Revision

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung für nicht gedeckte Beiträge zur Urlaubs- und Lohnausgleichskasse

 

Leitsatz (amtlich)

Zahlt der Geschäftsführer der Arbeitgeber-Firma die Beiträge an die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft zugunsten des Klägers nur zum Teil, so kann der Kläger ihn nicht nach § 823 (2) BGB i. V. m. § 266 a StGB auf den Differenzbetrag hinsichtlich seines Anspruchs auf Resturlaub in Anspruch nehmen, weil die Tatbestandsvoraussetzungen des § 266 a StGB nicht erfüllt sind.

 

Normenkette

BGB § 823 Abs. 2; StGB § 266a

 

Verfahrensgang

ArbG Duisburg (Urteil vom 02.06.2004; Aktenzeichen 3 Ca 406/04)

ArbG Duisburg (Urteil vom 28.04.2004; Aktenzeichen 3 Ca 406/04)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.08.2005; Aktenzeichen 8 AZR 542/04)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 28.04./02.06.2004 abgeändert.

Der Kläger wird mit der Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die persönliche Haftung des Beklagten als Geschäftsführer der Firma G. GmbH aus unerlaubter Handlung in Verbindung mit einem Schutzgesetz (§ 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 a StGB) wegen nicht abgeführter Zahlungen an die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft (SOKA-BAU).

Seit dem 05.05.2000 war der Kläger bei der Firma G. GmbH als Arbeitnehmer beschäftigt, über deren Vermögen am 31.05.2002 die Insolvenz eröffnet wurde. Der Beklagte ist deren Geschäftsführer.

Nachdem der Kläger bei der Firma G. GmbH ausgeschieden war, erhielt er mit Datum vom 15.10.2003 von der SOKA-BAU einen Arbeitnehmerkontoauszug zum 30.09.2003 (Bl. 4 d. A.), aus dem sich ergab, dass ihm zwar für 2002 ein Urlaubsanspruch von neun Tagen zustand, dieser aber nur in Höhe von 197,61 EUR beitragsgedeckt war.

Mit der am 13.02.2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger einen Anspruch gegen den Beklagten auf den Differenzbetrag in Höhe von 1.065,61 EUR geltend gemacht.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten,

der Beklagte hafte nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 a StGB.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn netto 1.065,61 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11.11.2003 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

den Kläger mit der Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten:

Die Beiträge an die SOKA-BAU unterfielen nicht dem Anwendungsbereich des § 266 a StGB. Der Urlaubsanspruch unterfalle auch nicht § 28 g SGB IV, da er nicht im Katalog enthalten sei. Außerdem seien etwaige Ansprüche des Klägers verfallen bzw. verjährt.

Mit Urteil vom 28.04./02.06.2004 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben, und zwar gem. § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. 266 a Abs. 2 StGB.

Gegen dieses dem Beklagten am 14.06.2004 zugestellte Urteil hat er am 13.07.2004 Berufung eingelegt und hat diese am 16.07.2004 begründet.

Beide Parteien wiederholen im Wesentlichen ihre erstinstanzlich vorgetragenen Rechtsauffassungen.

Der Beklagte beantragt,

das am 02.06.2004 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg – 3 Ca 406/04 – aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der sonstigen Einzelheiten wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der Akte Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig.

Sie ist nämlich an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 ArbGG), sowie in gesetzlicher Form und Frist eingelegt (§§ 519 Abs. 1, Abs. 2 ZPO, 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG) und begründet worden (§§ 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG, 520 Abs. 3 ZPO, 64 Abs. 6 ArbGG).

Die Berufung ist auch begründet.

Die Gerichte für Arbeitssachen sind für die Klage gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 d ArbGG zuständig, auch wenn der Beklagte persönlich nicht Arbeitgeber des Klägers war, sondern nur der Geschäftsführer des früheren Arbeitgebers des Klägers (Firma G. GmbH) ist. Denn die als Organ der juristischen Person handelnde natürliche Person steht im Falle von Ansprüchen aus unerlaubter Handlung dem Arbeitgeber gleich (so BAG – Beschluss vom 24.06.1996 – 5 AZB 35/95 – AP Nr. 39 zu § 2 ArbGG 1979 m. w. N.).

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Anspruch bereits deshalb unbegründet ist, weil er nach den Ausschlussfristen des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe, der hier anwendbar ist, verfallen ist.

Es ist bereits fraglich, ob die Ausschlussfristen des § 15 des Bundesrahmentarifvertrages hier überhaupt Anwendung finden. Bei dem geltend gemachten Anspruch handelt es sich in jedem Falle um einen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis im Sinne von § 15 Ziff. 1 des Baurahmentarifvertrages. Allerdings richtet sich dieser nicht gegen die frühere Arbeitgeberin, sondern gegen deren Geschäftsführer persönlich, zu dem der Kläger nicht in einem Arbeitsverhältnis stand.

Es wäre also zu entscheiden, ob die Ausschlussfristen aus ähnlichen Gründen Anwendung finden, wie sie hier zur Begründung der Zuständigkeit der Arbeitsgerichte geführt...

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