Entscheidungsstichwort (Thema)

Wertfestsetzung in Beschlussverfahren. Eingruppierung von 181 Mitarbeitern. kurzzeitige Beschäftigung der einzugruppierenden Mitarbeiter. einheitliche Eingruppierungsentscheidung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Wertfestsetzung nach billigem Ermessen kommt auch im Anwendungsbereich von § 23 Abs. 3 S. 2 RVG erst hinter allen sonstigen Bewertungsfaktoren zum Zuge. Wo ein objektiver Wert festgestellt werden kann, kommt es in erster Linie auf die Feststellung dieses Werts an. Für das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren folgt hieraus, dass die wirtschaftliche Bedeutung des jeweiligen Streitgegenstands vielfach im Vordergrund stehen muss.

2. Der Gegenstandswert für Beschlussverfahren, in denen über die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung oder Umgruppierung eines Arbeitnehmers gestritten wird, ist in Höhe des dreifachen Jahresbetrags der Entgeltdifferenz abzüglich 40 % (./. 20 % und ./. 25 %) festzusetzen.

 

Normenkette

RVG § 23 Abs. 3 S. 2, § 33 Abs. 3; BetrVG § 99; GKG § 42 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Bielefeld (Beschluss vom 04.07.2007; Aktenzeichen 1 BV 90/06)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 04.07.2007 – 1 BV 90/06 – teilweise abgeändert.

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfahren im Allgemeinen auf 246.676,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Im Ausgangsverfahren hat der Arbeitgeber die gerichtliche Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur Eingruppierung von insgesamt 181 Mitarbeitern verlangt, die im Sommer des Jahres 2006 vom Arbeitgeber eingestellt worden sind. Von diesen neu eingestellten Mitarbeitern sind 30 Mitarbeiter lediglich für wenige Wochen bis zu maximal drei Monaten beschäftigt gewesen und inzwischen aus den Diensten des Arbeitgebers wieder ausgetreten. Weitere 112 Mitarbeiter waren befristet eingestellt, wobei die Befristung überwiegend ein Jahr betragen hat.

Nach Auffassung des Arbeitgebers sollten alle seit dem 01.06.2006 neu eingestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Vergütung erhalten, die unter Anwendung der tariflichen Lohn- und Gehaltsgrundsätze und der dort festgelegten Vergütungsbestandteile um 7 % abgesenkt wurde. Hiermit war der Betriebsrat nicht einverstanden und stützte seine Zustimmungsverweigerung darauf, dass die Änderung des betrieblichen Vergütungssystems ohne die nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG erforderliche Beteiligung des Betriebsrats einseitig festgelegt worden sei.

Nachdem in einem Parallelverfahren eine rechtskräftige Entscheidung ergangen war, nahm der Arbeitgeber seine Anträge im Ausgangsverfahren zurück.

Auf Antrag der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats hat das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 04.07.2007 den Gegenstandswert für das Verfahren im Allgemeinen auf 139.027,00 EUR festgesetzt und zur Begründung ausgeführt, es gehe um Differenzbeträge von insgesamt 289.637,00 EUR abzüglich 40 % wegen Eingruppierung sowie abzüglich weiterer 25 % wegen einer einheitlichen Maßnahme. Hiergegen richtet sich die am 19.07.2007 beim Arbeitsgericht eingegangene Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats, auf deren Begründung im Einzelnen Bezug genommen wird und der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die nach § 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats ist begründet.

Der Gegenstandswert für das vorliegende Beschlussverfahren war auf 246.676,00 EUR festzusetzen.

Die Wertfestsetzung richtet sich vorliegend nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG. Hiernach ist der Gegenstandswert in Fällen der vorliegenden Art nach billigem Ermessen zu bestimmen. Die Wertfestsetzung nach billigem Ermessen kommt auch im Anwendungsbereich des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG erst hinter allen sonstigen Bewertungsfaktoren zum Zuge. Wo ein objektiver Wert festgestellt werden kann, kommt es in erster Linie auf die Feststellung dieses Wertes an. Für das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren folgt hieraus, dass die wirtschaftliche Bedeutung des jeweiligen Streitgegenstandes vielfach im Vordergrund stehen muss (LAG Hamm, Beschluss vom 24.11.1994 – LAGE BRAGO § 8 Nr. 27; LAG Hamm, Beschluss vom 12.06.2001 – LAGE BRAGO § 8 Nr. 50; GK/Wenzel, ArbGG, § 12 Rz. 194, 441 ff. m.w.N.).

Die wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit rechtfertigt es, in Beschlussverfahren nach § 99 BetrVG, in denen es um die Einstellung, Umgruppierung oder Versetzung von Arbeitnehmern geht, sich an dem Streitwertrahmen des § 42 Abs. 4 GKG (früher: § 12 Abs. 7 ArbGG) zu orientieren. Folgerichtig wird bei der Wertfestsetzung in betriebsverfassungsrechtlichen Streitigkeiten nach den §§ 99 ff. BetrVG vielfach auf die Bewertung einer entsprechenden Klage im Urteilsverfahren, also auf § 42 Abs. 4 GKG zurückgegriffen (LAG Hamm, Beschluss vom 18.04.1995 – LAGE ZPO § 3 Nr. 3; LAG Hamm, Beschluss vom 19.03...

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