Entscheidungsstichwort (Thema)

Gleichbehandlung bei Abschluss von Altersteilzeitverträgen trotz Überschreitung der Überlastquote. Klage eines Gymnasiallehrers auf Annahme seines Vertragsangebotes auf Altersteilzeit im Blockmodell bei unzureichenden Darlegungen des beklagten Landes zur wirksamen Einstellung der freiwilligen Leistung sowie zu entgegenstehenden dringenden betrieblichen Belangen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Schließt der Arbeitgeber mit Beschäftigten Altersteilzeitverträge, obwohl er wegen Überschreitens der in § 3 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 AltTzG geregelten Überlastquote hierzu nicht verpflichtet ist, erbringt er eine freiwillige Leistung und hat deshalb bei der Entscheidung über den Antrag eines Arbeitnehmers auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrags den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten.

2. Der Arbeitgeber kann diese Verwaltungspraxis durch Festsetzung eines Stichtages wieder beenden; bestimmt der Arbeitgeber für Altersteilzeitanträge einen Stichtag in der Zukunft, hat er dafür zu sorgen, dass der Stichtag den berechtigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bekannt wird.

3. Der Anspruch eines Gymnasiallehrers auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrags ist in den Fällen ausgeschlossen, in denen die vom Arbeitnehmer begehrte Vertragsänderung gewichtige Belange des Arbeitgebers in erheblichem Maße beeinträchtigt (§ 2 Abs. 3 TV-ATZ LSA); für die tatsächliche Grundlage dieses Ablehnungsgrundes ist das beklagte Land darlegungs- und beweispflichtig.

 

Normenkette

ATG (1996) § 3 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1; GG Art. 3 Abs. 1; AltTZG § 3 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1; BGB §§ 242, 611a; TV-ATZ LSA § 2 Abs. 2; TV-ATZ LSA § 2 Abs. 3; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Dessau (Entscheidung vom 29.02.2016; Aktenzeichen 3 Ca 72/15)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dessau-Roßlau vom 29.02.2016 (Az.: 3 Ca 72/15) abgeändert.

Das beklagte Land wird verurteilt, das Angebot des Klägers auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages im Blockmodell mit einer Laufzeit vom 01.11.2015 bis zum 30.04.2021 (5,5 Jahre) anzunehmen, wobei die Arbeitsphase und die Freistellungsphase jeweils hälftig auf die Gesamtdauer des Teilzeitarbeitsverhältnisses verteilt werden und das Altersteilzeitarbeitsverhältnis mit der Arbeitsphase beginnt.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt das beklagte Land.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Abschluss eines Altersteilzeitvertrages.

Der am ... geborene Kläger ist seit dem 06.02.1986 zuletzt als Lehrer am L... Gymnasium in W... für die Fächer Biologie/Chemie beschäftigt. Das durchschnittliche Bruttomonatsgehalt des Klägers betrug zuletzt ca. ... €.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet aufgrund einzelvertraglicher Bezugnahme der Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit im Bereich der Landesverwaltung Sachsen-Anhalt vom 24. Januar 2012 (TV ATZ LSA) Anwendung. Dieser enthält u. a. folgende Regelungen:

"Präambel

Ausgehend von der Tarifeinigung In den Tarifverhandlungen für die Beschäftigten der Länder vom 10. März 2011 ist im Rahmen der Vorgaben des Altersteilzeitgesetzes (AltTZG) vom 23. Juli 1996 in der jeweils geltenden Fassung die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis möglich.

§ 1

Geltungsbereich

Dieser Tarifvertrag gilt für die Beschäftigten der Landesverwaltung Sachsen-Anhalts, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TV-L) fallen.

§ 2

Voraussetzungen der Altersteilzeitarbeit

(1) Der Arbeitgeber kann mit Beschäftigten, die

a) das 55. Lebensjahr vollendet und

b) innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Altersteilzeit mindestens 1080 Kalendertage in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch gestanden haben,

die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes (AltTZG) vereinbaren; das Altersteilzeitarbeitsverhältnis muss ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des Dritten Buches Sozialgesetzbuch sein.

(2) Beschäftigte, die das 60. Lebensjahr vollendet haben und die Voraussetzung nach Abs. 1 Buchst. b) erfüllen, haben Anspruch auf Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Der Beschäftigte hat den Arbeitgeber drei Monate vor dem geplanten Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses über die Geltendmachung des Anspruchs zu informieren, von dem Fristerfordernis kann einvernehmlich abgewichen werden.

(3) Der Arbeitgeber kann die Vereinbarung eines Altersteilzeltarbeitsverhältnisses ablehnen, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe entgegenstehen.

(4) Das Arbeitsteilzeitarbeitsverhältnis soll mindestens für die Dauer von zwei Jahren vereinbart werden. Es muss vor dem 1. Januar 2017 beginnen. Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis muss sich auf die Zeit erstrecken, bis eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann.

§ 3

Reduzierung und Verteilung der Arbeitszeit

(1) Die durchschnittliche ...

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