Normenkette

BGB § 252; ZPO § 287

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 24 O 606/99)

 

Tenor

Das Versäumnisurteil des Senats vom 8.4.2002 wird aufgehoben.

Auf die Berufung des Klägers wird das am 19.4.2000 verkündete Urteil der Zivilkammer 24 des LG Berlin – 24 O 606/99 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 10.737,13 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 10.12.1999 zu zahlen.

Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.

Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz zu tragen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten vorab die Kosten ihrer Säumnis im Termin vom 31.1.2002 zu tragen. Die übrigen Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Der Einspruch des Klägers gegen das Versäumnisurteil des Senats vom 8.4.2002 ist form- und fristgerecht eingelegt worden, mithin zulässig. In der Sache hat er insoweit Erfolg, als der Kläger seinen ursprünglichen Klageantrag erster Instanz weiterverfolgt. Hinsichtlich der Klageerweiterung ist die Berufung demgegenüber unbegründet.

1. Unstreitig sind die Beklagten dem Kläger dem Grunde nach gem. §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2, 7, 18 StVG, § 2 PflVG zum Ersatz aller Schäden verpflichtet, die ihm aufgrund des Verkehrsunfalles vom 5.5.1994 auf der in Berlin gelegenen M.-Straße entstanden sind.

a) Nach dem Ergebnis der im zweiten Rechtszug durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger, wenn er nicht bei dem streitgegenständlichen Unfall vom 5.5.1994 verletzt worden wäre, aufgrund eines Auftrages der oHG eine Vergütung i.H.v. 42.000 DM erzielt hätte.

aa) Ein Verdienstausfall lässt sich namentlich bei Selbstständigen und Freiberuflichen i.d.R. nur mit Hilfe des § 252 S. 2 BGB und des § 287 ZPO ermitteln. Sowohl § 252 S. 2 BGB als auch § 287 ZPO, der auf die Frage der haftungsausfüllenden Kausalität angewandt wird (BGH v. 24.6.1986 – VI ZR 21/85, MDR 1987, 43 = NJW 1987, 705 = VersR 1987, 310), gewähren eine Beweiserleichterung ggü. dem allgemeinen Grundsatz, wonach für die Entstehung des Schadens der volle Beweis erforderlich ist. Nach § 252 S. 2 BGB muss der Geschädigte die Umstände darlegen und ggf. beweisen, aus denen er nach dem gewöhnlichen Verlauf oder nach den besonderen Umständen des Falles seine Gewinnerwartung herleitet. Stehen diese Tatsachen zur Überzeugung des Gerichts fest, so genügt es, wenn der Gewinn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte (BGH BGHZ 29, 393 [398] = MDR 1959, 557; v. 6.2.1986 – I ZR 92/84, WM 1986, 622 [623]; NZV 2001, 210 [211]; KG, Urt. v. 10.12.2001 – 12 U 1077/99), wobei solche Tatsachen, die selbst zum gewöhnlichen Lauf der Dinge gehören, nicht bewiesen zu werden brauchen (BGH NJW 1968, 661 [663]). Welche Tatsachen zum gewöhnlichen Lauf der Dinge gehören und welche Tatsachen so wesentlich sind, dass sie vom Kläger dargelegt und ggf. bewiesen werden müssen, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab und lässt sich daher nicht ein für alle Male festlegen (BGHZ 54, 45 [56] = MDR 1970, 752). Es dürfen jedoch keine allzu strengen Anforderungen an das gestellt werden, was der Kläger vorbringen muss, um das Gericht zur Einholung eines Sachverständigengutachtens zu veranlassen (BGHZ 54, 45 [56] = MDR 1970, 752; BGHZ 100, 50; Palandt/Heinrichs, 61. Aufl., § 252 BGB Rz. 5).

Genaue Tatsachen, die zwingend auf das Bestehen und den Umfang eines Schadens schließen lassen, braucht er nicht anzugeben (BGH VersR 1968, 888), denn § 252 S. 2 BGB und § 287 ZPO mindern auch die Darlegungslast (BGH VersR 1968, 888 f.; BAG NJW 1972, 1437 [1438]). An sie dürfen nicht die gleichen Anforderungen gestellt werden wie bei anderen Forderungen. Eine volle Substantiierung kann danach nicht gefordert werden. Es genügt, wenn der Kläger hinreichend Anhaltspunkte für eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO liefert (BGH NJW 1988, 3017; v. 6.7.1993 – VI ZR 228/92, MDR 1994, 43 = NJW 1993, 2673; v. 17.2.1998 – VI ZR 342/96, MDR 1998, 534 = NJW 1998, 1633 [1635]). Steht fest, dass ein der Höhe nach nicht bestimmbarer, aber erheblicher Schaden entstanden ist, ergibt sich i.d.R. aus den Umständen eine hinreichende Grundlage für die Schätzung eines Mindestschadens (BGH v. 28.2.1996 – XII ZR 186/94, NJW-RR 1996, 1077). Wenn es für das freie Ermessen nicht an allen Unterlagen fehlt, muss das Gericht nötigenfalls nach freiem Ermessen entscheiden, ob ein Schaden entstanden ist und in welcher Höhe. Dabei kann und darf das Gericht auch solche Umstände berücksichtigen, die ihm sonst bekannt geworden sind, ohne dass es einer Verhandlung darüber oder einer etwaigen Befragung der Parteien nach § 139 ZPO bedarf (BGH VersR 1960, 786 [788]; BGHZ 29, 393 [400] = MDR 1959, 557). Unzulässig und unmöglich ist eine derartige Entscheidung nur dann, wenn wegen Fehlens hinreichender Anhaltspunkte eine Grundlage für eine Schätzung nicht zu gewinnen wäre und das richterliche Ermessen vollends in...

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