Leitsatz (amtlich)

Der Streitwert eines Verfahrens auf einstweilige Verfügung - hier: Untersagung eines Boykottaufrufes - wird ausschließlich vom Verfügungskläger bestimmt, das Interesse des Gegners und sein Vorbringen hierzu sind irrelevant. Es kommt für die Berechnung des Wertes, solange sich der Streitgegenstand nicht im Laufe der Instanz ändert, nicht auf die Entwicklung während der Instanz, sondern nur auf den Zeitpunkt der die Instanz einleitenden Anträge an. Auf diesen Zeitpunkt bezogen ist das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers an Hand des Antrages und seiner Begründung zu bestimmen.

 

Verfahrensgang

LG Kassel (Beschluss vom 04.08.2003; Aktenzeichen 11 O 4182/03)

 

Tenor

Die Beschwerde der Verfügungsbeklagten gegen den Streitwertbeschluss des Vorsitzenden der 1. Kammer für Handelssachen des LG Kassel vom 4.8.2003 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die Verfügungsklägerin hat eine einstweilige Verfügung beantragt, durch die der Verfügungsbeklagten Boykottaufforderungen an Dritte zum Nachteil der Verfügungsklägerin untersagt werden sollten. Im Antrag war als vorläufiger Streitwert die Summe von 50.000 Euro genannt. Die 1. Kammer für Handelssachen des LG Kassel hat durch Beschluss ihres Vorsitzenden vom 4.8.2003 die einstweilige Verfügung erlassen und den Streitwert auf 50.000 Euro festgesetzt. Im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens hat die Verfügungsbeklagte, die sich im Übrigen nicht gegen die einstweilige Verfügung zur Wehr gesetzt hat, Streitwertbeschwerde eingelegt. Sie meint, der Streitwert betrage allenfalls 2.000 Euro.

Die Beschwerde ist nach § 25 Abs. 3 GKG statthaft, sie hat jedoch in der Sache selbst keinen Erfolg.

Der Streitwert eines Verfahrens auf einstweilige Verfügung wird ausschließlich vom Verfügungskläger bestimmt, ebenso wie der einer gewöhnlichen Klage vom Kläger. Das Interesse des Gegners und sein Vorbringen hierzu sind irrelevant. Es kommt für die Berechnung des Wertes, solange sich der Streitgegenstand nicht im Laufe der Instanz ändert, auch nicht auf die Entwicklung während der Instanz, sondern nur auf den Zeitpunkt der die Instanz einleitenden Antragsstellung an, wie sich aus §§ 15 GKG, 4 ZPO ergibt. Auf diesen Zeitpunkt bezogen ist das den Wert des Streitgegenstandes bestimmende wirtschaftliche Interesse des Antragstellers an der Rechtsverfolgung zu bestimmen; dieses Interesse ist an Hand des Antrages und seiner Begründung zu ermitteln. Der Grund für die Maßgeblichkeit des instanzeinleitenden Antrages liegt nicht nur in der Vereinfachung der Wertermittlung, sondern auch darin, dass der Antragsgegner von vornherein abschätzen können soll, welche wirtschaftliche Bedeutung das gegen ihn begonnene Verfahren hat und welchen wirtschaftlichen Aufwand er vernünftigerweise in seine Rechtsverteidigung investiert.

Nach diesen Grundsätzen, die der ständigen Rechtsprechung des Senats entsprechen (vgl. zuletzt OLG Frankfurt, Beschl. v. 5.1.2004 - 25 W 74/03, m.zahlr.w.N.), ist zunächst von den Angaben der Verfügungsklägerin im verfahrenseinleitenden Antrag vom 31.7.2003 auszugehen. Dort ist "vorläufig" als Streitwert der Betrag von 50.000 Euro beziffert. Vor dem Hintergrund, dass in der Antragsbegründung zwei konkrete Boykottaufforderungen bezeichnet werden und aus diesen in plausibler Weise auf ein planvolles und umfassendes Vorgehen der Verfügungsbeklagten ggü. den anderen Anbietern der von der Verfügungsklägerin benötigten Leistungen geschlossen wird, woraus wiederum in nachvollziehbarer Weise auf die dringende Gefahr erheblicher Umsatzverluste der Verfügungsklägerin rückgeschlossen wird, erweist sich die Streitwertangabe als aus der - allein entscheidenden - Sicht der Verfügungsklägerin gerechtfertigt.

Demgegenüber kommt es nicht darauf an, ob und wie der Vortrag der Verfügungsbeklagten - die Verfügungsklägerin habe allenfalls Umsatzeinbußen von 2.000 Euro oder weniger zu befürchten - verifiziert werden könnte. Immerhin hat ja auch die Verfügungsbeklagten sich nicht gegen die einstweilige Verfügung gewehrt, in welcher der Verfügungsbeklagten Boykottaufforderungen nicht nur hinsichtlich der beiden in der Antragsschrift konkret genannten dritten Anbieter, sondern darüber hinaus generell ggü. (allen) anderen Versicherungsmaklern, Bausparkassen und Versicherungsgesellschaften untersagt werden. Im Rahmen des Streitwertbestimmungsverfahrens kommt die Behauptung der Verfügungsbeklagten, der Boykottvorwurf sei sowohl hinsichtlich der beiden konkret genannten Unternehmen wie auch generell haltlos, nicht nur zu spät - er ist nach den oben dargestellten Grundsätzen für die Streitwertfestsetzung auch ganz unerheblich. - Richtig ist freilich die Auffassung der Verfügungsbeklagten, dass es für die Streitwertbemessung nicht auf die von der Verfügungsklägerin erst im Rahmen des Streitwertbeschwerdeverfahrens genannten weiteren Vorgänge "A" und "B" ankommt. Das ändert aber nichts daran, dass bereits nach Antrag un...

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