zunächst zuständige 21. Zivilsenat hat mit Beschluss vom 29.10.2010 das vorliegende Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung des über die Erbunwürdigkeit der Beklagten anhängigen...

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