Leitsatz (amtlich)

Einer Vereinbarung, nach der der Berechtigte bei Ausübung seines Nießbrauchs nur die Sorgfalt, die er in eigenen Dingen anzuwenden pflegt, schuldet, kommt keine dingliche Wirkung zu und sie kann daher nicht in das Grundbuch eingetragen werden.

 

Normenkette

BGB §§ 277, 1036 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Schwabach (Aktenzeichen RB-2007-3)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts - Grundbuchamt - Schwabach vom 17.09.2021, Az. RB-2007-3, wird zurückgewiesen.

2. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 125.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind als Eigentümer zu je 1/2 des Grundstücks ... und verschiedener Miteigentumsanteile an den Fl.Nr. ..., ..., ..., ... und ... im Grundbuch des Amtsgerichts Schwabach von ..., Blatt ..., eingetragen. Mit Überlassungsvertrag vom 28.07.2021, URNr. ..., überließen sie diese an die Beteiligte zu 3 und bewilligten und beantragten, die Rechtsänderung in das Grundbuch einzutragen. Als Gegenleistung ist u.a. unter Ziffer III 1. des Vertrages ein Vorbehaltsnießbrauch zugunsten der Übergeber auf Lebensdauer vereinbart:

"Für den Nießbrauch gelten die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 1030ff BGB. Hiernach sind die Berechtigten befugt, den Vertragsbesitz voll zu nutzen. Sie haben andererseits alle wiederkehrenden und in Abänderung der gesetzlichen Bestimmungen auch die dem Eigentümer obliegenden außergewöhnlichen privaten und öffentlichen Lasten und Abgaben sowie die außergewöhnlichen Ausbesserungen und Erneuerungen zu bezahlen.

Der Berechtigte schuldet bei Ausübung seines Nießbrauchs nur die Sorgfalt, die er in eigenen Dingen anzuwenden pflegt.

Die Vertragsteile bewilligen und beantragen die Eintragung des vorbehaltenen Nießbrauchs in das Grundbuch an nächstoffener Rangstelle, ..."

Mit Schreiben vom 05.08.2021 beantragte der Urkundsnotar den Vollzug aller in der Urkunde gestellten und noch nicht erledigten Anträge.

Die zuständige Rechtspflegerin des Amtsgerichts - Grundbuchamt - Schwabach teilte am 19.08.2021 mit, dass die Regelung hinsichtlich der Sorgfaltspflicht des Nießbrauchers nicht eintragbar sei. Der Urkundsnotar führte mit Schreiben vom 09.09.2021 unter Bezugnahme auf Kommentarliteratur aus, die genannte Vereinbarung sei möglich.

Mit Zwischenverfügung vom 17.09.2021 teilte das Amtsgericht - Grundbuchamt - Schwabach mit, dass der Eintragung ein Hindernis entgegenstehe. Gemäß § 1041 S. 1 BGB habe der Nießbraucher für die Erhaltung der ihm überlassenen Sache in ihrem wirtschaftlichen Bestand zu sorgen. Nach § 1036 Abs. 2 BGB obliege ihm die Pflicht, bei der Ausübung des Nutzungsrechts die bisherige wirtschaftliche Bestimmung der Sache aufrechtzuerhalten und nach den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft zu verfahren. Nach einhelliger Ansicht sei diese Bestimmung nicht mit dinglicher Wirkung abdingbar. Überdies wäre der genaue Inhalt des dinglichen Nutzungsrechtes nur durch tatsächliche Ermittlungen feststellbar. Die Eintragungsfähigkeit einer Haftungsbeschränkung des Nießbrauchers auf Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten sei daher abzulehnen. Zur Behebung des Hindernisses könne bis 17.10.2021 eine Erklärung der Beteiligten in der Form des § 29 GBO vorgelegt werden, mit der der Bewilligungsinhalt entsprechend geändert werde.

Hiergegen legte der Urkundsnotar im Namen der Beteiligten Beschwerde ein. § 1036 Abs. 2 BGB sei zwar nicht mit dinglicher Wirkung abdingbar, aber die Haftung des Nießbrauchers könne auf die Sorgfalt nach § 277 BGB begrenzt werden. Im Hinblick auf die Subjektivität der wirtschaftlichen Zweckbestimmung könnten die Pflichten des Nießbrauchers modifiziert werden. Dadurch werde der Wesenskern des Nießbrauchs nicht berührt. Dies diene auch dem Ziel der Streitvermeidung.

Das Amtsgericht - Grundbuchamt - Schwabach half der Beschwerde unter Bezugnahme auf die Gründe in der Entscheidung vom 17.09.2021 mit Beschluss vom 13.10.2021 nicht ab.

II. Das gegen die Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO gerichtete Rechtsmittel ist als unbeschränkte Beschwerde (§ 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO) statthaft und auch im Übrigen zulässig, § 73 GBO.

Die Beschwerde hat aber in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Grundbuchamt die Vorlage einer Ergänzungserklärung gefordert, mit der der Bewilligungsinhalt im Hinblick auf Ziffer III.1. des notariellen Vertrages vom 28.07.2021 geändert wird. Der Erlass einer Zwischenverfügung zur Einschränkung des Eintragungsantrags hinsichtlich einer nicht eintragungsfähigen Nebenbestimmung war zulässig (Demharter, GBO, 32. Auflage, § 18 Rn. 27). In der Sache ist sie auch berechtigt, da die in Ziffer III.1. des Vertrages enthaltene Regelung, dass der Berechtigte bei Ausübung seines Nießbrauchs nur die Sorgfalt, die er in eigenen Dingen anzuwenden pflegt, schuldet, nicht mit dinglicher Wirkung in das Grundbuch eingetragen werden kann.

Da die Pflicht zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung neben der Pflicht zur Substanzerhaltung zu den Kernregelungen des Nießbrauchs zä...

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