Entscheidungsstichwort (Thema)

Eigenbedarfskündigung: Schadensersatzanspruch des Mieters bei Wegfall des Eigenbedarfs

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Mieter hat gegen den Vermieter einen Anspruch auf Ersatz des ihm durch die Beendigung des wegen Eigenbedarfs des Vermieters gekündigten Mietverhältnisses entstandenen Schadens, wenn der Vermieter dem Mieter den Wegfall des Eigenbedarfs vor Räumung der Wohnung nicht mitgeteilt und sich nicht zur Fortsetzung des Mietverhältnisses bereiterklärt hat.

2. Diesem Schadensersatzanspruch steht eine einvernehmliche Beendigung des Mietverhältnisses jedenfalls dann nicht entgegen, wenn diese durch die Eigenbedarfskündigung adäquat kausal verursacht worden ist.

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 03. November 1992 verkündete Urteil des Amtsgerichts Spandau - 5 C 373/92 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen. Insoweit wird auf die Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die statthafte (§§ 511 ZPO), den notwendigen Wert der Beschwer (§ 511 a ZPO) erreichende Berufung des Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 516, 518, 519 ZPO) und damit zulässig.

II.

In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.

1. Zu Recht ist das Amtsgericht davon ausgegangen, daß den Klägern gegen den Beklagten ein Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung in Höhe der geltend gemachten 4.000,- DM zusteht. Es konnte dahinstehen, ob der vom Beklagten behauptete Eigenbedarf bis zum Juli 1991 bestanden hat oder nicht. Jedenfalls lag eine Verletzung der dem Beklagten obliegenden Pflichten darin, daß er den Wegfall des Eigenbedarfs im Juli 1991 dem Beklagten nicht mitgeteilt und sich zur Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht bereit erklärt hat (vgl. OLG Karlsruhe, WM 1982, 11; BayObLG 1982, 217, 220; LG Berlin ZMR 1988, 387, 388).

Zwar ist es in der Regel erforderlich, aber auch ausreichend, daß die Gründe der Kündigung im Zeitpunkt der Erklärung vorliegen. Das folgt daraus, daß sich Kündigungsgründe meistens aus einem in der Vergangenheit liegenden Verhalten oder Ereignis ergeben. In diesen Fällen sind spätere Änderungen grundsätzlich unbeachtlich. Anders verhält es sich jedoch mit dem Kündigungsgrund aus § 564 b Abs. 2 Nr. 2 BGB. Dieser setzt, von der Kündigung aus gesehen, eine längere Fortdauer voraus, daß nämlich der Eigenbedarf auch noch bei Beendigung des Mietvertrages besteht und der Vermieter die Wohnung daher tatsächlich in Anspruch nehmen muß. § 564 b BGB will dem Vermieter nur dann die Möglichkeit zur Beendigung des Mietvertrages geben, wenn er ein berechtigtes Interesse daran hat. Da der Mieter umfassend vor einem objektiv ungerechtfertigten Verlust der Wohnung geschützt werden soll, besteht das Schutzbedürfnis auch noch dann, wenn der vorübergehend vorhandene Eigenbedarf noch vor Beendigung des Mietvertrages wieder entfällt; denn es fehlt dann an einem Grund, dem Mieter den Wohnungswechsel zuzumuten.

2. Ein Schadensersatzanspruch der Kläger wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß sich die Kläger letztlich mit dem Beklagten auf eine einverständliche Aufhebung des Mietverhältnisses geeinigt haben (OLG Karlsruhe, a.a.O., 54, 55; Urteil der Kammer vom 21. Juni 1985 - 64 S 370/84 - GE 1986, 453). Denn obwohl von Anfang an bei den Klägern Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Beklagten in seinem Kündigungsschreiben vom 27. November 1989 bestanden, hat der Beklagte doch auf die ausdrückliche Nachfrage der Kläger vom 05. September 1990 mit Schreiben vom 26. Oktober 1990 das Fortbestehen der Eigenbedarfsgründe behauptet und mit diesem Schreiben eine erneute Kündigung ausgesprochen. Kommt der Mieter in einer derartigen Situation zu dem Entschluß, sich bereits der Kündigung zu beugen, bleibt die Kündigung für den durch den Umzug entstandenen Schaden gleichwohl adäquat kausal. Obwohl ein auf eigener Willensentschließung beruhendes Verhalten des Mieters in diesem Fall hinzutritt, wird der Kausalzusammenhang nicht unterbrochen. Denn das Handeln wurde durch die Kündigung herausgefordert und stellt keine ungewöhnliche, sondern eine unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen beider Vertragsparteien naheliegende Reaktion der Kläger dar. Dem steht auch nicht entgegen, daß dem Schreiben der Kläger vom 11. Juli 1991 zu entnehmen ist, daß sie der "ständigen Reibereien" überdrüssig sind und die Ansicht vertraten, aufgrund weiteren vertragswidrigen Verhaltens des Beklagten zur Aufgabe ihrer Zahnarztpraxis gezwungen zu sein. Denn die Kläger haben in ihrem Schreiben vom 11. Juni 1991 ausdrücklich auf das Schreiben des Beklagten vom 26. Oktober 1990, in dem erneut die Eigenbedarfskündigung ausgesprochen worden ist, Bezug genommen, so daß letztlich die Eigenbedarfskündigung kausal für ihr Einverständnis zu einer einverständlichen Aufhebung des Mietverhältnisses war.

3. Bestand der Eigenbedarf bereits zum Zeitpunkt des Mietaufhebungsvertrages...

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