Leitsatz

  1. Nichtigkeit einer formlosen "Verwalterbestellung" bei einem "Käufertreffen"; Rechtsschutzinteresse an der Feststellung der Nichtigkeit
  • Beschlussanfechtung auch ohne besonderes Rechtsschutzinteresse, soweit keine Rechtsmissbräuchlichkeit vorliegt
  • Verneintes Rechtsschutzbedürfnis für Anfechtung eines Rücklagebeschlusses
 

Normenkette

§§ 26, 28, 43 WEG; § 256 ZPO

 

Kommentar

  1. Wird ein Verwalter bei einem "Treffen der Käufer" von Wohnungseigentum formlos "bestellt", so besteht ein Rechtsschutzinteresse an der Feststellung der Nichtigkeit der Bestellung auch dann, wenn eine Verwaltertätigkeit nicht mehr ausgeführt wird. Ein Verwalter kann allein anfänglich bereits vom Bauträger bei der Begründung von Sondereigentum oder auch durch Beschluss nach § 26 Abs. 1 Satz 1 WEG bestellt werden, jedoch nicht formlos auf einem Treffen der Käufer von Wohnungseigentum, insbesondere vor Entstehung einer sog. werdenden/faktischen Wohnungseigentümergemeinschaft. Das Feststellungsinteresse an der Nichtigkeit einer solchen Bestellung ist auch deshalb zu bejahen, da u.U. übliche Verwaltervergütungen aus Grundsätzen einer Geschäftsführung ohne Auftrag bestehen könnten. Bestand allerdings, wie im vorliegenden Fall für eine Verwaltung nach WEG noch gar keine Möglichkeit, könne selbst eine ausgeübte Verwaltungstätigkeit auch nicht im Interesse der künftigen Wohnungseigentümer liegen. Die Verwaltung wäre hier - soweit überhaupt schon erforderlich - noch vom Bauträger in diesem Vorstadium einer Gemeinschaft vorzunehmen gewesen. Allerdings können von der Frage der Wirksamkeit einer Verwalterbestellung noch weitergehende Rechte und Pflichten abhängen.
  2. Im Regelfall ist bei einer Beschlussanfechtung (hier: über Abrechnungs- und Entlastungsbeschluss) ein eigenes Rechtsschutzbedürfnis nicht zu überprüfen (vgl. BGH v. 17.7.2003, V ZB 11/03, NJW 2003, 3124). Allerdings kann eine Anfechtung im Einzelfall wegen Rechtsmissbrauchs unzulässig sein (vgl. auch Senatsentscheidungen BayObLG v. 27.11.2003, 2Z BR 183/03 und BayObLG v. 23.12.2003, 2Z BR 195/03).
  3. Von einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten war allerdings im vorliegenden Fall nicht auszugehen, da die Rechtsordnung grundsätzlich auch widersprüchliches Verhalten zulässt (vgl. KG v. 1.9.2003, 12 U 20/03, ZMR 2004, 261). Allein die Tatsache, dass ein anfechtender Antragsteller Beschlüssen zugestimmt hat, schließt sein Anfechtungsrecht nicht aus (BayObLG v. 7.4.1988, BReg 2 Z 156/87, NJW-RR 1988, 1168). Eigentümer müssen nicht bereits in einer Eigentümerversammlung Bedenken gegen Beschlussfassungen im Einzelnen darlegen. Vorliegend hat der Antragsteller auch erst nach der Versammlung Unterlagen eingesehen und sich anschließend zur Beschlussanfechtung entschlossen, was ihm nicht als Rechtsmissbrauch vorgeworfen werden kann. Seine Einwendungen hat hier das LG neuerlich zu überprüfen, weshalb die Sache zurückzuverweisen war.
  4. Beschließen die Eigentümer die Ansammlung einer Instandhaltungsrücklage, so fehlt einer Anfechtung dieses Beschlusses allerdings das Rechtsschutzbedürfnis, wenn es alleiniges Ziel des Antragstellers ist, dass die Ansammlung der Rücklage für frühere Jahre nachgeholt wird. Ein solches Ziel kann nicht über eine Anfechtung erreicht werden, zumal die Ungültigkeit eines solchen Beschlusses gerade das Gegenteil bewirken würde, nämlich das Nichtvorliegen einer Regelung über die Bildung einer Rücklage. Inhalt des positiven Beschlusses ist es nicht zugleich, für die vorangegangenen Jahre keine Rücklage zu bilden.
 

Link zur Entscheidung

BayObLG, Beschluss vom 15.04.2004, 2Z BR 235/03 = ZMR 9/2004, 688

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