Leitsatz

Nicht jedes Fehlverhalten eines Verwalters kann eine Kostenentscheidung im erfolgreichen Beschlussanfechtungsverfahren zu seinen Lasten rechtfertigen

 

Normenkette

§ 49 Abs. 2 WEG; § 91a ZPO

 

Kommentar

  1. Nach Erledigung der Hauptsache einer Beschlussanfechtung (durch Zweitbeschlussfassung) hatte das Amtsgericht dem Verwalter nach § 91a ZPO die Verfahrenskosten auferlegt. Auf dessen Beschwerde hin (§ 99 Abs. 2 und 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) wurde vom Landgericht die amtsgerichtliche Entscheidung aufgehoben.
  2. Die Beschlussanfechtung selbst hätte bei streitiger Weiterführung des Verfahrens voraussichtlich Erfolg gehabt. Denn der angegriffene Beschluss einer Sonderumlage wäre mangels Angabe des Verteilungsschlüssels und auch eines bestimmten Fälligkeitszeitpunkts wegen des gebotenen Bestimmtheitserfordernisses für ungültig bzw. für nichtig zu erklären gewesen (vgl. z. B. BayObLG, NJW 2003 S. 2323). Auf weiterhin gerügte Einberufungsmängel wäre es insoweit nicht einmal mehr angekommen.
  3. Veranlasst wurde damit der Rechtsstreit durch den ehemaligen Verwalter, weil er einen fehlerhaften Beschlussantrag zur Abstimmung gestellt hat. Allerdings fehlt es am groben Verschulden im Sinne der nach h.M. zu § 49 Abs. 2 WEG anzunehmenden groben Fahrlässigkeit. Grob fahrlässig handelt derjenige, der die erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich grobem Maß verletzt und dasjenige nicht beachtet, was jedem hätte einleuchten müssen. Dabei sind allerdings auch subjektive, in der Person des Handelnden begründende Umstände zu berücksichtigen (BGH, NJW 2005 S. 981). Ein objektiv grober Pflichtverstoß rechtfertigt für sich allein also noch nicht den Schluss auf ein entsprechend gesteigertes persönliches Verschulden; es muss vielmehr auch eine subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung vorliegen (BGH, NJW 2001 S. 2092). Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob es sich – wie hier – um einen professionellen Verwalter handelt, an den höhere Anforderungen als an einen Miteigentümerverwalter zu stellen sind (vgl. Jennißen, WEG, § 49 Rz. 26).

    In subjektiver Hinsicht waren im vorliegenden Fall keine Umstände ersichtlich, die hier die fehlerhafte Beschlussfassung als subjektiv besonders vorwerfbar erscheinen lassen. Zu berücksichtigen war nämlich, dass es um die Finanzierung eines umfangreichen Sanierungsprojekts ging, die auch für einen Berufsverwalter mit Schwierigkeiten verbunden ist. Unkenntnis vor der obergerichtlichen Rechtsprechung zur Bestimmtheit von Sonderumlagebeschlüssen begründet für sich genommen deshalb noch keine besonders schwere Pflichtverletzung.

  4. Auch kann auf Grundlage bloßer Behauptungen noch keine Auferlegung von Kosten gemäß § 49 Abs. 2 WEG erfolgen, auch nicht teilweise. Denn maßgebliches Kriterium für die gerichtliche Ermessensentscheidung nach § 49 Abs. 2 WEG ist, ob sich das Bestehen eines materiell-rechtlichen Ausgleichsanspruchs ohne besondere Schwierigkeiten, insbesondere ohne eine Beweisaufnahme, feststellen lässt; dies ist vorliegend nicht der Fall. Somit mussten in diesem Verfahren bei gebotener summarischer Prüfung die Kosten den mutmaßlich unterliegenden Beklagten auferlegt werden.
 

Link zur Entscheidung

LG München I, Beschluss vom 29.03.2010, 1 T 5340/10

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge