Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert des Verfahrens über Ordnungsmaßnahmen in Wettbewerbssachen

 

Verfahrensgang

LG Kassel (Beschluss vom 04.08.2003; Aktenzeichen 12 O 4316/01)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Verfügungsbeklagten wird der Beschluss des Vorsitzenden der 2. Kammer für Handelssachen des LG Kassel vom 4.8.2003, durch welchen der Streitwert des Verfahrens nach § 890 ZPO auf 3.400 Euro festgesetzt worden ist, aufgehoben.

Der Streitwert für das Verfahren nach § 890 ZPO wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die Klägerin hat den Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung von Werbemaßnahmen in Anspruch genommen und ist im 2. Rechtszuge – in dem es nur noch um die Erledigung der Hauptsache ging – unterlegen. Das LG hat den Hauptsachestreitwert auf 20.000 DM festgesetzt; der Senat hatte im Berufungsverfahren den Gegenstandswert nach dem Kosteninteresse der Verfügungsbeklagten auf bis zu 3.000 Euro festgesetzt. Nach Erlass der einstweiligen Verfügung durch das LG am 3.1.2002 hat die Verfügungsklägerin am 28.1.2002 einen Bestrafungsantrag gestellt. In diesem Antrag hatte es geheißen, da der Schuldner zweimal schuldhaft gegen das sich aus der einstweiligen Verfügung ergebende Unterlassungsgebot verstoßen habe, sei gegen ihn ein empfindliches Ordnungsgeld zu verhängen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass allein die Herstellungskosten der unzulässigen Werbung vom 18.1.2002 je Exemplar mindestens 0,10 Euro koste und die Verteilung des Prozesses etwa 0,07 Euro pro Exemplar koste. Schon bei einer Auflage von 100.000 Werbeprospekten würden sich damit die Kosten dieser 1. Werbemaßnahme auf 17.000 Euro belaufen. Um die Kosten dieser Werbung zusätzlich zu den Kosten des Wareneinsatzes des Vertriebes wieder einzuspielen, müsste der Schuldner, ausgehend von einer Gewinnspanne von 15 %, einen Umsatz von etwa 120.000 Euro erreichen.

Da der Schuldner sich offenbar von dem gerichtlichen Verbot der Durchführung des Räumungsverkaufes nicht habe beeindrucken lassen und stattdessen noch erhebliche Investitionen für weitere gegen das Verfügungsverbot verstoßende Werbungen getätigt habe, um weitere hohe Umsätze zu erreichen, sei die Ordnungsstrafe auf ein Mehrfaches des Werbeaufwandes zu bemessen.

Diesen Antrag hat die Verfügungsklägerin nach Ergehen der Senatsentscheidung vom 7.2.2003 mit Schriftsatz vom 23.6.2003 zurückgenommen.

Durch Beschluss vom 4.8.2003 hat das LG den Streitwert für das Bestrafungsverfahren auf 3.400 Euro festgesetzt und zur Begründung ausgeführt, der Streitwert des Verfahrens richte sich nach dem Interesse des Gläubigers an der Durchsetzung des Verbotes, also an seinem Interesse, eigene Umsatzeinbußen zu verhindern. Er sei grundsätzlich niedriger als der Streitwert des Verbotes selbst, weil dieses weiter in die Zukunft wirke; während der Streitwert für die Hauptsache nach dem Interesse des Gläubigers an der dauernden Unterlassung des beanstandeten Wettbewerbsverstoßes zu bemessen sei, solle im Zwangsvollstreckungsverfahren ein Ordnungsmittel lediglich wegen einer einzelnen oder bestimmter einzelner Zuwiderhandlungen verhängt werden. Die Kammer halte daher im Normalfall ein Fünftel bis ein Drittel des Streitwertes des Hauptverfahrens als Streitwert des Ordnungsmittelverfahrens für angemessen. Maßgeblich seien freilich immer die Umstände des Einzelfalles, wobei es in erster Linie auf die Art und Weise des Verstoßes, die Intensität, mit welcher der Schuldner den Titel missachte, die Gefahr weiterer Zuwiderhandlungen und darauf ankomme, inwieweit im konkreten Fall die einzelne Zwangsvollstreckung der Verwirklichung des Titels diene.

Dem ist der Prozessbevollmächtigte des Verfügungsbeklagten mit einer im eigenen Namen erhobenen Beschwerde entgegengetreten. Er meint, der Streitwert sei mit 15.000 Euro zu bemessen, da der Gläubiger in dieser Sache eine massive Bestrafung des Schuldners begehrt habe. Auch sei dem Eindruck entgegenzutreten, dass der Streitwert dann, wenn die Wettbewerbszentrale in einem gerichtlichen Verfahren obsiege, hoch angesetzt werde, während in vergleichbaren Fällen bei Unterliegen der Wettbewerbszentrale der Streitwert äußerst niedrig angesetzt werde.

Die Streitwertbeschwerde ist zulässig (§ 25 Abs. 3 GKG) und hat auch in der Sache Erfolg.

Der Streitwert des Ordnungsmaßnahmen-Verfahrens nach § 890 Abs. 1 S. 1 ZPO kann weder direkt an den Streitwert des Hauptsacheverfahrens – hier das Verfahren der einstweiligen Verfügung – gebunden werden noch schematisch auf einen Bruchteil des Hauptsachestreitwertes festgelegt werden (vgl. BGH v. 30.9.1993 – I ZR 54/91, MDR 1994, 788 = NJW 1994, 45), wie es gelegentlich geschieht (OLG Stuttgart OLGReport Stuttgart 2000, 430; s.a. OLG Hamburg WRP 1994, 42).

Abzustellen ist vielmehr auf das Interesse des auf die Ordnungsmaßnahme antragenden Gläubigers an der konkreten Bestrafung des oder der konkret gerügten V...

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