Leitsatz (amtlich)

Bei der Bestellung eines Verfahrenspflegers für ein minderjähriges Kind in einem Verfahren über das Umgangsrecht ist nicht maßgeblich auf den Interessengegensatz der Eltern abzustellen, sondern darauf, ob die gegenüber den Interessen der Eltern eigenständigen Interessen des Kindes ungenügend wahrgenommen werden.

 

Normenkette

FGG § 50 Abs. 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

AG Velbert (Beschluss vom 30.08.1999; Aktenzeichen 2 F 111/99)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluß des Amtsgerichts – Familiengerichts – Velbert vom 30.08.1999 aufgehoben.

 

Gründe

Die allein sorgeberechtigte Mutter wehrt sich dagegen, daß das Amtsgericht den drei gemeinschaftlichen Kindern im vorliegenden Umgangsrechtsabänderungsverfahren einen Verfahrenspfleger beigeordnet hat.

Ihre gemäß § 19 FGG zulässige Beschwerde hat Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.

Die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Verfahrenspflegers nach der hier allein in Betracht kommenden Verfahrensvorschrift (§ 50 Abs. 2 Nr. 1 FGG) liegen nicht vor und ergeben sich insbesondere nicht aus den vom Amtsgericht in seinem Nichtabhilfebeschluß vom 27.09.1999 angestellten Erwägungen. Das Gesetz bejaht die Erforderlichkeit der Pflegerbestellung, wenn das Interesse des Kindes zu dem „seiner gesetzlichen Vertreter” in erheblichem Gegensatz steht. Daraus ist zu folgern, daß für die Pflegerbestellung maßgeblich nicht auf den Interessengegensatz der Eltern abzustellen ist, sondern darauf, daß die gegenüber den Interessen der Eltern eigenständigen Interessen der Kinder ungenügend wahrgenommen werden. Hiervon wird regelmäßig erst dann auszugehen sein, wenn eine Frontstellung zwischen den Kindern einerseits und den Eltern andererseits festzustellen ist. Solange sich aber der geäußerte Wille der Kinder mit dem Antragsanliegen eines Elternteils deckt, bedarf es allein aufgrund der kontradiktorischen Anträge der Eltern im Regelfall keines Verfahrenspflegers für das Kind (vgl. OLG Frankfurt, FamRZ 1999, 1293, 1294). Eine andere Betrachtung ist selbst dann nicht angebracht, wenn zwischen den Eltern – wie im vorliegenden Fall – erhebliche Spannungen bestehen, solange nur dem erkennbar gewordenen Anliegen der Kinder durch die Rechtsverfolgung zumindest eines Elternteils hinreichend Rechnung getragen wird. Für eine Pflegerbestellung ist also erst dann Raum, wenn der partnerschaftliche Streit der Eltern die Kindeswohlbelange überlagert oder sogar verdrängt, so daß die Interessen der Kinder gegen die Interessen der Eltern verteidigt werden müssen. Da eine derartige Fallgestaltung hier nicht gegeben ist, war die angeordnete Verfahrenspflegschaft aufzuheben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1340716

NJW 2000, 1274

FamRZ 2000, 1298

DAVorm 2000, 75

OLGR Düsseldorf 2000, 183

FF 2000, 27

Kind-Prax 2000, 132

Kind-Prax 2000, 27

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