Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 09.12.1997; Aktenzeichen 64 S 266/97)

AG Berlin-Neukölln (Urteil vom 16.05.1997; Aktenzeichen 2 C 210/96)

 

Tenor

Das Versäumnisurteil des Landgerichts Berlin vom 9. Dezember 1997 – 64 S 266/97 – wird aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 16. Mai 1997 verkündete Urteil des Amtsgerichts Neukölln – 2 C 210/96 – unter Zurückweisung der Berufung im übrigen abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Die Beklagte wird verurteilt, in der Wohnung … Berlin, Vorderhaus, 2. Obergeschoß links,

  1. die Heizung derart instandzusetzen, daß in allen Räumen mit Ausnahme des Bades in der Zeit von 6.00 Uhr bis 23.00 Uhr eine Temperatur von 20°C und in der Zeit von 23.00 Uhr bis 6.00 Uhr eine Temperatur von 18°C erreicht wird.
  2. Die Warmwasserversorgung derart instandzusetzen, daß Warmwasser ohne Vorlauf mit einer Temperatur von mindestens 40°C entnommen werden kann.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten ihrer Säumnis in der zweiten Instanz zu tragen. Von den übrigen Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben die Kläger 41/50 und die Beklagte 9/50 zu tragen.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die statthafte (§ 511 ZPO), den notwendigen Wert der Beschwer erreichende (§ 511 a Abs. 1 ZPO), form- und fristgerecht eingelegte und begründete (§§ 516, 518, 519 ZPO) Berufung ist zulässig.

II.

Durch den Einspruch gegen das Versäumnisurteil der Kammer ist der Rechtsstreit in die Lage vor der Säumnis versetzt worden, § 342 ZPO. Denn der Einspruch ist statthaft (§ 338 ZPO) und form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 339 Abs. 1, 340 ZPO). Zur Klarstellung war jedoch das Versäumnisurteil aufzuheben.

Die Berufung ist teilweise begründet. Den Klägern stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Instandsetzung ihrer Wohnung gemäß § 536 BGB nicht in dem erstinstanzlichen zuerkannten Umfang zu.

1. Heizung

Den Klägern steht dem Grunde nach ein Anspruch auf Instandsetzung der Heizung gegen die Beklagte nach § 536 BGB zu, wobei ihr Antrag dahingehend auszulegen ist, daß er auf ein ordnungsgemäßes Heizen gerichtet ist (vgl. hierzu Kinne, Heizung, Teil A RN 12). Denn für die Entscheidung ist davon auszugehen, daß die Heizungsanlage mangelhaft ist.

Die Heizperiode ist vom 1.10. bis zum 30.4. des Folgejahres zu bemessen (vgl. hierzu Kinne, Heizung, Teil A RN 5). Denn hinsichtlich der Heizung fehlt eine mietvertragliche Regelungen (Heizperiode, Temperaturen). Dabei ist – ebenfalls mangels vertraglicher Regelung – eine Raumtemperatur für die Wohnräume in der Zeit von 6.00 Uhr bis 23.00 Uhr von 20°C, für Bad und Toilette in derselben Zeit von 21°C und in der Zeit von 23.00 Uhr bis 6.00 Uhr von 18°C für alle Räume mangelfrei und als vertragsgemäße Erfüllung anzusehen.

In der Rechtsprechung wird die Frage, welche Temperatur eine ordnungsgemäße Erfüllung der Pflicht zum Beheizen darstellt, uneinheitlich beantwortet. So ist eine formularvertraglich vereinbarte Temperatur von 18°C in der Zeit zwischen 9.00 Uhr und 21.00 Uhr als wirksam angesehen worden (vgl. OLG Berlin GE 1989, 149). Dagegen vertritt das LG Göttingen (ZMR 1988, 179) die Ansicht, formularmäßig könne für die Zeit der Heizperiode eine Temperatur von unter 19°C nicht wirksam vereinbart werden. Nach einer Entscheidung des OLG Celle (WuM 1990, 112, 113; offen gelassen von BGH NJW 1991, 1750, 1753) soll es sich bei der formularmäßigen Begrenzung der Temperatur innerhalb der Heizperiode in der Zeit von 7.00 Uhr bis 22.00 Uhr auf 20°C um die unterste Grenze des in Geschäftsbedingungen Zulässigen handeln. Das OLG Frankfurt (NJW-RR 1992, 396, 397) hat eine Klausel wegen mangelnder Differenzierung für unwirksam gehalten, die allgemein für Räume, die zum „Tagesaufenthalt” dienen, eine formularmäßig vereinbarte Temperatur von 20°C für vertragsgemäß erklärte; das OLG hielt in dieser Entscheidung für Bäder und Toiletten erst eine Mindesttemperatur von 22°C für angemessen.

Mangels vertraglicher Vereinbarung sind die aus dem Urteilstenor ersichtliche Temperaturen als geschuldet und mangelfrei anzusehen. Hierfür kommt es nicht darauf an, welche Temperaturen eine Heizung – ausgehend vom konkret errechneten Wärmebedarf für eine Wohnung – erbringen muß, um werkvertraglich als mangelfrei zu gelten. Vielmehr ist der gewöhnliche, am zeitgemäßen Wohnstandard zu bemessende Gebrauch der Mietsache zugrunde zu legen (Vgl. BGH, a.a.O., S. 1753). Dabei können die o.g. Entscheidungen, die hauptsächlich im Rahmen einer Klauselkontrolle nach dem AGBG ergangen sind, herangezogen werden. Denn § 9 AGBG läßt eine Regelung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen nur insoweit zu, als dadurch für den Vertragspartner des Klauselverwenders keine unangemessene Benachteiligung entsteht. Klauseln, die unter diesem Blickwinkel Bestand haben, sind geeignet, den gewöhnlichen Gebrauch einer Mietsache zu konkretisieren.

Danach entspricht eine Raumtemperatur am Tage von 22°C (für Band und Toilette) bzw. von 20° C (...

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