RECHTSBESCHWERDE / ZUGELASSEN JA

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Ersatz von Schulungskosten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auf den Kostenerstattungsanspruch gem. §§ 37 Abs. 6, 40 Abs. 1 BetrVG ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit anzuwenden (im Anschluß an LAG Schleswig-Holstein, Beschluß vom 03.09.1987 – 4 TaBV 25/87 –).

2. Eine dreiwöchige Schulung eines Betriebsratsmitgliedes vier Monate vor dem Ende der Amtszeit des Betriebsrates verstößt gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn nicht besondere Gründe die. Schulung erforderlich machen.

3. Die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit, daß sich das betreffende Betriebsratsmitglied zur Wiederwahl stellt bzw. wiedergewählt wird, ändert hieran nichts.

 

Normenkette

BetrVG §§ 40, 37 Abs. 6

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Beschluss vom 22.07.1987; Aktenzeichen 4 BV 28/87)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 07.06.1989; Aktenzeichen 7 ABR 26/88)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Lübeck vom 22. Juli 1987 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller ist eine von der Gewerkschaft Nahrung-Genuß-Gaststätten getragene Bildungseinrichtung. In seinem Bildungszentrum in Oberjosbach nahm das seinerzeitige Mitglied des bei der Antragsgegnerin bestehenden Betriebsrats A. O. aufgrund eines Beschlusses des Betriebsrates vom 17. Oktober oder 17. November 1986 vom 18. Januar bis 30. Januar 1987 an einer Schulung mit der Bezeichnung „Betriebsverfassung Stufe II” teil. Wegen der dort behandelten Themen wird auf den in Kopie zur Akte gereichten „Themen- und Zeitplan” verwiesen (Bl. 8 d. A.). Auf die entsprechende Mitteilung des Betriebsrats vom 18. November 1986 (Bl. 4/5 d. A.) widersprach die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 01. Dezember 1986 (Bl. 6 d. A.) der Teilnahme des Betriebsratsmitglieds O.. O. hatte in der Zeit vom 22. bis 28. September 1986 bereits an einer Schulungsveranstaltung „Betriebsverfassung Stufe I” teilgenommen. Die hierauf aufbauende Schulung „Betriebsverfassung Stufe II” findet mehrmals jährlich statt. Von der Möglichkeit nach § 37 Abs. 7 BetrVG geschult zu werden, hat O. während der abgelaufenen Amtszeit keinen Gebrauch gemacht.

Am 26. März 1987 wurde bei der Antragsgegnerin ein neuer Betriebsrat gewählt. A. O. wurde zum ersten Ersatzmitglied gewählt.

Die Schulung verursachte Kosten in Höhe von 1.077,50 DM. O. hat seine Forderung über diesen Betrag an die Antragstellerin abgetreten.

Der Antragsteller hat die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen für eine Erstattung der Schulungskosten gemäß § 37 Abs. 6 BetrVG lägen vor. Bei der Beschlußfassung über die Teilnahme von O. an der Schulungsveranstaltung sei noch davon ausgegangen worden, daß die Betriebsratswahlen erst bei Ablauf der Amtszeit des Betriebsrats im Mai 1987 durchgeführt werden würden. Erst im Januar 1987 sei die Wahl vorgezogen worden, da sich herausgestellt habe, daß der Betriebsratsvorsitzende K. erst zu diesem Zeitpunkt zum 01. April 1987 aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden würde. Der Betriebsrat habe mithin bei der Beschlußfassung davon ausgehen können, daß das Betriebsratsmitglied O. noch mindestens sechs Monate im Amt sein würde. Der Antragsteller meint, daß auch Anhaltspunkte für eine Gefährdung der Wiederwahl von O. nicht vorgelegen hätten. Die Teilnahme von O. an beiden Schulungsveranstaltungen sei auch erforderlich gewesen, da bisher lediglich die Betriebsratsmitglieder K. und B. des aus insgesamt fünf Mitgliedern bestehenden Betriebsrats an derartigen Schulungsveranstaltungen teilgenommen hätten.

Der Antragsteller hat beantragt,

die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an den Antragsteller 1.077,50 DM nebst 4% Zinsen seit Zustellung dieses Antrages zu zahlen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin hat vorgetragen: Die Voraussetzungen von § 37 Abs. 6 BetrVG seien nicht gegeben. Der Antragsteller habe die Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch nicht ausreichend vorgetragen. Die Vorlage des Themenplanes reiche nicht aus. Auch sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt, wenn ein Betriebsratsmitglied sechs bis acht Wochen vor der Betriebsratswahl ohne sichere Anzeichen bei einer Wiederwahl an einer zweiwöchigen Schulungsveranstaltung teilnehme.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

Zwar reiche der zur Akte gereichte Themenplan der Schulungsveranstaltung aus, um beurteilen zu können, welche Kenntnisse vermittelt worden seien. Es handelt sich auch überwiegend um solche Kenntnisse, die jedes Betriebsratsmitglied eines auch mehrköpfigen Betriebsrats auf die Dauer einer Amtszeit gesehen generell benötige, um die Betriebsratsaufgaben erledigen zu können, die immer wieder anfallen. Die Schulung von O. sei jedoch im Hinblick auf die kurze restliche Amtsdauer des Betriebsrats von drei bis vier Monaten nicht erforderlich gewesen. Aus dem Themenplan ergebe sich, daß überwiegend Kenntnisse angesprochen seien, die immer wieder anfallen wü...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge