Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe des Verzugsschadens bei Verzug des Arbeitgebers mit der Zahlung des Arbeitsentgelts. Anwendbarkeit der Verzugspauschale

 

Leitsatz (amtlich)

Die Verzugspauschale findet auf arbeitsrechtliche Entgeltansprüche Anwendung (im Anschluss an LAG Köln 22.11.2016 - 12 Sa 524/16; LAG Baden-Württemberg 13.10.2016 - 3 Sa 34/16; LAG Berlin-Brandenburg 22.03.2017 - 15 Sa 51992/16; LAG Niedersachsen 20.4.2017 - 5 Sa 1263/16; a. A. LAG Köln 4.10.2017 - 5 Sa 229/17 - mwN). Die Verzugspauschale fällt bei fehlerhafter oder unterlassener Abrechnung in der Regel monatlich erneut an (im Anschluss an LAG Niedersachsen 20.4.2017 - 5 Sa 1263/16; LAG Berlin-Brandenburg 22.03.2017 - 15 Sa 51992/16).

 

Normenkette

BGB § 288 Abs. 5 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Aachen (Entscheidung vom 17.11.2016; Aktenzeichen 8 Ca 2260/16)

 

Tenor

  1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 17.11.2016 - 8 Ca 2260/16 d - hinsichtlich der Zurückweisung der Verzugspauschale abgeändert:

    Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin - über die vom Arbeitsgericht ausgeurteilten 3.276,73 € brutto hinaus - 400,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.08.2016 zu zahlen.

  2. Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
  3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
  4. Die Revision wird für den Beklagten nur hinsichtlich der 400,00 € (Verzugspauschale) zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche aufgrund Annahmeverzug aus beendetem Arbeitsverhältnis.

Die Klägerin war bei dem Beklagten vom 01.04.2015 bis zum 31.07.2016 als Betreuungskraft/Springerin beschäftigt. Auf den zuletzt abgeschlossenen Arbeitsvertrag vom 31.07.2015, der eine geringfügige Beschäftigung bei einem Stundenlohn von 10,50 €, ohne Festlegung einer Wochen- oder Monatsarbeitszeit, wird verwiesen. Der Beklagte rechnete lediglich die von der Klägerin geleisteten Arbeitsstunden ab. Im Jahr 2015 rechnete der Beklagte für September 2015 178,51 €, Oktober 383,25 €, November 315,00 €, Dezember 322,88 € und im Jahr 2016 für Januar 223,13 €, Februar 241,50 €. Für die Monate März bis Juli 2016 zahlte der Beklagte der Klägerin keine Vergütung. Die Klägerin wurde von dem Beklagten seit dem 24.02.2016 nicht mehr eingesetzt. Die Parteien streiten darüber, ob in einem Gespräch am 23.02.2016 eine Freistellung ohne Entgeltzahlung vereinbart worden ist. Dieses Gespräch fand statt, weil die Schulleitung der Grundschule, an der die Klägerin eingesetzt war, dieser vorwarf, ein Kind getreten zu haben und deshalb deren weiterer Einsatz nicht erwünscht war.

Die Klägerin hat Annahmeverzugsansprüche für den Zeitraum September 2015 bis Juli 2016 in Höhe von 3.285.73 € sowie eine Verzugspauschale von 400,00 € für diese Ansprüche geltend gemacht. Auf die Berechnung im Schriftsatz vom 21.09.2016 wird verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes, einschließlich der Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 3.276,73 € unter Zurückweisung der Verzugspauschale stattgegeben. Auf das Urteil (Bl. 58 - 65 d. A.) wird verwiesen. Dagegen wenden sich beide Parteien mit ihren Berufungen. Die Klägerin ist weiter der Auffassung, ihr stehe die geltend gemachte Verzugspauschale für 10 Entgeltforderungen in Höhe insgesamt 400,- € (10 x 40,-€) zu. Der Beklagte ist weiter der Auffassung, der Klägerin ständen keine Annahmeverzugsansprüche zu. Sie behauptet dazu weiter, dass zwischen den Parteien am 23.02.2016 eine Vereinbarung über eine Freistellung ohne Entgeltpflicht getroffen worden sei. Das Arbeitsgericht hätte die dazu benannten Zeugen hören müssen.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin weitere 400,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.08.2016 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Klage abzuweisen sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt

die Zurückweisung der Berufung der Beklagten.

Das Berufungsgericht hat zu der von dem Beklagten behaupteten Freistellungsvereinbarung ohne Entgeltzahlung der Parteien vom 23.02.2016, die Zeugen K und S -J gehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 07.12.2017 verwiesen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen und die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Das Berufungsgericht hat mit Teilurteil vom 13.07.2017 die Berufung des Beklagten in Höhe von 942,73 € (Vergütungsansprüche für September 2015 bis einschließlich 23. Februar 2016) als unzulässig verworfen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet. Der Klägerin steht gegen den Beklagten eine Verzugspau...

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