Verfahrensgang

ArbG Lüneburg (Beschluss vom 11.02.1998; Aktenzeichen 3 Ca 1138/97)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Lüneburg vom 11.02.1998, AZ: 3 Ca 1138/97, aufgehoben.

Der Beschwerdewert wird auf 1.632,25 DM festgesetzt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

 

Gründe

I.

Die Klägerin begehrte mit der Klage die Feststellungen, daß ihr Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung der Beklagten nicht aufgelöst worden ist sowie ihre Weiterbeschäftigung. Der Rechtsstreit endete aufgrund eines Vergleiches vom 23.06.1997, der beinhaltet, daß das Arbeitsverhältnis zum 31.10.1997 beendet worden ist, das Arbeitsverhältnis bis zu diesem Zeitpunkt vertragsgemäß abgewickelt wird und an die Klägerin eine Abfindung in Höhe von 20.000,– DM gezahlt wird. Nachträglich änderten die Parteien einverständlich den Inhalt des Vergleiches dahingehend, daß die Abfindung auf 15.000,– DM reduziert wird.

Bereits mit der Klage beantragte die Klägerin die Gewährung von Prozeßkostenhilfe. Ihr wurde durch Beschluß vom 23.06.1997 mit Wirkung ab 06.06.1997 Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt … gewährt. Die Abfindung in Höhe von 15.000,– DM wurde an die Klägerin am 03.11.1997 gezahlt. Ferner erhielt die Klägerin noch ihre Vergütungsansprüche bis einschließlich 31.10.1997. Mit Schreiben des Arbeitsgerichtes vom 24.11.1997 wurde die Klägerin um Mitteilung gebeten, ob die Abfindung in Höhe von 20.000,– DM gezahlt worden sei. Die Klägerin wurde an die Erledigung dieses Schreibens mit einem weiteren Schreiben vom 09.12.1997 sowie einem weiteren Schreiben vom 06.01.1998 erinnert. Da die Klägerin nicht antwortete, wurde ihr mit Schreiben vom 21.01.1998 mitgeteilt, daß beabsichtigt sei, die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe zu widerrufen. Da auch hierauf eine Reaktion der Klägerin nicht erfolgte, wurde durch Beschluß vom 11.02.1998 die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe vom 23.06.1997 widerrufen mit der Begründung, daß von der Klägerin trotz Aufforderung nicht mitgeteilt worden sei, ob die Abfindung gezahlt worden sei.

Gegen diesen Beschluß legte die Klägerin mit einem am 03.03.1998 bei dem Arbeitsgericht Lüneburg eingegangenen Schriftsatz Erinnerung ein. Durch Beschluß vom 11.03.1998 sowie vom 16.03.1998 half das Arbeitsgericht Lüneburg der Erinnerung nicht ab und legte die Akte zur Entscheidung dem Landesarbeitsgericht vor. Durch Beschluß des Landesarbeitsgerichtes vom 18.03.1998 wurde der Klägerin nachgelassen, binnen zwei Wochen die eingelegte Beschwerde abschließend zu begründen. Dieser Beschluß wurde auch dem Klägervertreter zugestellt unter Beifügung sämtlicher Unterlagen in bezug auf den Widerruf der Prozeßkostenhilfe.

Zur Begründung der Erinnerung trägt die Klägerin vor, daß sie ab 01.11.1997 kein Einkommen habe und den Betrag der Abfindung verbraucht habe. Aufgrund eines parallel laufenden Scheidungsverfahrens, das auf die Klägerin negative Auswirkungen bezüglich ihres psychischen Zustandes gehabt habe habe sie sich nicht zu einem früheren Zeitpunkt melden können.

Die Klägerin habe die Abfindung verbraucht aufgrund der Tatsache, daß sie seit Beginn ihrer Arbeitslosigkeit ab 01.11.1997 kein Einkommen gehabt und die Abfindung sowohl für Altschulden wie auch zur Überbrückung der Zeit ohne Einkommen eingesetzt habe.

Die zur Beschwerde gewordene Erinnerung der Klägerin ist gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthaft. Sie ist auch begründet, weil der Klägerin der Einsatz der ihr aufgrund des Vergleiches zu zahlenden Abfindung in Höhe von 15.000,– DM im Rahmen des Prozeßkostenhilfeverfahrens nicht mehr zumutbar ist.

Gemäß § 120 Abs. 4 ZPO kann das Gericht die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen nach dem Prozeßkostenhilfebeschluß ändern, wenn sich die für die Prozeßkostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Die Beschwerdeführerin hat gemäß § 115 Abs. 2 ZPO ihr Vermögen einzusetzen, soweit dieses zumutbar ist, wobei § 88 des Bundessozialhilfegesetzes entsprechend anzuwenden ist.

Gemäß § 88 Abs. 1 BSHG gehört zum Vermögen im Sinne dieses Gesetzes das gesamte verwertbare Vermögen. Gemäß § 88 Abs. 2 BSHG darf die Sozialhilfe u.a. nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage des Hilfesuchenden zu berücksichtigen. Gemäß § 88 Abs. 2 BSHG darf die Sozialhilfe ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dieses für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dieses ist bei der Hilfe in besonderen Lebenslagen vor allem der Fall, wenn eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.

Da § 115 Abs. 2 ZPO auf § 88 BSHG verweist, ist die Gewährung von Prozeßkostenhilfe bzw. deren Widerruf entsprechend zu beurteilen, wobei die Besonderheit zu beachte...

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