Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung des Nießbrauchers

 

Leitsatz (amtlich)

Die Haftung des Nießbrauchers kann auf Grund des sachenrechtlichen Typenzwangs nicht mit dinglicher Wirkung auf die eigenübliche Sorgfalt beschränkt werden, da sie dazu führen könnte, dass statt objektiver Kriterien für die Verpflichtung des Nießbrauchers, mit dem nießbrauchsbelasteten Grundbesitz nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft zu verfahren, die im Einzelfall zu ermittelnde Eigensorgfalt des Nießbrauchers maßgeblich wäre.

 

Normenkette

BGB §§ 277, 1036 Abs. 2, § 1050

 

Verfahrensgang

AG Wiesbaden (Beschluss vom 01.10.2013)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Beschwerdewert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

In seiner UR-Nr .../2013 vom 15.3.2013 (Fol. 13/1 d.A.) hat der Verfahrensbevollmächtigte im Zusammenhang mit dem Erwerb des betroffenen Grundstücks durch eine von den Antragstellern und deren Kindern gebildeten GbR in § 8 der Urkunde eine Nießbrauchsbestellung zugunsten der Antragsteller protokolliert. Für diesen Nießbrauch gelten vereinbarungsgemäß die gesetzlichen Bestimmungen u.a. mit der Besonderheit, dass die Berechtigten bei Ausübung ihres Nießbrauchs nur die Sorgfalt schulden, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen.

Weiter wird in § 8 der Urkunde die Eintragung des Nießbrauchs für die Antragsteller - als Gesamtberechtigte gem. § 428 BGB - bewilligt und beantragt mit der Maßgabe, dass zu Lebzeiten beider Berechtigter nur an beide gemeinsam geleistet werden kann und der überlebende Eheteil alleinberechtigt ist, wobei auch ein Löschungserleichterungsvermerk eingetragen werden sollte.

Der Verfahrensbevollmächtigte hat unter dem 13.5.2013 außer der Eintragung des Eigentumswechsels die Eintragung des Nießbrauchsrechts beantragt.

Die Grundbuchrechtspflegerin hat mit Zwischenverfügung vom 1.10.2013 die zu dem Verschuldensmaßstab getroffene Regelung moniert im Hinblick darauf, dass die Bestimmungen zu §§ 1036, 1050 BGB als unabdingbar angesehen werden und deshalb die Regelung, dass bei der Ausübung des Nießbrauchs die Berechtigten nur die Sorgfalt schuldeten, die sie in eigenen Dingen anzuwenden pflegten, nicht als dinglicher Inhalt des Rechts eingetragen werden könne. Daher werde die Vorlage einer Ergänzungserklärung in der Form des § 29 GBO verlangt, mit der die Bewilligung zur Eintragung des Nießbrauchs entsprechend geändert werde.

Dagegen richtet sich die am 4.10.2013 eingelegte Beschwerde, mit der die Auffassung vertreten wird, dass der für den Nießbraucher geltende normale Sorgfaltsmaßstab des § 276 BGB mit dinglicher Wirkung abbedungen werden könne. Der pauschale Hinweis auf die Unabdingbarkeit der Vorschriften der §§ 1036, 1050 BGB reiche zur Rechtfertigung eines Verbots der dinglichen Abänderung des Sorgfaltsmaßstabs nicht aus. Es fehle ein gesetzliches Verbot, den Pflichtenkreis des Nießbrauchers dem Maßstab des § 277 BGB zu unterstellen. Auch werde durch eine Regelung wie die streitgegenständliche nicht in den Wesenskern der Verpflichtungen des Nießbrauchers eingegriffen. Weiter wird in der Beschwerdebegründung auf ein Gutachten des Deutschen Notarinstituts vom 21.6.2007 Bezug genommen.

Die Grundbuchrechtspflegerin hat mit Beschluss vom 12.11.2013 der Beschwerde "des Notars X" nicht abgeholfen und die Nichtabhilfe unter Berufung auf die Entscheidung des KG vom 11.4.2006 - 1 W 609/03 = DNotZ 2006, 470 = ZMR 2007, 36 damit begründet, dass bei der Regelung des Nießbrauchs die Substanzerhaltung wesentlich sei. Diese verlange die Geltung objektiver Kriterien, während bei der Zulassung subjektiver Maßstäbe wie der Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten die Gefahr bestehe, dass die Substanz gerade nicht in dem Maße erhalten bleibe, wie dies objektiv zu fordern sei. Auch spreche die Geltung der Rechtsverhältnisse des Sachenrechts auch gegenüber Dritten wie auch der Grundsatz des Typenzwangs im Sachenrecht für die Unabdingbarkeit gesetzlicher Regelungen.

Der Verfahrensbevollmächtigte hat in seiner Stellungnahme zur Nichtabhilfe klargestellt, dass die Beschwerde namens der Nießbrauchsberechtigten eingelegt wurde. Er hat an seiner Auffassung festgehalten und darauf verwiesen, dass durch die Milderung des Haftungsmaßstabs keine Abänderung des § 1050 BGB erfolgt sei. Auch werde nicht in § 1036 Abs. 2 BGB eingegriffen, da die Erhaltungspflichten des Nießbrauchers nicht gänzlich ausgeschlossen würden und daher der Kern des Nießbrauchsrechts nicht betroffen sei. Er verweist weiter darauf, dass dem Nießbraucher auch eine Reihe von Pflichten erlassen werden könnten, die ebenfalls grundsätzlich zu den Regeln der ordnungsgemäßen Wirtschaft gehörten.

Die gem. §§ 71 Abs. 1, 73 GBO zulässige Beschwerde, die entgegen der Tenorierung in dem Nichtabhilfebeschluss nicht von dem dazu nicht befugten Notar in eigenem Namen (vgl. Demharter: GBO, 28. Aufl., § 15 Rz. 20), sondern klarstellend namens der Nießbrauchsberech...

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