Leitsatz (amtlich)

1. Die Anfechtung einer Jahresabrechnung oder eines Wirtschaftsplans wegen Anwendung eines unrichtigen Verteilungsmaßstabs ist i.d.R. dann rechtsmissbräuchlich, wenn die übrigen Wohnungseigentümer mit dem Abrechnungsmaßstab einverstanden sind und der Antragsteller durch eine Änderung nur Nachteile erleiden würde.

2. Die Ermächtigung des Verwalters zur Führung gerichtlicher Verfahren kann ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen.

3. Erledigt sich ein Eigentümerbeschluss durch Zeitablauf und tritt damit Erledigung der Hauptsache ein, ist ein Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit des Eigentümerbeschlusses i.d.R. unzulässig.

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Beschluss vom 29.08.2003; Aktenzeichen 4 T 398/03)

AG Rosenheim (Aktenzeichen 40 UR II 84/01)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG Traunstein vom 29.8.2003 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 9.426 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.

Am 12.10.2001 fand eine Eigentümerversammlung statt, in der mehrere Eigentümerbeschlüsse gefasst wurden. Verfahrensgegenständlich sind noch folgende Beschlüsse:

Im Rahmen von Tagesordnungspunkt (TOP) 1 wurde beschlossen, dem Ehemann einer Wohnungseigentümerin die Anwesenheit in der Versammlung zu gestatten. Zu diesem Zeitpunkt hatten diese Wohnungseigentümerin und ihr Ehemann die Versammlung jedoch bereits verlassen.

Weiter wurde unter TOP 1 beschlossen, dass die Wohnungseigentümer die Prozessführung in dem Verfahren hinsichtlich der Anfechtung der Eigentümerbeschlüsse durch den Antragsteller genehmigen. Die Wohnungseigentümer beschlossen ferner, eine Rechtsanwältin mit der Fortführung der anhängigen Gerichtsverfahren und der Vertretung in den künftigen gerichtlichen Verfahren, einschl. der Zwangsvollstreckung, zu bevollmächtigen, soweit die Verfahren von den Wohnungseigentümern eingeleitet oder gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft anhängig gemacht werden. Außerdem beschlossen die Wohnungseigentümer, die weitere Beteiligte zu bevollmächtigen, die Wohnungseigentümer in sämtlichen Aktiv- als auch Passivprozessen, die von den Wohnungseigentümern geführt oder gegen diese noch geführt werden, zu vertreten, genehmigten die bisherige Prozessführung und bevollmächtigten die weitere Beteiligte dazu, Untervollmachten zu erteilen oder zu widerrufen.

Unter TOP 4 wurde die Jahresabrechnung 2000 und unter TOP 10 der Wirtschaftsplan 2001 beschlossen. Der Antragsteller rügt bei beiden Beschlüssen die Anwendung eines unrichtigen Kostenverteilungsschlüssels für die Umlegung der Verwalterkosten.

Unter TOP 7 wurde die Wahl des Verwaltungsbeirats beschlossen, wobei drei reguläre Mitglieder und ein Ersatzmitglied bestellt wurden.

Unter TOP 8 wurde die weitere Beteiligte für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.12.2002 zur Verwalterin bestellt.

Der Antragsteller hat beim AG beantragt, sämtliche in der Eigentümerversammlung vom 12.10.2001 gefassten Beschlüsse für ungültig zu erklären. Das AG hat mit Beschluss vom 8.1.2003 den Beschluss zu TOP 7 insoweit aufgehoben, als ein Wohnungseigentümer zum Ersatz-Verwaltungsbeirat gewählt wurde. Im Übrigen hat es die Anträge des Antragstellers abgewiesen.

Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt, soweit sein Antrag abgewiesen wurde. Die Antragsgegner haben Anschlussbeschwerde eingelegt, soweit der Beschluss der Eigentümerversammlung unter TOP 7 aufgehoben wurde. In der mündlichen Verhandlung vor dem LG hat der Antragsteller seine Anträge insoweit umgestellt, als zu TOP 7 und 9 beantragt wurde, festzustellen, dass die Wahl des Verwaltungsbeirats und die Bestellung der Verwalterin unwirksam gewesen seien. Das LG hat mit Beschluss vom 29.8.2003, berichtigt durch Beschluss vom 18.11.2003, die Beschlüsse über die Entlastung des Verwaltungsbeirats und die Entlastung der Verwalterin aufgehoben und die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers sowie die Anschlussbeschwerde der Antragsgegner zurückgewiesen. Mit seiner sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt der Antragsteller seine zuletzt vor dem LG gestellten Anträge weiter, soweit das LG die sofortige Beschwerde zurückgewiesen hat.

II. Das zulässige Rechtsmittel ist unbegründet.

1. Das LG hat ausgeführt:

Bei dem Beschluss über die Möglichkeit der Teilnahme des Ehemanns einer Wohnungseigentümerin handle es sich um einen Geschäftsordnungsbeschluss, der nicht selbständig angefochten werden könne.

Die Genehmigung der Prozessführung durch die Verwalterin und die Verfahrensbevollmächtigte entspreche ordnungsmäßiger Verwaltung. Der Beschluss bedeute nicht, dass die Antragsgegner die Verwalterin für alle Zukunft bevollmächtigt hätten. Die Vollmacht könne jederzeit, notfalls in einer außerordentlichen Eigentümerversammlung, widerru...

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