OLG Hamm zu Wohnmobil-Diebstahl: Schlüssel im Fahrzeug gelassen

Einfacher kann man es einem Dieb nicht machen – Schlüssel und Fahrzeugschein lagen unverschlossen im Wohnmobil. Doch die Situation beruhte auf einem Missverständnis – eigentlich sollte die Ehefrau das Fahrzeug abschließen. Muss die Teilkasko den gesamten Schaden ersetzen?

Ein Mann hatte sein Wohnmobil unverschlossen abgestellt und den Autoschlüssel im Fahrzeug gelassen. Seiner Frau hatte er zugerufen, sie solle den Schlüssel ins Haus bringen. Die Verständigung misslang, die Frau brachte den Schlüssel nicht.

Teilkaskoversicherung weigerte sich den Schaden von 48.000 Euro komplett zu übernehmen

Kurze Zeit später wurde das Wohnmobil, in dem sich auch der Fahrzeugschein und der Zweitschlüssel befanden, gestohlen. Vor Gericht musste geklärt werden, ob die Teilkaskoversicherung den gesamten Schaden in Höhe von rund 48.000 EUR ersetzen muss.

Die Versicherung lehnte dies ab. Sie wollte nur einen Teil des Schadens ersetzen, weil sie das Verhalten des Versicherungsnehmers – nämlich das Zurücklassen des Schlüssels im unverschlossenen Wohnmobil – für grob fahrlässig hielt.

OLG Hamm: Keine grobe Fahrlässigkeit – Versicherung muss zahlen

Das OLG Hamm hat entschieden, dass die Versicherung den Schaden in voller Höhe ersetzen muss und ihre Leistungen nicht kürzen darf.

Objektiv grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und einfachste, ganz naheliegende Maßnahmen nicht ergreift, die im konkreten Fall hätten einleuchten müssen. Darüber hinaus setzt grobe Fahrlässigkeit in subjektiver Hinsicht ein besonders hohes Maß an Vorwerfbarkeit voraus.

Es muss sich um eine subjektiv unentschuldbare Pflichtverletzung handeln, die das in § 276 Abs. 2 BGB bestimmte Maß erheblich übersteigt.

Eine Leistungskürzung des Versicherers setzt ferner voraus, dass der Versicherungsfall durch das grob fahrlässige Verhalten herbeigeführt worden ist.

Missverständnis, keine subjektiv grobe Fahrlässigkeit

Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger subjektiv nicht grob fahrlässig gehandelt habe, als er den Fahrzeugschlüssel in der Ablage liegen ließ. Der klagende Wohnmobilbesitzer habe unstreitig dafür gesorgt, dass der Schlüssel während der Mittagspause nicht im Wohnmobil verblieb, indem er seiner Frau zugerufen habe, sie solle den Schlüssel mit nach Hause nehmen. Die Ehefrau sei dieser Aufforderung nur aufgrund eines Missverständnisses nicht nachgekommen.

Ein solches Missverständnis könne schließlich jedem passieren. Das Gericht sah darin keine subjektiv unentschuldbare Pflichtverletzung.

Auch die Umstände, dass der Eigentümer des Wohnmobils weder das Verschließen des Wohnmobils noch die Mitnahme des Schlüssels durch seine Ehefrau kontrolliert hatte, wertete das Gericht nicht als grob fahrlässig.

Versicherungsnehmer muss auch nicht für ein Verschulden Dritter einstehen

Dahinstehen könne, ob der Ehefrau des Klägers ein grob fahrlässiges Verhalten vorgeworfen werden könne, so das Gericht. Etwa, weil sie das Wohnmobil unverschlossen zurückgelassen habe. Denn ein solches wäre dem Kläger jedenfalls nicht nach den Grundsätzen der Repräsentantenhaftung zuzuordnen. Weder im Rahmen des § 28 VVG noch im Rahmen des § 81 VVG und vergleichbarer vertraglicher Regelungen in den Versicherungsbedingungen muss der Versicherungsnehmer für das Verschulden Dritter nach § 278 BGB einstehen.

(OLG Hamm, Beschluss v. 23.01.2023, 6 U 107/21)