Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenstandswert im Verfahren auf Festsetzung von Ordnungsmaßnahmen nach § 890 ZPO

 

Leitsatz (amtlich)

In einem Verfahren auf Festsetzung von Ordnungsmaßnahmen nach § 890 Abs. 1 ZPO bemisst sich der Gegenstandswert nach dem Wert, den die zu erwirkende Duldung oder Unterlassung für den Gläubiger hat. Das maßgebliche Interesse des Gläubigers entspricht grundsätzlich nur einem Bruchteil des Hauptsachewertes, den der Senat regelmäßig mit einem Drittel ansetzt.

 

Normenkette

ZPO § 890 Abs. 1; RVG § 25 Abs. 1 Nr. 3

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Beschluss vom 16.03.2009; Aktenzeichen 3 O 5/09)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Gläubigerin wird der Streitwertbeschluss der 3. Kammer für Handelssachen des LG Hannover vom 16.3.2009 abgeändert.

Der Gegenstandswert für das Verfahren auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes nach § 890 Abs. 1 ZPO gemäß Antrag vom 6.3.2009 wird auf bis zu 19.000 EUR festgesetzt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Gläubigerin hat beantragt, gegen die Schuldnerin wegen Verstoßes gegen ein tituliertes Unterlassungsgebot ein Ordnungsgeld festzusetzen. Zwischenzeitlich hat die Gläubigerin den Antrag wieder zurückgenommen. Auf Antrag des Verfahrensbevollmächtigten der Gläubigerin hat das LG den Gegenstandswert für das Verfahren auf 7.500 EUR festgesetzt. Hiergegen hat der Verfahrensbevollmächtigte der Gläubigerin Beschwerde eingelegt, der das LG nicht abgeholfen hat.

II. Die gem. § 68 Abs. 1 GKG i.V.m. § 32 Abs. 2 RVG aus eigenem Recht statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Gläubigerin gegen die Streitwertfestsetzung des LG hat in der Sache Erfolg.

Im erstinstanzlichen Verfahren betreffend die Festsetzung von Ordnungsgeld nach § 890 Abs. 1 ZPO fällt keine wertabhängige Gerichtsgebühr an, sondern eine Festgebühr von 15 EUR (GKG KV Nr. 2111). An einer speziellen Vorschrift bezüglich der Festsetzung des Streitwertes fehlt es demgemäß. Gemäß § 33 Abs. 1 RVG ist daher der Gegenstandswert durch Beschluss selbständig festzusetzen. Dieser Wert der anwaltlichen Tätigkeit bestimmt sich gem. § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG (vgl. Musielak/Lackmann, ZPO, 6. Aufl., § 890 Rz. 21. Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 3 Rz. 16 "Ordnungs und Zwangsmittelfestsetzung"). Maßgeblich ist danach der Wert, den die zu erwirkende Duldung oder Unterlassung für den Gläubiger hat. Dieser Wert muss geschätzt werden. Er richtet sich entgegen der Auffassung des LG in dem Nichtabhilfebeschluss vom 3.4.2009 nicht nach der Höhe des beantragten oder festgesetzten bzw. festzusetzenden Zwangsgeldes (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 19.4.2007 - 2 W 39/07, OLGReport Celle 2007, 876, zitiert nach juris, Tz. 13. OLG Köln, Beschl. v. 24.3.2005 - 25 WF 45/05, OLGReport Köln 2005, 259, zitiert nach juris, Tz. 5 - jeweils zu § 888 ZPO -. LAG Hamm, Beschl. v. 5.10.2007 - 10 Ta 245/07, zitiert nach juris, Tz. 28. Gerold/Schmidt/MüllerRabe, RVG, 18. Aufl., § 25 Rz. 13. AnwKRVG/Wolf, 3. Aufl., § 25 Rz. 18. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., 49. Kap. Rz. 40. Harte/

Henning/Retzer, UWG, § 12 Rz. 885. anders offenbar OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.9.2003 - 25 W 54/03, OLGReport Frankfurt 2004, 121, zitiert nach juris, Tz. 8).

Wie das Interesse des Gläubigers an der Vornahme der Duldung oder Unterlassung. zu bewerten ist, ist streitig. Während nach der einen Auffassung das Interesse des Gläubigers in der Regel dem der Hauptsache entspricht (vgl. Gerold/Schmidt/MüllerRabe, a.a.O., § 25 Rz. 13. AnwKRVG/Wolf, a.a.O., § 25 Rz. 17. Hüsstege in Thomas/Putzo, ZPO, 29. Aufl., § 3 Rz. 115. zu § 888 ZPO: OLG Köln, Beschl. v. 24.3.2005 - 25 WF 45/05, OLGReport Köln 2005, 259, zitiert nach juris, Tz. 6 sowie OLG Celle, Beschl. v. 13.8.2007 - 2 W 71/07, OLGReport Celle 2008, 91), soll nach anderer Ansicht im Regelfall nur ein Bruchteil des Wertes der Hauptsache anzusetzen sein, wobei überwiegend eine Spanne von 1/5 bis 1/3 vertreten wird (vgl. Ahrens/Berneke, Der Wettbewerbsprozess, 5. Aufl., Kap. 40 Rz. 62. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 4.11.1991 - 4 W 72/91, WRP 1992, 198 (1/5 - 1/3). OLG Hamburg, Beschlüsse vom 30.6.1993 - 3 W 110/93, WRP 1994, 42 (1/5) und 11.5.1982 - 3 W 53/82, WRP 1982, 592 (1/5). OLG Stuttgart, Beschl. v. 15.12.1981 - 2 W 48/81, WRP 1982, 432, 433 (1/10 aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles). einen Überblick über die OLGRspr. bietet Harte/Henning/Retzer, a.a.O., § 12 Rz. 887 f.). Nach wiederum anderer Auffassung soll sich jede schematische Betrachtung verbieten. Maßgeblich sollen vielmehr allein die Umstände des jeweiligen Einzelfalles sein, insbesondere die Schwere des Verstoßes, die Gefahr weiterer Wiederholungen sowie der Grad des Verschuldens des Schuldners (vgl. Teplitzky, a.a.O.. Zöller/Herget, a.a.O., § 3 Rz. 16 "Ordnungs und Zwangsmittelfestsetzung". Schuschke/Walker/Sturhahn, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 4. Aufl., § 890 Rz. 60).

Der Senat hält die Auffassung...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge