Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsbeschwerde. Sachrüge. Schuldspruch. Rechtsfolgenausspruch. Geldbuße. Regelgeldbuße. Fahrverbot. Hauptverhandlung. Hauptverhandlungsprotokoll. Protokoll. Protokollurteil. Urteil. Urteilsabsetzung. Urteilsabsetzungsfrist. Urteilsgründe. Urteilsergänzung. nachträglich. Tenor. aktenkundig. Aktenübersendung. Zustellung. Urteilszustellung. Zustellungswille. Urkundsbeamtin. Geschäftsstelle. Staatsanwaltschaft. Rechtsmittelverzicht. Dienstbereich. Kenntnis. Beweisantrag. Beweisermittlungsantrag. Beweisbehauptung. Beweisziel. Gehör. PoliScanSpeed. Bauartzulassung. Messpunkt. Rohmessdaten. Messbereich. Ortskoordinaten. Pflichtenverstoß. beharrlich. Beharrlichkeit. Übermaßverbot. Substantiierungsobliegenheit

 

Leitsatz (amtlich)

Eine die nachträgliche Fertigung von Urteilsgründen sperrende Bekanntgabe durch Hinausgabe eines sog. 'Protokollurteils' liegt wegen des Fehlens einer gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 StPO richterlich angeordneten und deshalb unwirksamen Zustellung nicht vor, wenn das ohne Gründe in das Hauptverhandlungsprotokoll aufgenommene Urteil von der Geschäftsstelle ohne Anordnung des Richters bekannt gegeben worden ist.

 

Normenkette

StPO § 36 Abs. 1 S. 1, §§ 41, 267, 275 Abs. 1, § 338 Nr. 7; OWiG § 46 Abs. 1, § 71 Abs. 1, § 77b; StVG § 24 Abs. 1, § 25 Abs. 1 S. 1 Alt. 2; StVO § 41 Abs. 2, § 49 Abs. 3 Nr. 4; BKatV § 4 Abs. 2 S. 2

 

Tenor

  • I.

    Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 6. März 2017 wird als unbegründet verworfen.

  • II.

    Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen einer am 12.08.2016 als Führer eines Pkw fahrlässig begangenen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 26 km/h (§ 24 Abs. 1 StVG i.V.m. §§ 41 Abs. 2, 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO) zu einer Geldbuße von 160 Euro verurteil und gegen ihn ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats verhängt. Mit seiner hiergegen gerichteten unbeschränkten Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

II.

Die gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde erweist sich als unbegründet. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Rechtsbeschwerde hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben.

1. Soweit mit der Verfahrensrüge die Verletzung des Beweisantragsrechts bzw. des rechtlichen Gehörs beanstandet wird, ist die Rüge unbegründet, wobei dahin stehen kann, ob mit dem Antrag "zum Beweis der Tatsache, dass der Betroffene die zulässige Höchstgeschwindigkeit eingehalten hat und allenfalls mit einer Geschwindigkeit von 70 km/h gefahren ist", auch unter Berücksichtigung der Antragsbegründung mangels einer bestimmten Beweisbehauptung in Gestalt des von der Verteidigung erhofften Beweisziels überhaupt von einem wirksamen Beweisantrag oder nur von einem sog. Beweisermittlungsantrag auszugehen ist (vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 24.01.2017 - 2 StR 509/16 = NStZ 2017, 300; OLG Bamberg, Beschl. v. 17.03.2017 - 3 Ss OWi 264/17 = StraFo 2017, 156 m. Anm. Rinklin, jurisPR-StrafR 9/2017 Anm. 4 und zuletzt v. 04.10.2017 - 3 Ss OWi 1232/17, jeweils m.w.N.). Denn durch die im Einzelfall nicht ausschließbare bauartbedingte Berücksichtigung von Messpunkten und die hierdurch bedingte Generierung von Rohmessdaten mit außerhalb des Messbereichs liegenden Ortskoordinaten bei Geschwindigkeitsmessungen mit dem Geschwindigkeitsüberwachungsgerät PoliScanSpeed wird die (unveränderte) Gültigkeit der innerstaatlichen Bauartzulassung zur Eichung und damit die Einordnung des vorgenannten Laserscanner-Geschwindigkeitsüberwachungsgeräts als sog. 'standardisiertes' Messverfahren im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHSt 39, 291; 43/277; vgl. u.a. auch OLG Bamberg, Beschl. v. 26.04.2013 - 2 Ss OWi 349/13 = DAR 2014, 38 = OLGSt StPO § 261 Nr. 21) nicht in Frage gestellt (vgl. u.a. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 27.01.2017 - 1 OWi 1 Ss BS 53/16 = ZfS 2017, 172 = DAR 2017, 211 und 21.04.2017 - 1 OWi 2 SsBs 18/17 = ZfS 2017, 350; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 21.04.2017 - Ss Rs 13/2017 [bei [...]]; KG, Beschl. v. 21.06.2017 - 162 Ss 90/17 [bei [...]]; OLG Braunschweig, Beschl. v. 14.06.2017 - 1 Ss [OWi] 115/17 [bei [...]]; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 26.05.2017 - 8 Ss 246/17 [bei [...]]; OLG Bamberg, Beschl. v. vom 24.07.2017 - 3 Ss OWi 976/17 [bei [...]]).

2. Aber auch die Überprüfung des Urteils auf die (unausgeführte) Sachrüge deckt weder im Schuldspruch noch im Rechtsfolgenausspruch einen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen auf. Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen sowohl den Schuldspruch in objektiver und subjektiver Hinsicht als auch die daran anknüpfende Rechtsfolgenbemessung.

a) Mangels einer gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 StPO aktenkundigen richterlich verfügten und deshalb ohne weiteres unwirksamen förmlichen Zustellung im Sinne von § 41 StPO (vgl. nur BGH, Beschl. v. 06.03....

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