Entscheidungsstichwort (Thema)

Merkantiler Minderwert eines Kfz nach Gasverpuffung im Innenraum

 

Normenkette

BGB §§ 280, 149

 

Verfahrensgang

AG Siegburg (Entscheidung vom 09.07.2010; Aktenzeichen 109 C 379/09)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Siegburg vom 09.07.2010 - 109 C 379/09 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.572,87 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.08.2009 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 240,86 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.11.2009 zu zahlen.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

  • II.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

  • III.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

  • IV.

    Die Revision wird nicht zugelassen

 

Gründe

I.

Die Darstellung des Tatbestandes entfällt gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO. Da die Revision nicht zugelassen wurde und der für die Nichtzulassungsbeschwerde nach § 26 Nr. 8 EGZPO erforderliche Beschwerdewert nicht erreicht ist, ist ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache zum weit überwiegenden Teil Erfolg.

1.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB auf Ersatz des merkantilen Minderwerts ihres Fahrzeugs zu, der auf einen Betrag in Höhe von 700 € zu beziffern ist.

a)

Bei dem merkantilen Minderwert handelt es sich um eine Minderung des Verkaufswerts einer Sache, die trotz vollständiger und ordnungsgemäßer Instandsetzung allein deshalb verbleibt, weil bei einem großen Teil des Publikums, vor allem wegen des Verdachts verborgen gebliebener Schäden, eine den Preis beeinflussende Abneigung gegen den Erwerb besteht. Diese Wertdifferenz stellt einen zu ersetzenden unmittelbaren Vermögensschaden dar (vgl. BGH, Urt. v. 23.11.2004 - VI ZR 357/03, [...] Rn. 16; Gehrlein, in: Budewig/Gehrlein/Leipold, Der Unfall im Straßenverkehr, 2008, Kap. 20 Rn. 73; Knerr, in: Geigel, Der Haftpflichtprozess, 25. Aufl. 2008, Kap. 3 Rn. 55). Allgemein anerkannt ist, dass ein merkantiler Minderwert bei einem Fahrzeug dann anzunehmen ist, wenn die Reparatur mit einem nicht unerheblichen Eingriff in dessen bis dahin integres Gefüge verbunden ist. Dementsprechend ist ein merkantiler Minderwert zu verneinen, wenn Bagatellschäden, d.h. Schäden, durch die die Substanz des Fahrzeugs an tragenden Teilen nicht beeinträchtigt worden ist und die auch die Möglichkeit eines sog. Gefügeschocks mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als ausgeschlossen erscheinen lassen, in einer renommierten Fachwerkstatt durch Austausch der deformierten Teile gegen fabrikneue genormte Ersatzteile unauffällig und nachhaltig beseitigt worden sind. In aller Regel wird es sich bei diesen Bagatellschäden um Schäden an Schraubteilen handeln, die relativ leicht von dem Fahrzeug getrennt und an das Fahrzeug wieder angebaut werden können. Auch die Höhe der Reparaturkosten wird als Kriterium für das Entstehen eines merkantilen Minderwerts herangezogen. Dagegen ist die Frage, ob der Schaden im Fall eines Verkaufs zu offenbaren ist, nicht von Bedeutung (vgl. zu den Kriterien im Einzelnen Halm/Fitz, in: Himmelreich/Halm, Hdb. der Kfz-Schadensregulierung, 2009, Kap. D Rn. 85f., 88ff.). Bei der Bemessung des merkantilen Minderwerts sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere Alter, Fahrleistung und Erhaltungszustand sowie Marktsituation und Marktgängigkeit des Fahrzeugs, ferner Art und Ausmaß des Schadens. Auch eventuelle Wertverbesserungen durch die Reparatur sind einzubeziehen. Die genaue Höhe des merkantilen Minderwerts ist nach freier tatrichterlicher Überzeugung gemäß § 287 Abs. 1 ZPO im Wege der Schätzung zu ermitteln (vgl. Halm/Fitz, in: Himmelreich/Halm, a.a.O., Kap. D Rn. 97). Eine allgemein anerkannte Schätzungsmethode hat sich bislang nicht durchgesetzt (vgl. den Überblick bei Gehrlein, in: Budewig/Gehrlein/Leipold, a.a.O., Kap. 20 Rn. 78ff.; Knerr, in: Geigel, a.a.O., Kap. 3 Rn. 57ff.; ferner Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl. 2010, § 251 Rn. 17).

b)

Soweit das Amtsgericht unter Berufung auf das Gutachten des von ihm bestellten Sachverständigen U vom ##.04.20## das Vorliegen eines merkantilen Minderwerts des klägerischen Fahrzeugs verneint hat, bestanden Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellung im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

In diesem Gutachten ist das Vorliegen eines merkantilen Minderwerts des klägerischen Fahrzeugs mit der Begründung verneint worden, dass keine Blechteile ausgewechselt und auch keine Lackierungsarbeiten durchgeführt worden seien. Es seien lediglich verklippte Sitzbezüge, steckbare Türverkleidungen und der Dachhimmel ausgetauscht worden. Nur zum Austausch der Sicherheitsgurte und zum Ausbau der Sitze seien Schraubverbindungen zu lösen und wieder zu befestigen gewesen. Das klägerische Fahrzeug könne auch nicht als Unfallfahrzeug bezeichnet werden, da die Reparatur, die zu dem Ausbrennen gefü...

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