Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.08.2005; Aktenzeichen 8 AZR 542/04)

LAG Düsseldorf (Urteil vom 21.09.2004; Aktenzeichen 8 (6) Sa 1152/04)

 

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger netto 1.065,61 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz sei dem 11.11.2003 zu zahlen.

2. Der Streitwert wird festgesetzt auf 1.065,61 EUR.

3. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die persönliche Haftung des Beklagten als Geschäftsführer aus unerlaubter Handlung in Verbindung mit einem Schutzgesetz wegen nicht abgeführter Zahlungen an die T.

Der Kläger war seit dem 05.05.2000 bei der Firma G. als Arbeitnehmer beschäftigt. Der Beklagte war deren Geschäftsführer. Der Arbeitgeber des Klägers ging am 31.05.2002 in die Insolvenz. Für die Monate im Jahre 2002 davor teilte der Beklagte die entsprechenden Urlaubsvergütungsansprüche des Klägers in einer Gesamthöhe von 1.263,22 EUR der T. mit, führte aber lediglich einen Betrag in Höhe von 197,61 EUR an die T. ab. Am 15.10.2003 teilte die T. dem Kläger mit, dass ihm ein Resturlaubsanspruch von 9 Urlaubstagen und insoweit ein Entschädigungsanspruch in Höhe von 1.263,22 EUR zustünde, dieser Betrag aber nicht ausgezahlt werden kann, da die Firma G. für 2002 keine entsprechenden Zahlungen an die T. vorgenommen hat. Mit Schreiben vom 31.10.2003 und unter Fristsetzung bis zum 10.11.2003 forderte der Kläger erfolglos den Beklagten als Geschäftsführer auf, den noch offenstehenden Betrag an ihn zu zahlen.

Der Kläger begehrt nunmehr vom Geschäftsführer seines ehemaligen Arbeitgebers die Zahlung des noch offenstehenden Entschädigungsanspruchs und beantragt,

der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Netto 1.065,61 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11.11.2003 zu zahlen.

Der Kläger trägt vor, die Anspruchsgrundlage für eine persönliche Haftung ergäbe sich aus § 823 II BGB in Verbindung mit § 266 a StGB. Der Anspruch sei auch nicht verfallen, da der Beklagte durch Anzeige an die T. die Beträge bereits anerkannt habe.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, die Beiträge an die T. unterfielen nicht dem Anwendungsbereich des § 266 a StGB. Der Urlaubsanspruch unterfalle auch nicht § 28 g SGB IV, da er nicht im Katalog enthalten sei. Außerdem seien etwaige Ansprüche des Klägers bereits verfallen beziehungsweise verjährt.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt sowie auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung der Urlaubsentschädigung in Höhe von 1.065,61 EUR gegenüber dem Beklagten als persönlich haftenden Geschäftsführer nach Maßgaben des § 823 II BGB in Verbindung mit § 266 a II StGB zu.

Die Tatbestandsvoraussetzungen einer vorsätzlichen, rechtswidrigen und schuldhaften Verletzungen eines Schutzgesetzes im Sinne von § 266 a II StGB liegen vor.

Die abzuführenden Beträge auf das Urlaubsentgelt an die T. unterfallen dem Anwendungsbereich des § 266 a StGB und zwar in der Ausgestaltung des Absatzes 2 der Vorschrift. Es kam daher nicht darauf an, ob diese Beiträge als Beiträge zur Sozialversicherung im Sinne von § 266 a I StGB anzusehen sind und damit dem Anwendungsbereich des § 28 g SGB IV unterfallen. Die abzuführenden Beiträge sind jedenfalls wie Bestandteile des Arbeitsentgelts zu werten. Das Urlaubsentgelt war früher grundsätzlich als Teil des Arbeitsentgelt qualifiziert worden (RAG ARS 6, 79,369; 31, 273). Diese Sichtweise hat sich im Verlauf der Zeit gewandelt. Unterdessen hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass der eigentliche Urlaubsanspruch kein Entgeltanspruch, sondern ein Rechtsanspruch auf Freizeitgewährung unter Fortzahlung des Entgelts zum Zwecke der Erholung darstellt (vgl. zusammenfassend: Desch/Neumann, Bundesurlaubsgesetz, 8. Auflage, § 1, Rdn. 64, 65). Ins Blickfeld rückte damit der Urlaubsanspruch und nicht mehr die bezahlte Freistellung. Zentraler rechtlicher Hintergrund hierfür war ein Arbeitnehmerschutzgedanke. Solange das Urlaubsentgelt als Teil des Arbeitsentgelt anzusehen war, konnte es gepfändet werden. Die Neubewertung hatte weitgehende Konsequenzen insbesondere hinsichtlich der Pfändbarkeit. Die Neubewertung allein aus rechtlichen Gründen des Arbeitnehmerschutzes ändert aber nichts an der grundsätzlichen Qualität des Urlaubsentgelt als Teil des Lohns; hierfür spricht letztlich § 11 BUrlG. Nach dieser Vorschrift berechnet sich das Urlaubsentgelt auf der Grundlage des Durchschnittverdienstes eines Arbeitnehmers. Daher richten sich auch die an die T. abzuführenden Beträge hiernach und sind nach Auffassung der Kammer daher vom Anwendungsbereich des § 266 a II StGB erfasst. Der Beklagte hat auch nicht etwa den Kläger unverzüglich nach Fälligkeit unterrichtet, dass er die Abführung der Beträge unterlassen hat. Der Kläger hat hiervon erst durch die Mitteilung der T. vom 15.10.2003 erfahren. Die Verletzung des Schutzgesetzes erfolgte a...

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