OVG: Anhebung Altersgrenze zur Unterrichtsreduzierung rechtens

Ältere Lehrerinnen und Lehrer müssen in Sachsen-Anhalt weniger Stunden pro Woche unterrichten als jüngere. Das Land hatte die Altersgrenze dafür von 60 auf 62 Jahre erhöht. Dies ist rechtens, wie das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt aktuell entschied.

Nach der Verordnung über die Arbeitszeit der Lehrkräfte an öffentlichen Schulen (ArbZVO-Lehr LSA) beträgt für Lehrkräfte an Gymnasien die Regelstundenzahl 25 Unterrichtsstunden. Die ArbZVO-Lehr LSA trifft auch Regelungen zur sogenannten Altersermäßigung der sich grundsätzlich aus der Regelstundenzahl ergebenden Unterrichtsverpflichtung der Lehrkräfte. 

Anhebung der Altersgrenze

Mit Wirkung zum 1. Februar 2020 wurde die bisherige Regelung, wonach zur Entlastung der Lehrkräfte die Regelstundenzahl nach Vollendung des 60. Lebensjahres im darauf folgenden Schulhalbjahr um zwei Unterrichtsstunden ermäßigt wird, dahingehend geändert, dass die Entlastung nunmehr erst nach Vollendung des 62. Lebensjahres gewährt wird. 

Verstoß gegen Fürsorgepflicht und Gleichbehandlungsgebot 

Eine Gymnasiallehrerin beantragte gerichtlich, die Anhebung des Beginns der altersbedingten Reduzierung der Unterrichtsverpflichtung für unwirksam erklären zu lassen. Nach der früheren Fassung des § 5 Abs. 1 ArbZVO-Lehr LSA wäre die Zahl der von ihr zu leistenden Unterrichtsstunden ab dem Schuljahr 2020/2021 von 25 auf 23 Unterrichtsstunden abgesenkt worden. Die Anhebung des Beginns der Altersermäßigung um zwei Jahre für Lehrkräfte, die erst nach dem 31. Juli 2019 ihr 60. Lebensjahr vollendeten, sei mit höherrangigem Recht, insbesondere der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gemäß Art. 33 Abs. 5 Grundgesetz und dem allgemeinen Gleichbehandlungsgebot gemäß Art. 3 Abs. 1 GG, nicht vereinbar.

OVG lehnt Antrag ab

Das Oberverwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt. Die Anknüpfung der Altersermäßigung um zwei Unterrichtsstunden an die Vollendung des 62. Lebensjahres der Lehrkräfte verstoße nicht gegen Art. 33 Abs. 5 GG, wonach das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln ist.

Keine Pflicht zur Reduzierung

Es bestehe kein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums, dass der Umfang der wöchentlichen Unterrichtsverpflichtung einer Lehrkraft im Beamtenstatus aus Altersgründen ermäßigt werden müsse. Dass Lehrkräfte, deren Regelstundenzahl nach Vollendung das 60. Lebensjahrs nicht ermäßigt wird, bei der insoweit anzustellenden typisierenden Betrachtungsweise durch die sich dann für sie ergebende Arbeitszeit übermäßig belastet werden, sei nicht erkennbar.

Wie für andere Landesbeamtinnen und - beamte auch sei die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der im Beamtenverhältnis stehenden Lehrkräfte auf 40 Stunden festgelegt. Bei Lehrkräften bestehe allerdings die Besonderheit, dass ihre Arbeitszeit nur hinsichtlich der eigentlichen Unterrichtsstunden exakt messbar sei. Im Übrigen könne sie entsprechend der pädagogischen Aufgabe wegen der erforderlichen Unterrichtsvorbereitung, der Korrekturen, Elternbesprechungen, Konferenzen und dergleichen nicht im Einzelnen in messbarer und überprüfbarer Form bestimmt, sondern nur – grob pauschalierend – geschätzt werden.

Reduzierung im Ermessen des Dienstherren

Ob wegen des typischerweise längeren zeitlichen Aufwands älteren Lehrkräften ein geringeres Unterrichtsdeputat auferlegt werde als jüngeren und gegebenenfalls ab welchem Lebensalter und in welchem Umfang reduziert werde, bestimme der Dienstherr in Wahrnehmung einer ihm zustehenden Einschätzungsprärogative bzw. eines ihm eingeräumten Organisationsermessens.

Keinen Verstoß gegen Fürsorgepflicht

Eine Ermäßigung der Regelstundenzahl nach Vollendung des 60. Lebensjahrs sei fürsorgerechtlich nicht geboten, so das Gericht. Vielmehr handele es sich bei der Gewährung der Stundenermäßigung aus Altersgründen nach § 5 Abs. 1 ArbZVO-Lehr LSA um eine freiwillige, im Ermessen des Dienstherrn stehende Maßnahme der Arbeitserleichterung. Für die Annahme, dass etwa Lehrkräfte an öffentlichen Gymnasien, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, bei generalisierender und pauschalierender Anschauung zeitlich über ihr physisches und psychisches Leistungsvermögen hinaus in Anspruch genommen werden, wenn sie im Durchschnitt wöchentlich die volle Regelstundenzahl von 25 Unterrichtsstunden erteilen, gebe es nach Ansicht des Gerichts keinen Anhaltspunkt.

Mit Gleichheitssatz im Einklang

Die Beschränkung der Entlastung bei der Unterrichtserteilung auf Lehrkräfte, die das 62. Lebensjahr vollendet haben, stehe auch mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG in Einklang. Im Fall einer Ermäßigung der regelmäßigen Unterrichtsverpflichtung bei älteren Lehrkräften bilde die Vollendung eines bestimmten Lebensalters naturgemäß ein sachliches Differenzierungskriterium. Mit der Festlegung auf die Vollendung des 62. Lebensjahrs habe der Verordnungsgeber die Grenzen seiner normativen Gestaltungsfreiheit nicht überschritten. Die Verschiebung des Beginns der Altersermäßigung um zwei Jahre diene dazu, das Regelmaß der Unterrichtsverpflichtung der Lehrkräfte an die bereits um zwei Jahre heraufgesetzte beamtenrechtliche Regelaltersgrenze anzupassen. Das sei nicht zu beanstanden.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig

(OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 23.06.2021, 1 K 132/20)


OVG Sachsen-Anhalt
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