Entscheidungsstichwort (Thema)

Zumutbarer Einsatz von 10% der Kündigungs- oder Sozialplanabfindung – Berücksichtigung von Kreditverpflichtungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine vom Arbeitnehmer im Kündigungsschutzprozeß im Vergleichswege erzielte Abfindung stellt grundsätzlich einen nach § 115 Abs. 2 ZPO berücksichtigungsfähigen Vermögenswert dar. Wenn die Schongrenze des § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG überschritten wird, hat der PKH-Empfänger in Höhe von 10% des Nennwertes der Abfindung (die Steuern ermäßigen den einzusetzenden Betrag nicht) für die entstandenen Kosten der Prozeßführung bzw. Rechtsverteidigung einzustehen.

2. In Ansehung oder während des Prozesses oder im Laufe der Rückzahlungsphase eingegangene Kreditverpflichtungen sind grundsätzlich nicht als besondere Belastungen zu berücksichtigen, da der PKH-Empfänger vom Zeitpunkt der Notwendigkeit der Prozeßführung an seine Lebensführung auf den bevorstehenden bzw. durchgeführten Prozeß einrichten muß. Schuldverpflichtungen, die im Laufe der Rückzahlungsphase begründet werden, können nur im Falle einer besonderen Notlage dazu führen, daß der Kostenbeitrag von 10% der Abfindungssumme reduziert oder gänzlich fallengelassen wird.

 

Normenkette

RpflG § 11; ZPO §115; BSHG § 88 Abs. 2 Ziff. 8 Hs. 2, Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Iserlohn (Entscheidung vom 06.03.2001; Aktenzeichen 1 Ca 1185/99)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den PKH-Abänderungsbeschluß des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 06.03.2001 – 1 Ca 1185/99 – wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Das Landesarbeitsgericht Hamm hat dem Kläger zur Durchführung des Berufungsverfahrens gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 08.09.1999 (1 Ca 1185/99) durch Beschluß vom 19.06.2000 (19 Sa 1898/99) mit Wirkung vom 13.03.2000 in vollem Umfange Prozeßkostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung bewilligt und ihm Rechtsanwalt H2xxxx H3xxxxxx aus B2xxxx als Anwalt beigeordnet. Sodann haben die Parteien einen Vergleich geschlossen, wonach das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen aufgrund betriebsbedingter Kündigung mit dem 31.08.1999 gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 23.000,00 DM beendet worden ist.

Durch Beschluß vom 06.03.2001 (1 Ca 1185/99) hat das Arbeitsgericht angeordnet, daß der Kläger vorerst einen Einmalbetrag in Höhe von 2.131,00 DM zu den Kosten der Prozeßführung zu leisten hat. Zur Begründung hat es ausgeführt, nachdem der Kläger von der vereinbarten Abfindung aus dem Vergleich vom 19.06.2000 eine Zahlung in Höhe von 21.317,28 DM tatsächlich realisiert habe, habe er in Höhe von 10% dieses Betrages sich an den Verfahrenskosten zu beteiligen. Eine eventuelle Darlehnsaufnahme bzw. – tilgung sei nicht zu berücksichtigen; hier habe der Kläger auf seine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 16.06.2000 verwiesen, indem er Beiträge zum Fußballverein und zur Sporthochschule in Höhe von monatlich 112,00 DM angegeben habe, aber keine Zahlungsverpflichtung in Höhe von 15 TDM genannt habe.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers vom 22.03.2001. Er trägt vor, ihm stünden aus der Abfindungszahlung keine Mittel mehr zur Verfügung. Das Darlehn über 15 TDM habe er erst Ende Juni 2000 zur Bestreitung eines T2xxxx-Urlaubs, zur Unterstützung der Verwandten in der T2xxxx sowie zur Finanzierung der Hochzeiten zweier Nichten in der T2xxxx aufgenommen. Insoweit habe die Belastung in der PKH-Erklärung vom 16.06.2000 noch keine Berücksichtigung finden können. Er bestreite seinen Lebensunterhalt im übrigen ausschließlich von Arbeitslosenhilfe.

II. Die nach § 11 RPflG zulässige Beschwerde ist unbegründet. Mit Recht hat das Arbeitsgericht gegenüber dem Kläger dem Grunde nach die Zahlung eines Kostenbeitrags in Höhe von 10% der erhaltenen Abfindung gemäß § 115 Abs. 2 ZPO angeordnet. Ein solcher Beitrag entspricht der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Landesarbeitsgerichts Hamm.

1. Zwar wird vereinzelt die Auffassung vertreten, daß eine Kündigungsschutzabfindung als zweckgebundenes Vermögen nicht für die Kostenerstattung zur Verfügung steht (vgl. LAG Bremen v. 20.07.1998 – 1 Ta 38/98, LAGE § 115 ZPO Nr. 29; LAG Niedersachsen v. 26.07.1998 – 16 Ta 143/98, LAGE § 115 ZPO Nr. 56). Diese Auffassung wird jedoch von den Landesarbeitsgerichten in Nordrhein-Westfalen und der weit überwiegenden Mehrheit der übrigen Landesarbeitsgerichte nicht geteilt (vgl. LAG Hamm v. 21.02.1989 – 7 Ta 502/88, n.v.; LAG Hamm v. 21.01.1998 – 14 Ta 158/98, n.v.; LAG Schleswig-Holstein v. 24.06.1987 – 5 Ta 91/87, LAGE § 115 ZPO Nr. 25; LAG Frankfurt/Main v. 07.04.1988 – 13 Ta 28/88, LAGE § 115 ZPO Nr. 28; LAG Berlin v. 05.04.1989 – 9 Ta 6/89, LAGE § 115 ZPO Nr. 34; LAG Nürnberg v. 24.08.1989 – 4 Ta 39/89, LAGE § 115 ZPO Nr. 40; LAG Rheinland-Pfalz v. 06.03.1995 – 4 Ta 14/95, LAGE § 115 ZPO Nr. 51; LAG Köln v. 07.03.1995 – 7 Ta 22/95, LAGE § 115 ZPO Nr. 49; LAG Hamburg v. 13.08.1997 – 1 Ta 3/97, LAGE § 115 ZPO Nr. 52; LAG Schleswig-Holstein v. 24.09.1997 – 5 Ta 153/97, LAGE § 115 ZPO Nr. 53).

1.1. Es kan...

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