Leitsatz (amtlich)

Ein Kredit ist nicht im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemacht, wenn der Darlehnsvertrag ohne vorherige Bestellung von Grundpfandrechten wirksam abgeschlossen worden ist und die Bestellung von Grundpfandrechten erst für die Auszahlung des Darlehnbetrages erforderlich ist.

 

Normenkette

VerbrKrG §§ 3, 7 Abs. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 3 O 79/99)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 04.07.2002; Aktenzeichen VII ZR 103/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 11.6.1999 verkündete Urteil des LG Berlin – 3 O 79/99 – geändert:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 18.000 DM abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

4. Der Wert der Beschwer beträgt 115.860,78 DM.

 

Tatbestand

Hinsichtlich des Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 543 Abs. 1 ZPO). Mit der Berufung vertiefen die Beklagten ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie sind insbesondere der Ansicht, die Klägerin habe die Bonität der Beklagten vor Vertragsabschluss nicht hinreichend geprüft. Bei ordnungsgemäßer Prüfung hätte die Klägerin den Vertrag nicht abschließen dürfen oder hätte ihn zumindest früher kündigen müssen. Zudem seien sie – die Beklagten – nicht über die hohen Bereitstellungszinsen aufgeklärt worden. Ferner halten sie § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG, wonach das Widerrufsrecht für grundpfandrechtlich abgesicherte Kredite nicht gilt, für verfassungswidrig.

Die Beklagten beantragen, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie tritt der Berufungsbegründung nach Maßgabe ihrer Schriftsätze vom 17.1.2000 (GA Bl. 84), 24.7.2000 (GA Bl. 127) und 24.8.2000 (GA Bl. 141) entgegen. Sie ist insbesondere der Ansicht, dass der Kredit von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemacht worden ist.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten ist begründet. Allerdings folgt der Senat nicht der Ansicht der Beklagten, sie seien von der Verpflichtung zur Leistung ganz oder jedenfalls teilweise frei, weil die Klägerin ihren Aufklärungspflichten vor Vertragsabschluss ihnen ggü. nicht hinreichend nachgekommen sei und ihre Bonität nicht ausreichend überprüft habe. Denn ein pflichtwidriges Verhalten der Klägerin, das sie zum Schadenersatz verpflichten oder ein Mitverschulden ihrerseits begründen würde, ist nicht ersichtlich. Die Prüfung der Bonität der Kunden führt die Bank grundsätzlich nur im eigenen, nicht im Kundeninteresse durch; sie ist zur Prüfung der Leistungsfähigkeit ihrer potentiellen Vertragspartner nicht verpflichtet (BGH v. 21.10.1997 – XI ZR 25/97, MDR 1998, 113 = NJW 1998, 305; Nobbe, Bankrecht, Rz. 462, 747). Es ist grundsätzlich Sache des Kunden zu entscheiden, ob er – unter Berücksichtigung seiner finanziellen Leistungsfähigkeit – den Kredit zu den angebotenen Bedingungen abschließen will oder nicht (vgl. BGH v. 9.3.1989 – III ZR 269/87, MDR 1989, 718 = NJW 1989, 1667). Nach diesen Grundsätzen kann der Klägerin nicht vorgeworfen werden, sie habe nur unzureichende Selbstauskünfte der Beklagten eingeholt, die Bedienung des Vorkredites nicht überprüft, keinen aktuellen Grundbuchauszug eingeholt und sich auch über den Stand des Notaranderkontos nicht sachkundig gemacht. Alle diese Aspekte ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit hätten die Beklagten, die darüber selbst am besten Bescheid wussten, im eigenen Interesse in Betracht ziehen und bei der Vertragsgestaltung berücksichtigen müssen. Es war nicht Sache der Klägerin, von sich aus insoweit tätig zu werden. Wenn sie dies getan hätte – wie es üblicherweise geschehen mag – dann nur im eigenen Interesse, so dass die Beklagten aus einer diesbezüglichen Untätigkeit der Klägerin für sich nichts herleiten können.

Es bestehen ferner keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit von § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG und gegen die Höhe der Bereitstellungszinsen und die Nichtabnahmeentschädigung. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Urteils, denen sich der Senat anschließt, Bezug genommen. Die Berufung der Beklagten ist dennoch begründet, weil sie ihre auf den Vertragsabschluss gerichteten Willenserklärungen gem. § 7 VerbrKrG wirksam widerrufen haben. Bis zu ihrer als Widerruf auszulegenden Kündigung vom 27.1.1997 (Anlage K14) war der Vertrag schwebend unwirksam. Aus einem solchen Vertrag kann weder Erfüllung noch Schadenersatz wegen Nichterfüllung verlangt werden (BGH v. 12.6.1996 – VIII ZR 248/95, MDR 1996, 1228 = NJW 1996, 2367), so dass der Klägerin weder die Bereitstellungszinsen noch die Nichtabnahmeentschädigung zusteht. Im Einzelnen:

Auf den streitigen Vertrag ist das Verbraucherkreditgesetz anwendbar, denn e...

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