Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Die Frage einer Fahrverbotsbeschränkung auf bestimmte Fahrzeugarten gemäß § 25 I 1 StVG liegt ebenso wie die Fahrverbotsanordnung selbst und die Abkürzung der Fahrverbotsdauer im Verantwortungsbereich des Tatrichters.

  • 2.

    Ein drohender Arbeitsplatzverlust führt nicht in jedem Falle dazu, von einem Fahrverbot abzusehen oder Ausnahmen zuzulassen. Ist der Betr. wiederholt wegen erheblicher straßenverkehrsrechtlicher Verstöße auffällig geworden, kann der Gesichtspunkt einer nachhaltigen Existenzgefährdung so weit zurück treten, dass ein unbeschränktes Fahrverbot seine Berechtigung behält.

  • 2.

    Scheidet ein Absehen vom Fahrverbot aus, bleibt das Gericht aufgrund des Übermaßverbotes zur Prüfung der Frage verpflichtet, ob Besonderheiten in der Tat oder in der Persönlichkeit des Betr. eine Fahrverbotsbeschränkung auf bestimmte Fahrzeugarten rechtfertigen können, sofern der Betr. hierfür berechtigte Gründe substantiiert vorträgt.

 

Tatbestand

Das AG verurteilte den Betr. am 15.02.2006 wegen vier am 17.09.2005 in der Zeit zwischen 09.42 Uhr und 09.59 Uhr als Führer eines Kraftomnibusses (ohne Fahrgäste) tateinheitlich begangener fahrlässiger Überschreitungen der gemäß § 3 III Nr. 2a StVO außerhalb geschlossener Ortschaften zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 17 km/h, zweimal 19 km/h und 14 km/h in Tatmehrheit mit einer weiteren am Tattag um 10.10 Uhr begangenen fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 19 km/h zu Geldbußen von 220 Euro und 100 Euro. Daneben hat es gegen den Betr. ein mit der Anordnung nach § 25 IIa 1 StVG (so genannte Viermonatsregel) verbundenes einmonatiges Fahrverbot verhängt, von dem es allerdings - abweichend vom Bußgeldbescheid - ausdrücklich Kraftfahrzeuge der Fahrerlaubnisklasse D (Kraftfahrzeuge zur Personenbeförderung mit mehr als acht Sitzplätzen; vgl. § 6 I FeV) ausgenommen hat.

Zur Vorahndungssituation des geständigen Betr., eines Berufskraftfahrers, hat das AG seit 2002 vier jeweils mit Geldbußen geahndete Geschwindigkeitsüberschreitungen festgestellt, von denen die letzten drei erst im Jahre 2005 rechtskräftig wurden und die überdies jeweils als Führer eines Kraftomnibusses begangen wurden. Wegen einer als Führer eines Pkw bereits im März 2002 begangenen fahrlässigen Überschreitung der außerhalb geschlossener Ortschaften zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 41 km/h war gegen den Betr. am 12.06.2002 auch ein einmonatiges Fahrverbot verhängt worden.

Seine Rechtsfolgenentscheidung hat das AG im Wesentlichen wie folgt begründet:

"Zwar wird auch durch einen beharrlichen Pflichtenverstoß nach § 4 Abs. 2 Satz 1 BKatV grundsätzlich ein Fahrverbot indiziert, jedoch musste eine Ausnahme insoweit gemacht werden, als dass von dem zu verhängenden einmonatigen Fahrverbot Fahrzeuge der Führerscheinklasse D ausgenommen werden. Denn ein unbeschränktes Fahrverbot würde für den Betr. eine erhebliche, eine Ausnahme rechtfertigende Härte darstellen, weil er mit der Kündigung seines Arbeitsverhältnisses als Busfahrer sicher rechnen müsste.

Diese Angabe wurde durch die Einvernahme des bei dem Arbeitgeber des Betr. in der Personalleitung tätigen Angestellten H. überprüft und von dem Zeugen bestätigt. Der Zeuge gab auf Befragen an, dass die 30 Urlaubstage des Betr. nur in Abstimmung mit dem Arbeitgeber eingebracht werden könnten. Der Betr. werde europaweit für Fernreisen eingesetzt und könne innerhalb der Saison zwischen den einzelnen Fernreisen nur 10 zusammenhängende Urlaubstage nehmen. Zwar könnte grundsätzlich in den Monaten Januar und Februar auch ein einmonatiger Urlaub gewährt werden, bei dem Betr. wäre dies aber erst wieder für das Jahr 2007 möglich. Der Betr. sei Anfang März für die erste Fernreise eingeplant. Eine Freistellung ohne Bezahlung käme ebenso wenig wie der Rückgriff auf einen Aushilfsfahrer in Betracht, da die Saisonreisen und die Einteilung der Fahrer bereits terminlich festgelegt seien. Auch eine anderweitige Beschäftigung im Unternehmen sei nicht möglich, so werde beispielsweise die Busreinigung durch eine Fremdfirma durchgeführt. Auch ohne entsprechende Klausel im Arbeitsvertrag seien bislang in der Firma bei einem Fahrverbot die Ausstellung des Fahrers und Neueinstellungen erfolgt. Da der Zeuge weiter angab, dass im Unternehmen 18 Arbeitnehmer als Busfahrer beschäftigt seien, hat das Gericht darauf hingewiesen, dass vorliegend das Kündigungsschutzgesetz eingreife und eine Kündigung des seit November 2003 beschäftigten Betr. nur bei sozialer Rechtfertigung in Betracht komme. Der Zeuge nahm daraufhin telefonische Rücksprache bei der Unternehmensleitung und erklärte anschließend, dass auch bei dem Betr. von der ständigen Firmenpraxis keine Ausnahme gemacht werde. Nach Aussage des Zeugen bedarf der Betroffene der Fahrerlaubnisklasse D, um seine Arbeitstätigkeit ausführen und so eine Kündigung vermeiden zu können. Die Aussage des Zeugen erscheint dem Gericht glaubhaft. Der Zeuge setzte sich mit den durch da...

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