Entscheidungsstichwort (Thema)

Gleichbehandlungsanspruch einer Lehrerin auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages im Blockmodell

 

Leitsatz (amtlich)

Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz i. V. m. § 2 Abs. 2 TV ATZ LSA (Lehrerin an einer Gemeinschaftsschule).

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbstgegebenen Regelung gleich zu behandeln. Der Gleichbehandlungsgrundsatz wird inhaltlich durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bestimmt.

2. Schließt der Arbeitgeber mit Beschäftigten Altersteilzeitarbeitsverträge, obwohl er wegen Überschreitens der in § 3 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 AltTZG geregelten Überlastquote hierzu nicht verpflichtet ist, erbringt er eine freiwillige Leistung und hat deshalb bei der Entscheidung über den Antrag einer Arbeitnehmerin auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten.

3. Das beklagte Land verstößt gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn es mit mehreren Beschäftigten Altersteilzeitarbeitsverträge abgeschlossen hat, obwohl die Überlastquote überschritten war, dies aber gegenüber anderen vergleichbaren Beschäftigten verweigert.

4. Der Umstand, dass für bestimmte Fächer zukünftig kein Bedarf mehr besteht, steht einer Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht entgegen. Dieser beschränkt die jeweilige Vergleichsgruppe in Bezug auf den Abschluss von Altersteilzeitarbeitsverträgen nicht auf Lehrkräfte mit bestimmten Fächerkombinationen, weil die sich aus den jeweiligen von der Lehrkraft unterrichteten Fächern ergebenden Besonderheiten bei der Frage, ob dem Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages dringende dienstliche Gründe im Sinne des § 2 Abs. 3 TV-ATZ LSA entgegenstehen, zu berücksichtigen sind.

5. Es liegt in der Natur der Sache, dass durch den Abschluss eines Tarifvertrages, der älteren Arbeitnehmern den gleitenden Übergang in die Altersruhe ermöglicht und dafür im Gegenzug die Einstellung von jungen Arbeitnehmern fördern soll, bei dem an diesen Tarifvertrag gebundenen öffentlichen Arbeitgeber ein Personalbedarf entsteht. Insoweit hat der den Tarifvertrag abschließende Arbeitgeber als Konsequenz seines vertraglichen Handelns sein personalwirtschaftliches Konzept entsprechend anzupassen, so dass für den Fall, dass das beklagte Land dies zunächst unterlassen hat, weil es den TV-ATZ LSA als Instrument zur Personalreduzierung eingesetzt hat, dies angesichts der Zweckrichtung des TV-ATZ LSA nicht zu einem pauschalen und ganze Gruppen von Beschäftigten erfassenden Versagungsgrund im Sinne des § 2 Abs. 3 TV-ATZ LSA führen kann, da § 2 Abs. 3 TV-ATZ LSA auf den konkreten Einzelfall abstellt und gerade keine “verkappte„ weitere Überlastquotenregelung begründet.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1; BGB §§ 242, 611 Abs. 1; ATG § 3 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1; TV-ATZ LSA § 2 Abs. 1; TV-ATZ LSA § 2 Abs. 2; TV-ATZ LSA § 2 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Magdeburg (Entscheidung vom 01.03.2017; Aktenzeichen 5 Ca 772/16)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 01.03.2017 (Az.: 5 Ca 772/16) abgeändert.

Das beklagte Land wird verurteilt, das Angebot der Klägerin auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages im Blockmodell mit einer Laufzeit vom 01.09.2016 bis zum 31.12.2018 anzunehmen, wobei die Arbeitsphase vom 01.09.2016 bis 31.10.2017 dauern und die Freistellungsphase den Zeitraum vom 01.11.2017 bis 31.12.2018 umfassen soll.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt das beklagte Land.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Abschluss eines Altersteilzeitvertrages.

Die am ... geborene Klägerin ist seit 1978 zuletzt als Lehrerin an der Gemeinschaftsschule in M... als Lehrerin für Mathematik und Physik beschäftigt. Die Klägerin weist einen Behinderungsgrad von 30 % auf. Sie hat bei der Arbeitsagentur einen Antrag auf Gleichstellung gestellt, über den noch nicht bestandskräftig entschieden ist. Das durchschnittliche Bruttomonatsgehalt der Klägerin betrug zuletzt ca. ... €.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet aufgrund einzelvertraglicher Bezugnahme der Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit im Bereich der Landesverwaltung Sachsen-Anhalt vom 24. Januar 2012 (TV ATZ LSA) Anwendung. Dieser enthält u. a. folgende Regelungen:

"Präambel

Ausgehend von der Tarifeinigung In den Tarifverhandlungen für die Beschäftigten der Länder vom 10. März 2011 ist im Rahmen der Vorgaben des Altersteilzeitgesetzes (AltTZG) vom 23. Juli 1996 in der jeweils geltenden Fassung die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis möglich.

§ 1

Geltungsbereich

Dieser Tarifvertrag gilt für die Beschäftigten der Landesverwaltung Sachsen-Anhalts, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages für den öffentl...

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