Entscheidungsstichwort (Thema)

Beteiligtenstellung. Beschwerde. Beschlussverfahren. Beschwerde über Beteiligtenstellung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der „Beschluss” des Arbeitsgerichts darüber, wer an einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren als Beteiligter im Sinne des § 83 Abs. 3 ArbGG anzusehen ist und wem demzufolge Gehör zu gewähren ist, ist nicht beschwerdefähig.

2. Dies gilt auch, wenn das Arbeitsgericht anstelle des ursprünglichen Antragsgegners ein anderes Organ am Verfahren beteiligt; einen Antragsgegner im Sinne eines kontradiktorischen Verfahrens kennt das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren nicht. Die formelle Bezeichnung als „Antragsgegner” durch den Antragsteller führt nur dann zur materiellen Beteiligung, wenn dem Antragsgegner die Verurteilung zu einer Leistung, Handlung oder Unterlassung droht.

3. Die Festlegung des Beteiligtenstatus durch „Zwischenbeschluss” entsprechend § 303 ZPO kommt in einer derartigen Konstellation nicht in Betracht.

4. Der Wahlvorstand ist in einem Verfahren nach § 18 Abs. 2 BetrVG zur Feststellung, ob ein gemeinsamer Betrieb vorliegt, nicht mehr Beteiligter, wenn der gewählte Betriebsrat im Amt ist.

 

Normenkette

ArbGG § 83 Abs. 3; BetrVG § 18 Abs. 2; ArbGG § 78

 

Verfahrensgang

ArbG Bamberg (Beschluss vom 18.10.2006; Aktenzeichen 1 BV 14/06)

 

Tenor

Die Beschwerde des ursprünglichen Antragsgegners gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bamberg vom 18.10.2006, Az. 1 BV 14/06, wird als unzulässig verworfen.

 

Tatbestand

I.

Der Beschwerdeführer, Wahlvorstand für eine Betriebsratswahl, war als Antragsgegner in einem von zwei Unternehmen im Juni 2006 eingeleiteten Beschlussverfahren aufgeführt. In diesem Verfahren beantragten diese Unternehmen die Feststellung, dass zwischen ihnen kein gemeinsamer Betrieb bestehe, sowie Untersagung, ein Verfahren zur Wahl eines gemeinsamen Betriebsrats für ihre beiden Betriebe durchzuführen. Am 11.09.2006 wurde für die Betriebe der Antragsteller ein gemeinsamer Betriebsrat gewählt.

Im Anhörungstermin vom 18.10.2006 erließ die Kammer des Arbeitsgerichts, nachdem die Antragstellerinnen nach Hinweis eine entsprechende Änderung angeregt hatten, folgenden Beschluss: Anstelle der bisherigen Antragsgegnerseite „Wahlvorstand …” tritt als Antragsgegner „Betriebsrat für den Gemeinschaftsbetrieb …”.

Die bisherigen Prozessbevollmächtigten des ursprünglich aufgeführten Antragsgegners zeigten sich mit Schreiben vom 03.11.2006 als Bevollmächtigte des Betriebsrats an und stellten im Wege der Beschwerde den Antrag, den Beschluss des Arbeitsgerichts aufzuheben. Als Begründung führten sie an, der Wahlvorstand bleibe in einem Verfahren über das Vorliegen eines Gemeinschaftsbetriebs auch dann Beteiligter, wenn die Wahl in der Zwischenzeit abgeschlossen sei. Gegen eine ungewollte Zulassung des Parteiwechsels könne auch der neue Beteiligte Rechtsmittel einlegen.

Das Arbeitsgericht half durch Beschluss vom 20.11.2006 nicht ab und legte die Beschwerde dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vor mit der Begründung, jedenfalls nach Konstituierung des Betriebsrats sei die Funktion des Wahlvorstandes beendet; er sei nicht mehr beteiligungsbefugt. Die Annahme eines Restmandats sei nicht erforderlich, weil der Betriebsrat dessen Verfahrensstellung einnehmen könne.

Der Betriebsrat wendet sich hiergegen mit der Begründung, die Beendigung des Amtes des Wahlvorstandes könne nicht von sich aus dazu führen, dass der Betriebsrat in ein solches Verfahren eintrete bzw. einzutreten habe. Er beruft sich auf den Beschluss des BAG vom 25.08.1981, aus dem sich ergebe, dass der Wahlvorstand lediglich seine Antrags-, nicht aber seine Beteiligungsfähigkeit verliere. Es gehe um die Funktion des Wahlvorstandes, weil im Falle einer den Antrag der Arbeitgeberinnen stattgebenden Entscheidung seine Legitimation fehlen würde.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist nicht zulässig. Weder ist der „Beschluss” des Arbeitsgerichts, wer am Verfahren „beteiligt” sei im Sinne des § 83 Abs. 3 ArbGG, beschwerdefähig, noch besteht die Beschwerdebefugnis des Betriebsrats.

1. Bei der Frage, wer an einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren „Beteiligter” ist, ist auf die materielle betriebsverfassungsrechtliche Rechtsbetroffenheit abzustellen. Entscheidend ist, ob diese Betroffenheit tatsächlich besteht. Unerheblich ist, ob der Antragsteller ein Organ oder eine Person als Beteiligten bezeichnet hat oder nicht. Über die Frage, ob eine materielle Betroffenheit besteht, haben die Arbeitsgerichte von Amts wegen zu entscheiden. Einen Antragsgegner im Sinne eines kontradiktorischen Parteiverfahrens wie im Urteilsverfahren kennt das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren dagegen nicht (so ausdrücklich BAG vom 20.04.1999, 1 ABR 13/98, EzA § 81 ArbGG 1979 Nr. 17 unter B.II. der Gründe; Eisemann in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 7. Aufl. 2007, § 83 ArbGG Rn. 6; Matthes in Germelmann u.a., ArbGG, 5. Aufl. 2004, § 83 Rn. 18 ff.; Koch in Düwell/Lipke, ArbGV, § 83 Rn. 15). Lediglich dann, wenn einer der Beteiligten als form...

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