Entscheidungsstichwort (Thema)

Sonderzahlung während des Erziehungsurlaubs

 

Leitsatz (amtlich)

Wird eine „Weihnachtsgratifikation” im Jahre des Eintrittes mit 1/12 por Monat der Betriebszugehörigkeit bezahlt, und wird für eine Sonderzahlung zum einen keine bestimmte Wartezeit vorausgesetzt und zum anderen auch nicht die Erfüllung eines Stichtages, und fehlt darüber hinaus eine Rückzahlungsklausel, wie sie für Gratifikationen üblich ist, so handelt es sich um eine Sonderzahlung mit reinem Entgeltcharakter. Damit besteht ein Anspruch auf eine derartige Sonderzahlung nicht für die Zeit des Erziehungsurlaubes, denn während des Erziehungsurlaubes sind die gegenseitigen Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis suspendiert.

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 02.04.1996; Aktenzeichen 8 Ca 808/96)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 22.10.1997; Aktenzeichen 10 AZR 44/97)

 

Tenor

1. Das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 2.4.1996 – 8 Ca 808/96 – wird abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um eine Sonderzahlung.

Die Klägerin ist bei der Beklagten seit 1.7.1989 als Buchhalterin/Personalsachbearbeiterin tätig. Seit Oktober 1994 befindet sie sich in Erziehungsurlaub. Im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 19.5.1989 haben die Parteien bezüglich der Vergütung folgende Regelung getroffen:

„Der Arbeitnehmer erhält eine monatliche, jeweils am Monatsende zahlbare Bruttovergütung von … DM 5.000,– (i.W.: Deutsche Mark fünftausend).

Darüberhinaus wird eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines Monatsgehaltes gewährt, im Jahr des Eintritts jedoch nur 1/12 pro Monat der Betriebszugehörigkeit. Sonstige Zuwendungen sind freiwillige und jederzeit widerrufliche Leistungen, auch wenn sie lange Zeit gewährt werden, entsteht daraus kein Rechtsanspruch.

Der Arbeitnehmer erhält zusätzlich zum Festgehalt einen Bonus gemäß separater Betriebsvereinbarung.”

Mit Schreiben vom 8.12.1994 teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß sie für 1995 kein Weihnachtsgeld erhalten werde.

Mit der Klage zum Arbeitsgericht München begehrt die Klägerin die Weihnachtsgratifikation für 1995 mit DM 4.200,–. Das Arbeitsgericht München hat durch Endurteil vom 2.4.1996 der Klage stattgegeben.

Bezüglich des Sachvortrages der Parteien im ersten Rechtszug, der von ihnen gestellten Anträge und der rechtlichen Erwägungen des Arbeitsgerichtes wird auf den Inhalt des Endurteiles vom 2.4.1996 (Bl. 19– 25 d.A.) verwiesen.

Die Beklagte hat gegen dieses Urteil, das ihr am 7.5.1996 zugestellt wurde, am 31.5.1996 Berufung eingelegt und sie am 11.6.1996 begründet.

Sie trägt vor, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichtes sei das zwischen den Parteien vertraglich vereinbarte Weihnachtsgeld ein reines Arbeitsentgelt und stehe deshalb der Klägerin während des Erziehungsurlaubes nicht zu. Die Verwendung des Begriffes „Weihnachtsgratifikation” schließe nicht aus, daß es sich bei der Leistung um ein arbeitsleistungsbezogenes Entgelt handele.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf den Inhalt der Schriftsätze vom 4.6.1996 (Bl. 42 – 45) und vom 14.8.1996 (Bl. 52/53 d.A.) verwiesen.

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt:

  1. Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 2.4.1996 – Az: 8 Ca 808/96 – wird aufgehoben.
  2. Die Klage wird abgewiesen.
  3. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Klägerin und Berufungsklägerin beantragt dagegen

die kostenpflichtige Zurückweisung der Berufung

und trägt vor, das Arbeitsgericht stelle im Ergebnis richtig fest, daß die Parteien im Arbeitsvertrag zwischen Vergütung, Gratifikation und Bonus genau unterschieden hätten und daß sich keine Anhaltspunkte ergeben, daß die Gratifikation wie eine Vergütung, somit wie ein 13. Gehalt zu bezahlen sei. Bezüglich des weiteren Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 12.7.1996 (Bl. 47 – 50 d.A.) verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung ist zulässig; sie ist gem. § 64 Abs. 2 ArbGG statthaft und wurde form- und fristgerecht eingelegt und begründet, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 518, 519 ZPO.

II.

Die Berufung ist auch begründet. Das Endurteil des Arbeitsgerichtes München vom 2.4.1996 war abzuändern und die Klage abzuweisen, da der Klägerin für 1995 die „Weihnachtsgratifikation” gem. Ziffer II des Arbeitsvertrages vom 19.5.1989 nicht zusteht.

1. Die Auslegung der Vereinbarung in Satz 2 der Ziffer II im Arbeitsvertrag vom 19.5.1989 ergibt, daß es sich bei der „Weihnachtsgratifikation” dem Zweck der Leistung nach ausschließlich um eine Sonderzahlung mit reinem Entgeltcharakter handelt.

Die Regelung der Weihnachtsgratifikation in Ziffer II Satz 2 des Arbeitsvertrages ist eine eigenständige Regelung. Die Weihnachtsgratifikation ist somit keine „sonstige Zuwendung”, wie sie in Ziffer II Satz 3 des Arbeitsvertrages angesprochen ist. Da die „sonstigen Zuwendungen” als freiwillige und jederzeit widerrufliche Leistungen angesprochen sind,...

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