Das Wichtigste in Kürze:

1. Nach §§ 218, 217 ist auf Anordnung des Vorsitzenden neben dem Angeklagten der bestellte (Pflicht-)Verteidiger stets, der Wahlverteidiger dann zu laden, wenn die Wahl dem Gericht angezeigt worden ist.
2. Hat der Angeklagte mehrere Verteidiger, sind grds. alle zu laden.
3. Für Ladungsfrist und Form der Ladung gelten die dazu gemachten Ausführungen bei Ladung des Angeklagten entsprechend.
4. Der Verteidiger kann auf seine Ladung und die Einhaltung der Ladungsfrist verzichten, und zwar auch stillschweigend.
5. Ist der Verteidiger von Anfang an in der HV anwesend, muss er den Aussetzungsantrag bis zum Beginn der Vernehmung des Angeklagten zur Sache stellen.
6. (Nicht geheilte) Verstöße gegen § 218 können mit der Revision geltend gemacht werden.
 

Rdn 2199

1.a) Nach §§ 218, 217 ist – gem. § 214 Abs. 1 auf Anordnung des Vorsitzenden – neben dem Angeklagten (→ Ladung des Angeklagten, Teil L Rdn 2185) der bestellte (Pflicht-)Verteidiger stets, der Wahlverteidiger dann zu laden, wenn die Wahl dem Gericht angezeigt worden ist. Die Verteidigungsanzeige (vgl. Teil L Rdn 2200) ist an eine bestimmte Form nicht gebunden, sie kann auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen, so z.B., wenn der Verteidiger in Gegenwart des Angeklagten ohne dessen Widerspruch vor Gericht tätig geworden ist (RGSt 25, 152; KK-Gmel, § 218 Rn 3). Nicht erforderlich ist die Vorlage einer Vollmacht, sodass der Verteidiger auch dann geladen werden muss, wenn er eine Vollmacht nicht zu den Akten gereicht hat (BGHSt 36, 259; OLG Bamberg NJW 2007, 393; OLG Koblenz StraFo 2009, 420; OLG Köln VRS 98, 138; zur Vollmachtsvorlage → Verteidiger, Vollmacht des Verteidigers, Teil V Rdn 3826). Der Verteidiger muss grds. auch dann geladen werden, wenn er (schon) Kenntnis vom Termin hat (BGH NStZ 2009, 48; OLG München NJW 2005, 2470; 2006, 1366). Das Fehlen der förmlichen Ladung des (Wahl-)Verteidigers zur HV ist nur dann unschädlich, wenn entweder der Verteidiger auf andere Weise rechtzeitig vom HV-Termin zuverlässig Kenntnis erlangt (vgl. OLG Celle StV 2012, 588) oder der Angeklagte in der HV auf die Verteidigung/Anwesenheit seines Verteidigers verzichtet hat (→ Ladung des Angeklagten, Teil L Rdn 2185).

 

Rdn 2200

b) Für die Verteidigungsanzeige gilt: Ist dem Verteidiger bei Erstattung der Anzeige (noch) nicht bekannt, ob das Verfahren bereits bei Gericht anhängig ist, genügt die Anzeige bei der StA bzw. im Bußgeldverfahren bei der Verwaltungsbehörde (OLG Bamberg NJW 2007, 393; KK-Gmel, § 218 Rn 3). Ist dem Verteidiger oder Mandanten hingegen bekannt, dass das Verfahren nicht mehr bei der StA oder der Polizei anhängig ist, und richtet er seine Verteidigungsanzeige dennoch dorthin, trägt er das Risiko, dass seine Verteidigungsanzeige so rechtzeitig bei dem zuständigen Gericht eingeht, dass er noch zum HV-Termin geladen werden kann (OLG Braunschweig StraFo 2009, 520; OLG Stuttgart NJW 2006, 3796).

 

☆ Bei einer bloßen Verteidigungsanzeige ist also Vorsicht geboten:Verteidigungsanzeige ist also Vorsicht geboten:

 

Rdn 2201

I.Ü. ist dann, wenn die Weiterleitung eines entsprechenden Bestellungsschreibens das Gericht erst so kurz vor der HV erreicht, dass eine förmliche Ladung des Verteidigers unter Einhaltung der Ladungsfrist nicht mehr möglich ist, dem Verteidiger ggf. telefonisch vom Termin Mitteilung zu machen (OLG Hamm, Beschl. v. 2.12.2008 – 4 Ss OWi 851/08). Der Angeklagte trägt auch nur das Risiko der nicht rechtzeitigen Ladung, nicht aber das Risiko, dass die Verteidigungsanzeige unbeachtet abgeheftet wird. Auch in den Fällen falscher Adressierung hat er daher seiner Anzeigepflicht Genüge getan, wenn bei unverzüglicher Weiterleitung der Anzeige an das zuständige Gericht die rechtzeitige Ladung des Verteidigers noch möglich gewesen wäre (OLG Braunschweig StraFo 2009, 520).

 

Rdn 2202

2. Hat der Angeklagte mehrere Verteidiger, sind grds. alle zu laden (grundlegend BGHSt 36, 259; BGH NStZ 2009, 49; StV 2001, 663 m.w.N.; OLG Koblenz StraFo 2009, 420; OLG München NStZ 2006, 590, 591; OLG Naumburg StV 2009, 686; KK-Gmel, § 218 Rn 4), wenn die Voraussetzungen des § 218 Abs. 1 vorliegen. Das gilt auch hinsichtlich des Verteidigers von mehreren Verteidigern, der an einem HV-Termin nicht teilnimmt, für die Ladung zu einem Fortsetzungstermin (OLG Naumburg, a.a.O.). Etwas anderes gilt, wenn es sich um Rechtsanwälte in einer Sozietät handelt (BGH NStZ 2007, 348; 2009, 48). Sind mehrere Anwälte einer Sozietät bestellt, genügt die Ladung des Verteidigers der Sozietät, der seine Wahl angezeigt hat (h.M.; Meyer-Goßner/Schmitt/Schmitt, § 281, Rn 5; LR-Jäger, § 218 Rn 10). Die Mitglieder einer Bürogemeinschaft müssen ebenfalls nicht einzeln geladen werden, da für sie die Vorschriften für Sozietäten im Wesentlichen entsprechend gelten (BGH NStZ 2007, 348). Für eine ordnungsgemäße Ladung ist die Bekanntgabe von Fortsetzungsterminen am Ende der Sitzung nicht ausreichend, wenn der Verteidiger nicht anwesend ist (BGH StraFo 2009, 332).

 

Rdn 2203

3.a) Für Ladungsfrist ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge